Kapitel 67 - Spaß in der Muckibude

Nachmittags gingen wir in die Halle zu unserer ersten Probe. Wir hatten unsere Setlist komplett überarbeitet und außer unseren Hits wollten wir hauptsächlich die neuen Songs spielen. Die Halle war perfekt und es machte riesigen Spaß. Wir probierten neue Effekte aus und stellten die Setlist mehrfach um. Ich bemerkte nicht, dass wir beobachtet wurden.
Tini erzählte mir beim Abendessen davon.

„Jon war in der Halle.“

„Wann ?“

„Die ganze Zeit !“

Ich stocherte lustlos in meinem Essen herum.

„Hast Du mit ihm gesprochen ?“

„Ja, aber nur kurz. Er meinte nur, er schaue sich wenn möglich alle Bands an, da er ja die Verantwortung für die Konzerte trage.“

„Es ist für ihn sehr wichtig, dass alles reibungslos läuft. Er ist ein Perfektionist,“ wandte Tom ein.

„Und ein Workaholic,“ meinte Tini. „Ich habe heute mit den PR-Leuten von Bon Jovi gesprochen und auch da hörte ich immer wieder: *Das muss Jon erst absegnen*, *Was meint Jon dazu ?*, *Jon will das aber so*. Er ist in alles involviert und möchte alles sehen.“

Das erklärte natürlich, warum ich ihn bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatte. Worüber ich allerdings auch froh war. Die anderen unterhielten sich noch weiter über dies und das. Da ich müde wurde, stand ich auf und entschuldigte mich.

„Willst du nicht bei unserem Video-Abend mitmachen ?“ fragte Stefan. „Wir ziehen uns – dem Anlass entsprechend – nachher noch „Shining“ rein.“

Das war ja klar ! Echt typisch für meine Gang ! Ich lehnte trotzdem ab und murmelte noch etwas von Kopfschmerzen.
Am nächsten Morgen traf ich mich wie verabredet mit Richie. Es war noch sehr früh, ich war sehr schwer aus den Federn gekrochen.

„Hallo, besonders frisch siehst Du heute aber noch nicht aus !“

„Hi Richie ! Ich bin noch ziemlich müde, außerdem bin ich der klassische Morgenmuffel.“

Ich zog mir meine Mütze über, da es empfindlich kalt war. Schweigend trabten wir los.
Da es die ganze Nacht geschneit hatte und immer noch dicke Flocken fielen, war es sehr mühsam. Wir stolperten gleichzeitig, wollten uns gegenseitig halten und fielen dann doch gemeinsam um. Arm in Arm lagen wir aufeinander, übereinander. Lachend sortierten wir unsere Glieder, die ineinander verwickelt waren. Nachdem wir es geschafft hatten vom glatten Boden aufzustehen, klopften wir uns einander den Schnee von den Klamotten.

„Es macht heute wenig Sinn, weiterzulaufen.“

Ich nickte und wir beschlossen, den Weg zurück zu gehen.

„Lass uns in die Mucki-Bude gehen, ich muss sowieso nach meinem Six-Pack suchen !“

Ich schüttelte mich vor Lachen und Richie stimmte mit ein.

„Hey, das hast Du doch wirklich nicht nötig !“ sagte ich, als wir im Keller des Hotels angekommen waren und er seine Jacke ausgezogen hatte.

„Oh doch. Warum habe ich wohl den Fitness-Raum vorgeschlagen und nicht den Pool ?“

Er lachte über seinen eigenen Witz und ich konnte mich seinem herzhaften Lachen nicht verwehren.
Tico war bereits an den Geräten zugange. Freundlich begrüßte er mich und fragte nach unserer Jogging-Runde.

„Wir mussten abbrechen. Hoffentlich hört dieser ewige Schneefall bald auf, sonst sind wir demnächst eingeschneit !“ antwortete Richie.

„Und von der Außenwelt abgeschnitten !“ warf ich ein.

„Der Strom fällt aus.“ Meinte Tico.

„Das Essen geht aus.“ Wieder Richie.

„Die Getränke gehen aus.“ Ich wieder.

„Die Handys funktionieren nicht.“ Tico.

„Die Wasserleitungen frieren ein.“ Richie.

„Die Heizung fällt aus.“ Ich.

„Kein Mensch kommt zu uns durch und bringt mir Zigaretten.“ Tico.

„Keiner wird uns retten.“ Richie.

„Der Whisky ist alle.“ Tico.

Wir drei sahen uns im Spaß mitleidig an und lachten.

„Und wir werden muffelnd, hungernd, frierend und durstig elendiglich zugrunde gehen.“ Diese Stimme gehörte weder Tico, Richie noch mir. Jon war hereingekommen und grinste über alle vier Backen über seinen Witz.
Er grüßte mich freundlich. Ich nickte ihm nur leicht zu. Meine Stimmung war am Boden.