Mittwoch, 25. November 2009

Kapitel 240

„Süße, es tut mir sehr leid, aber ich kann nicht mit Dir nach Deutschland fliegen. Jedenfalls nicht sofort.“

„Und das ist alles ?“ fragte ich.

„Das reicht doch, oder ?“ fragte er mit mühsam beherrschter Stimme zurück.

„Ach komm schon, Schatz ! So schlimm ist das nun auch wieder nicht.“

„Aber ich wollte Dir doch beim Umzug helfen, ich hab es Dir doch versprochen.“

„Jetzt mach Dir mal keinen Kopf, schließlich bin ich ja nicht alleine. Meine Eltern sind ja auch dabei und helfen mit, falls ich es nicht schaffe. Vielleicht kann ich ja auch meine Freundin Tanja fragen.“

„Du bist mir nicht böse ?“

„Nein, ganz sicher nicht ! Aber warum kannst Du nicht mit ?“

„Doro macht Stress wegen der Scheidung. Ich hab heute Morgen einen Anruf von meinen Anwälten erhalten und muss mich dringend mit ihnen treffen.“

Jon hatte die Arme auf der Arbeitsplatte abgestützt und sah mich unsicher an.

„Hey hey ! Das ist doch gar keine Frage ! Das geht natürlich vor. Und deswegen machst Du Dir solche Gedanken ?“

„Ich hab mich halt auch darauf gefreut mit Dir Deine Sachen zusammen zu packen. Ich will an Deinem Leben teilnehmen, mit Dir die einfachen Dinge erleben. Und jetzt kommt mir dieser Quark dazwischen,“ entgegnete er unwirsch.

Er fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.

Ich trat nahe zu ihm und nahm ihn in die Arme.

„Schatz, ich denke, das ist jetzt wichtiger. Vielleicht kannst Du die Sache ja sogar etwas beschleunigen.“

„Dann wäre endlich diese blöde Ungewissheit zu Ende.“

„Die Fronten wären geklärt.“

„Ich wüsste, woran ich bin.“

„Du wärst nicht länger in dieser bescheuerten Warteposition.“

Ich legte meine Hand unter sein Kinn, hob seinen Kopf an und versuchte ihm ein optimistisches Lächeln zuzuwerfen. Trotz meiner Enttäuschung. Und es funktionierte. Er lächelte, wenn auch noch verhalten zurück.

„Na komm, jetzt schau nicht so ! Ich flieg mit meinen Eltern rüber, pack mein Zeugs zusammen und komm wieder hier her. Vielleicht geht das mit dem Termin ganz schnell und Du kannst nachkommen.“

Es war so süß, wie er da stand. Hilflos, unsicher, abwartend. Ich konnte ihm nicht böse sein, obwohl ich schon ziemlich enttäuscht war.

„Jetzt lass uns raus gehen und mit den anderen feiern, okay ?“

„Okay,“ sagte er und die Erleichterung war ihm anzusehen.

Händchen haltend gingen wir wieder zu den anderen. Richie war anscheinend allerbester Laune und erzählte aus dem Musikerleben der zwei eine Anekdote nach der anderen. Wir brüllten vor Lachen und es wurde doch noch ein schöner Abend. Zwar waren meine Eltern etwas traurig, weil sie wieder zurück mussten, doch Jon lud sie mehrfach ein zu kommen, wann ihnen der Sinn danach stand. Er erklärte den anderen gegen später die Situation, dass er nicht mit nach Deutschland fliegen könne. Sie bedauerten dies zwar alle, sprachen ihm jedoch allen Mut zu.

„Ihr fliegt natürlich trotzdem mit unserem Jet. Die Jungs brauchen ihn die Tage nicht und ich kann auch mit einem Linienflug nach New York fliegen.“

„Das muss doch nicht sein !“ widersprach Dad. „Wir können doch auch einen Linienflug nehmen. Du tust Dir doch viel schwerer, wenn Dich jemand erkennt.“

„Unser Büro wird das schon regeln, außerdem mach ich das sowieso öfters.“

Meine Eltern, Tini und Tom verabschiedeten sich kurz darauf. Richie, Jon und ich blieben noch auf einen letzten Absacker sitzen. Ich tat das unheimlich gerne, denn ich liebte die Gespräche zwischen uns dreien sehr. Und so saßen wir dort, bis die ersten grauen Schimmer am Horizont zu sehen waren. Ziemlich angeschickert machten wir uns dann schließlich auf in unsere Betten.

Ich sah Richie noch nach, wie er durch den Garten ging, die Hecke auseinander bog und in der Dunkelheit verschwand.

Fest aneinander geschmiegt torkelten wir die Treppen hoch in`s Schlafzimmer und nach einer sehr kurzen Katzenwäsche mit schlampigem Zähneputzen fielen wir todmüde in unser Bett.

Ich blinzelte den restlichen Schlaf weg, als ich am nächsten Morgen – eigentlich nur wenige Stunden später – aufwachte. Das Bett neben mir war leer und bereits kalt.
Nach dem Duschen und Anziehen machte ich mich auf die Suche nach frischem Kaffee. Die Küche war verlassen. Nicht wie sonst war Mam dort zugange. Sie war sicherlich mit Packen beschäftigt, mein Dad war dabei wirklich überhaupt kein Held. Ich schenkte mir eine große Tasse voll und nach den ersten Schlucken ging ich durch die Halle auf Jon`s Arbeitszimmer zu. Ich konnte hören, dass er telefonierte.

Dienstag, 24. November 2009

Kapitel 239

Er sah ihm noch nach, wie er durch den Garten ging, die Hecke auseinander bog und in der Dunkelheit verschwand. Müde und auch etwas melancholisch geworden, verkorkte er die angebrochene Flasche, nahm sie und die beiden Gläser und ging ins Haus.

Gähnend stellte er die Sachen in der Küche ab, löschte die Lichter im Erdgeschoss und ging leise die Treppen hinauf. Vorsichtig drückte er die Klinke zum Schlafzimmer hinunter und schlich hinein. Sie hatte das Licht herunter gedimmt, so dass er genug sehen konnte. Als er sie im Bett liegen sah, musste er lächeln. Ihr Gesicht war nicht zu erkennen, ihre langen Haare verdeckten es vollkommen. Sanft strich er es mit dem Zeigefinger zurück.

Die Decke war zwischen ihren Beinen eingeklemmt, sein Kissen hielt sie fest umklammert. Zwischen dem weißen Bettzeug lugte etwas schwarzes hervor. Neugierig zupfte er daran. Sie bewegte sich fast unmerklich, doch ganz langsam konnte er es heraus ziehen. Grinsend hielt er sein Shirt in den Fingern. Er gab ihr einen leichten Kuss auf die Stirn und ging Richtung Bad.


Szenenwechsel:

Die nächsten zwei Wochen verbrachte ich viel mit Lesen und Sport und bereitete mich im Stillen auf meinen Umzug und die kommende Tournee durch die Staaten vor. Ke Gao hatte begonnen, mich mit einem speziellen Training fit zu kriegen. Meine Kondition hatte schwer gelitten und ich musste ganz schön kämpfen, um seinen Anforderungen gerecht zu werden.

Er war ziemlich streng und ließ keinerlei Schlampereien zu. Vor dem Ausdauertraining, bei dem ich endlich nicht mehr heimlich und natürlich nur unter seiner Aufsicht laufen durfte, musste ich jeweils auf dem Rad das Aufwärmen absolvieren. Ke Gao achtete ebenso auf meine Fehlhaltung der Schultern, die ich leider immer ein wenig nach vorne hängen ließ, wie auch auf mein Hohlkreuz. Für ihn war eine kerzengerade Haltung das A und O und der Grund allen Übels bei mir. Er machte mir auch klar, dass meine Lauferei zwar gesund war, jedoch zu einer einseitigen Fitness geführt hatte. Und so baute er langsam aber sicher wieder die Muskeln auf, die ich so lange so schmählich vernachlässigt hatte.

Richie schloss sich uns beim Laufen oft an und ich hatte mit den beiden unheimlich viel Spaß. Ich liebte Richie und war meinem Schöpfer sehr dankbar, dass ich den Gitarristen meiner Träume tatsächlich als Freund erleben durfte. Eigentlich war er viel mehr als ein Freund. Er war nicht mein Bruder, obwohl er mich oft „Schwester“ nannte. Nein, er war mehr als das. Wir waren Seelenverwandte geworden und ich vermisste ihn sofort, wenn er nicht da war oder ich nichts von ihm gehört hatte. Anscheinend ging es ihm genauso, denn immer wieder zeigte er mir, dass er mich genauso vermisste und nach mir suchte. Wenn er mich aus seinen Rehaugen ansah, ging mir das Herz auf. Und ich spürte, dass er sich bei mir wohl fühlte.

Am Montag würde ich mit meinen Eltern und Jon nach Deutschland fliegen.
Für Samstag Abend hatten wir als kleine „Abschiedsfete“ ein Barbecue vorgesehen. Schon den ganzen Tag über hatte ich das Gefühl, dass mir Jon aus dem Weg ging. Auf meine Fragen hin, ob etwas sei, wehrte er nur ab, es wäre nichts, ich solle mir keine Gedanken machen. Er lenkte mich mit irgendwelchen Fragen zum Abend ab und drehte sich weg, wenn er meinen prüfenden Blick bemerkte.

Wir halfen alle zusammen, die Mädels wie üblich in der Küche, die Jungs draußen, um die Tische und den Grill vorzubereiten.
Ich beobachtete ihn weiterhin aufmerksam. Irgendetwas war im Busch und entweder konnte oder er wollte nicht darüber reden. Und das machte mich mehr als wütend. Die Unsicherheit, die ich mehr hasste als alles andere, kroch in mir hoch und lähmte mich. Ich ließ meinen Blick über die versammelte Gesellschaft am Tisch schweifen, konnte jedoch nichts ungewöhnliches bemerken. Alle aßen mit großem Appetit, tranken, unterhielten sich, machten Witze, lachten. Nur Jon und ich belauerten uns. Immer wieder sahen wir einander an, doch jedes Mal blickte er schnell zur Seite. Er konnte mir nicht in die Augen sehen.

Sauer geworden, nahm ich einen großen Schluck von meinem Bier und stand auf, um auf die Toilette zu gehen. Beim Herauskommen sah ich Jon gerade in der Küche verschwinden und ging ihm nach. Ich schloss leise die Tür hinter mir.

„Sag mal, Honey, was ist eigentlich los mit Dir ?“ fragte ich mit beherrschter Stimme.
Wieder wollte er sich wegdrehen, doch ich hatte nach seinem Handgelenk gegriffen und hielt es mit aller Kraft fest.

„Du kannst mir nicht andauernd aus dem Weg gehen, weißt Du ?“

„Okay.“

Er holte tief Luft und sah zu Boden.

„Jon !“

Er hob den Kopf und ich spürte, dass ihm die Situation mehr als unangenehm war.

„Na los, rede schon.“

Donnerstag, 19. November 2009

Kapitel 238 - Männergespräche

Doch da musste ich unbedingt eingreifen. Auf gar keinen Fall wollte ich noch einen so peinlichen Moment erleben wie heute Morgen, als Jon angedeutet hatte, wo wir in der Nacht…. Glücklicherweise waren meine Eltern mit Tini und Tom in ein Gespräch vertieft und bekamen so nichts mit.

„Wir waren in der Stadt, shoppen,“ unterbrach ich.

„Was shoppen ?“ bohrte Richie weiter.

Jon wollte bereits wieder Luft holen, um zu antworten. Doch ich war schneller.

„Klamotten, ganz einfach Klamotten.“

„Für Dich oder für Jon ?“

„Für mich.“

„Habt Ihr was gefunden ?“

„Ja, es waren nur Kleinigkeiten.“

„Hättet Ihr ja mal was sagen können, dann wär ich mit. Ich hätte auch noch ein paar Sachen gebrauchen können,“ nuschelte Richie kauend weiter.

„Es war eine spontane Idee,“ wich Jon aus.

„Trotzdem wäre ich gerne mitgefahren. Immer muss ich allein zum Einkaufen fahren.“

„Das nächste Mal geb ich Dir vorher Bescheid,“ versprach ich in der Hoffnung, dass das Thema damit erledigt wäre. Aber die Rechnung hatte ich ohne Richie gemacht.

„Wo wart Ihr denn überall ?“

„Hier und dort. Wir haben wirklich nur Kleinigkeiten gekauft, also nichts Aufregendes.“

In diesem Moment wünschte ich mir, ich hätte den letzten Satz nicht gesagt, jedenfalls nicht das Ende davon. Jon sah mich an, kauend, Luft holend und am Ende hustend, weil er alles gleichzeitig machen wollte und sich verschluckte. Mit hochrotem Kopf griff er hastig nach seiner Serviette und hielt diese schützend vor den Mund. Sein Gesicht sprach Bände. „Nichts Aufregendes ? Ne, überhaupt nicht ! Ich bin kurz vor dem Herzinfarkt und Du findest, es war nichts Aufregendes ?“

„Was denn ?“ kam nun von Richie, der nun natürlich ahnte, dass hinter dem harmlosen Einkauf mehr steckte, als wir bereit waren zuzugeben.

„Richie ! Wir waren einkaufen. Ein paar Kleinigkeiten. Nichts Welt bewegendes. Sonst nichts. Punkt. Aus. Schluss.“

„Okay, okay ! Wenn Ihr nicht darüber reden wollt….“

Jon wollte schon wieder ansetzen, um zu antworten. Ich rollte mit den Augen und schüttelte ganz leicht meinen Kopf. Er verstand, was ich damit andeutete und beugte sich wieder über sein Essen. Auch Richie gab endlich Ruhe.


Szenenwechsel:

Nach und nach waren alle zu Bett gegangen. Die Frauen hatten den Tisch abgeräumt und in der Küche klar Schiff gemacht. Sandy war nur kurze Zeit, nachdem sich Tini und Tom verabschiedet hatten, ebenfalls nach oben verschwunden. Sie war ziemlich müde gewesen. Schade, er hätte sie gerne noch in einem ihrer neuen Teilchen gesehen…. Es war bereits nach Mitternacht, als Jon noch eine Flasche Rotwein öffnete. Richie zündete indes frische Kerzen an, da die anderen völlig herunter gebrannt waren. Die beiden saßen entspannt in den gemütlichen Terrassensesseln und nahmen genüsslich einen Schluck von ihrem Wein. Lange Zeit schwiegen sie vor sich hin. Nach all der langen Zeit, die sie sich kannten, brauchten sie nicht viel Worte, um sich auch so zu verstehen. Jon griff nach der Zigarettenpackung und zündete sich nachdenklich eine an. Richie tat es ihm nach und nachdem er einen tiefen Zug genommen hatte, sah er seinen Freund forschend an.
Dieser wusste genau, was der andere wollte und grinste ihn an.

„Was ? Frag doch einfach !“

Richie grinste nun ebenfalls.

„Wo wart Ihr zwei denn nun wirklich ?“

„Sag mal, was macht Dich daran nur so neugierig ? Kann ich mit Sandy nicht einfach zum einkaufen fahren, ohne dass gleich eine Riesensache daraus gemacht wird ?“

„Nicht, wenn Ihr so ein Geheimnis daraus macht !“

„Hey, wir machen überhaupt kein Geheimnis draus !“

„Und warum rückt Ihr dann nicht damit heraus, wo Ihr gewesen seid ?“

„Okay, wenn Du`s unbedingt wissen musst ! Wir haben Unterwäsche gekauft.“

„Unterwäsche ? Für wen ?“

„Rich, Du bist unmöglich !“

„Warum denn ?“

„Warum das so ist, weiß ich auch nicht. Eigentlich frage ich mich das schon die letzten 25 Jahre…..“

„Hör auf zu frotzeln, erzähl`s mir einfach, dann weiß ich Bescheid und geb Ruhe.“

„Ich glaub kaum, dass Du dann Ruhe geben wirst. Aber nun gut. Es ist ja nix Schlimmes dabei. Wir haben für Sandy Dessous gekauft.“

„Wo ?“

„Oh Mann ! Wie kann ein Mensch alleine nur so unglaublich neugierig sein ?“

Jon rollte mit den Augen. So langsam nervte ihn Richie.

„Bei Victorias Secret.“

„Hey Mann ! Da hast Du Dich aber in`s Zeug gelegt. War`s denn sehr teuer ?“

„Jep. Sie hat ganz schön zugeschlagen. Hat sie sich aber auch verdient. Schließlich musste ich einiges gut machen.“

„Wie gut machen ?“

„Ich…. Ach, Du weißt doch wie das so ist….“

„Wie ist das denn so ?“

„Du willst es aber ganz genau wissen ?“ lachte Jon.

„Yeah.“

„Also gut. Ich hab ihr ein paar Strings zerrissen.“

Richie hatte gerade von seinem Wein genippt und prustete nun los.

„Du hast was ????“ lachte er laut los.

„Leidenschaftlich wie ich halt bin….Ich konnte es eben nicht mehr erwarten….“

Sein Gegenüber lachte immer noch. Er lachte so sehr, dass ihm die Tränen in den Augen standen.

„Du weißt aber schon, dass man die kleinen Dinger auch ganz einfach nur zur Seite schieben kann ? Man muss die nicht zerreißen, um schneller an`s Ziel zu kommen.“

Jon rollte verzweifelt mit den Augen.

„Du bist wirklich unmöglich !“

„Wenn wir schon dabei sind…. Hast Du sie dann wenigstens schon in den Sachen gesehen ?“

„Ja.“

Jon lehnte sich zurück und man konnte ihm ansehen, wie sehr er die Erinnerung daran genoss. Er drehte sein Glas in den Händen und sah genießerisch auf den blutroten Schimmer des Weines, welcher vom Kerzenlicht in einen geheimnisvollen Glanz getaucht wurde.

„Ja, und ? Erzähl schon !“

„Es war unglaublich ! Sie hat die Sachen dort im Laden eine kleine Show veranstaltet.“

„Willst Du mir sagen, sie ist vor Dir hin- und hergestöckelt ?“

Jon nickte nur. Als er das ungläubige Gesicht Vis a Vis sah, musste er lachen. Richie saß da, vorn über gebeugt, die Hände flach auf den Tischrand gelegt und starrte ihn fassungslos an. Dann ließ er sich nach hinten fallen, legte die Hand an die Stirn und schaute immer noch völlig derangiert drein.

„Ich glaub das nicht ! Warum nur hast Du so ein unverschämtes Glück ?“

„Bist Du etwa neidisch ?“

„Wenn ich ehrlich sein soll, ja ! Ich darf mir das gar nicht vorstellen….“

„Sollst Du ja auch nicht, das ist nämlich meine Freundin !“

„Schon klar, so war das ja auch nicht gemeint. Ach, wie ging`s Dir denn so dabei ?“

Jon atmete tief ein und aus, bevor er antwortete.

„Ganz ehrlich ?“

„Jep.“

„Seither weiß ich, wie es sich anfühlt, wenn man kurz vor einem Herzinfarkt steht !“

Richie brach in lautes Gelächter aus.

„Nun komm schon ! Du tust ja gerade so, als hättest Du sie noch nie nackt gesehen….“

„Genauso kam ich mir auch vor. Mir wurde schon ganz anders, als die Verkäuferin diese hauchdünnen Dinger nur in den Händen hielt und als Sandy dann auch noch darin vor mir stand….Überhaupt in dieser schwarzen Korsage…..“

„Korsage ????“

„Schwarz.“

„Nein !“

„Satin.“

„Ne !“

„Strumpfband.“

Richie fasste sich an sein Herz und mimte einen Herzanfall. Jon brüllte laut los.

„Das ist nicht wahr, oder ?“

„Doch. So wahr ich hier sitze.“

Richie schüttelte den Kopf und sah ihn versonnen an.

„Weißt Du eigentlich, was für ein wahnsinniges Glück Du hast ? Für so eine Frau wäre ich bereit zu morden.“

„Na hoffentlich denkst Du dabei nicht an mich ?“

„Keine Angst ! Ich mag sie, ich mag sie unheimlich. Aber ich würde niemals eine Frau von Dir anbaggern. So einsam kann ich gar nicht sein, dass ich das tun würde. Obwohl es manchmal schon sehr schwer ist.“

Auf Jons fragenden und auch Anteil nehmenden Blick hin winkte er nur ab und zog an seiner Zigarette.

„Man gewöhnt sich an alles. Es tut nur dann und wann weh, vor allem, wenn ich Euch zwei so glücklich sehe. Wenigstens kann ich daran ein wenig teilhaben.“

„Rich….“

Wieder wehrte er mit der Hand ab.

„Nein nein ! Schon okay ! Vielleicht finde ich auch irgendwann einmal wieder jemanden.“

„Was ist mit Heather ? Versteht Ihr Euch denn wieder ein wenig besser?“

„Geht schon. Wenn ich es recht überlege, geht es eigentlich immer besser zwischen uns. Wenigstens streiten wir nicht jedes Mal gleich, wenn wir uns sehen. Obwohl ich manchmal den Eindruck habe, dass sie irgendwie einen Knacks abbekommen hat. Sie ist verdammt wehmütig und verletzlich geworden. Ein falsches Wort, und sie fängt an zu toben.“

Jon sah ihn nachdenklich an. Obwohl seiner Ansicht nach Richie selbst schuld daran war, dass sich Heather von ihm getrennt hatte, verspürte er doch großes Mitleid mit ihm. Und er hatte seinem Freund gegenüber fast ein schlechtes Gewissen, dass es ihm dagegen so gut ging, dass er so glücklich war.

„Falls Du in diesem Augenblick Mitleid mit mir verspüren solltest, lass es. Das brauchst Du wirklich nicht zu haben. So schlimm ist es dann auch wieder nicht.“

Er hatte seine Gedanken gelesen. Jon lächelte ihn unbeholfen an.

„Bevor wir zwei jetzt noch völlig schwermütig werden, geh ich mal besser nach Hause.“

Die beiden erhoben sich aus den Sesseln und Jon klopfte Richie aufmunternd auf die Schulter.

„Gute Nacht.“

„Gute Nacht.“

Samstag, 14. November 2009

Kapitel 236 - Jon gets a heart attack.... :-)

Bevor er mich küssen konnte, kam Kimberley zurück, in den Händen verschiedene Dessous. Sie bat mich zu den Umkleidekabinen.
Ich zog meine Klamotten aus und nahm das erste in die Hände. Ein weißer Bra, bei dem die zarte Spitze ein Blütenmuster zeigte. Die Spitze war mit Seide unterlegt. In der Mitte zwischen den Körbchen befand sich eine kleine schwarze Schleife, die sich auf dem Höschen wiederholte. Das Höschen war ein Hipster, bei dem nur der untere Teil innen abgefüttert war. Der obere Teil ließ die Haut durchblitzen. Beides saß perfekt. Ich war von Kimberley und ihrer Einschätzung meiner Größe total begeistert.

Dann trat ich aus der Umkleidekabine und zeigte mich Jon. Ich bekam beinahe einen Lachanfall. Soeben war er noch dagesessen, ein Bein über das andere geschlagen, total entspannt, das Glas lässig in der Hand, betont gelangweilt in einer herumliegenden Zeitung blätternd. Nun riss er die Augen auf und pfiff anerkennend durch die Zähne. Ich ging ein paar Schritte auf ihn zu, drehte mich kurz vor ihm einmal um die eigene Achse und stolzierte, eine Hand an die Hüfte gelegt, zurück. Ich verschloss rasch mit einer Hand meinen Mund, ansonsten wäre ich geplatzt vor lauter Lachen. Es war einfach zu göttlich, wie er auf mich reagierte. Fast, als hätte er mich noch niemals in Unterwäsche gesehen….

Das nächste Set, das ich anprobieren wollte, war aus schwarzer Seide. Der Push-Up hatte in der Mitte einen funkelnden Swarovski-Stein, der den Verschluss vorne verdeckte. Der Stein war ebenfalls am Höschen, das dieses Mal einen hohen Beinausschnitt hatte, angebracht. Der Bra hatte auf jeder Seite drei kleine Träger, die vom Körbchen spiralförmig über die Schultern liefen. Wieder trat ich aus der Kabine, stöckelte auf Jon zu, drehte mich vor ihm und stöckelte wieder zurück. Das würde ich ebenfalls nehmen.

Nun hielt ich ein duftiges Nichts in den Händen. Fast wäre es mir aus den Händen geglitten, so leicht war es. Der BH wieder ein Push-Up, das Höschen ein String. Das ganze unschuldig mit floralem Design bedruckt. Das Ding sah so süß aus, dass ich es einfach nehmen musste. Jon schien es ebenfalls zu gefallen, denn er rutschte doch etwas nervös auf seinem Sessel umher. Den Mund ließ er offenbar gleich offen stehen. Mir machte es höllischen Spaß ihn mit meiner kleinen Show so zu verunsichern.

So ging es dann eine Weile weiter, bis ich Sets mit sämtlichen Farben, Formen und Stoffen beisammen hatte. Ich rief Kimberley zu mir und flüsterte ihr in`s Ohr. Sie lächelte wissend und verschwand.
Nur wenige Augenblicke später kam sie wieder mit den gewünschten Sachen und half mir beim Anziehen.
Der Slip war hier nur ein angedeuteter String, die Rückseite war etwas großzügiger geschnitten, hier war nicht so sehr mit Stoff gespart worden. Das Oberteil war eine Korsage, aus schwarzem glänzenden Satin. Sie war auf der Vorderseite mit Häkchen, am Rücken mit Bändern zu schließen. Kimberley zog so lange daran, bis das Teil wie angegossen saß. Als Gag streifte sie mir noch ein schwarzes Strumpfband über den Oberschenkel. Ich besah mich noch im Spiegel, bevor ich hinaus ging, um mich zu präsentieren. Es passte hervorragend und war nicht im Geringsten unangenehm. Die Stäbchen, die normalerweise irgendwann einfach zu drücken beginnen, waren kaum zu spüren. Sogar, wenn ich mich bückte, bemerkte ich sie kaum.

Jon war wohl an der Grenze seiner Beherrschung angekommen, denn er schnappte wild nach Luft, hatte die Augen weit aufgerissen und starrte mich an. Dann schlug er die Hände vor`s Gesicht und lugte spitzbübisch zwischen den Fingern hervor. Dabei schüttelte er ganz leicht seinen Kopf. Ich grinste ihn frech an. Es tat mir ja so gut, Mr. Sex on two legs so fassungslos, so sprachlos zu sehen. Und ich war schuld daran ! Ich musste mich sehr beherrschen, wollte ich nicht in lautes Gelächter ausbrechen. Dieses Mal stolzierte ich zweimal auf ihn zu und drehte mich vor ihm auch um einiges langsamer. Schließlich sollte er ja auch genießen können, was er sah….
Ich genoss seine Bewunderung unheimlich, es tat gut zu sehen, dass er mich so sehr begehrte.

„Möchten Sie vielleicht noch etwas anderes anprobieren, Miss Reed ?“

Ein kleiner Kontrollblick auf meinen Schatz ließ mich inne halten. Seinem Herz und seinem Kreislauf war es sicherlich nicht sehr förderlich, wenn ich noch so weiter machen würde. Außerdem konnte er es bestimmt nicht mehr lange dort auf dem Stuhl aushalten. Wenn ich mir vorstellte, er käme zu mir in die Kabine…. So ganz unbedarft war ich gefühltechnisch in den sexy Dingern auch nicht mehr….

„Nein danke, Kimberley. Ich glaube, ich habe mir genug ausgesucht.“

Nachdem Jon bezahlt hatte und die Sachen eingepackt waren, bedankte ich mich bei ihr für ihre Hilfe und wir verließen das Geschäft. Selig öffnete ich eine der Taschen, um meine Errungenschaften zu beäugen. Da staunte ich nicht schlecht. Jedes Set war einzeln in ein Kartönchen verpackt worden, welche mit Seidenschleifchen gebunden waren. Unten links stand jeweils der Modellname des Sets. Jon hatte bemerkt, dass ich nun total baff war und grinste mich an.

„Danke, Schatz. Das war echt sooo süß von Dir !“

Stolz wie Bolle, dass er mir eine Freude bereitet hatte, strahlte er mich an und ich ließ mich in seine ausgebreiteten Arme fallen.

„Ich hab`s ja schon gesagt, erstens hab ich ja auch was davon, ich darf Dich nämlich aus den leckeren Sachen auspacken und zweitens hab ich ja schon einiges zerrissen.“

„War`s denn sehr teuer ?“ fragte ich nun etwas mit schlechtem Gewissen.

„Nö, für Dich ist mir nichts zu teuer. Aber es ist schon unglaublich, wie viel so ein Hauch von Nix kosten kann. Und was da ein Aufwand für getrieben wird…..Und ich hab nicht mal eine Unterhose bekommen,“ maulte er.

„Wie Du schon sagtest: „Ich bin nicht die Hauptperson, es geht nicht um mich, sondern um meine Freundin.“

„Hab ich so was gesagt ?“ fragte er mit Unschuldsmiene.

„Jep. Hast Du !“

Lachend startete er den Wagen und wir fuhren zurück nach Hause. Als er in unsere Straße einbog, fuhr er langsamer.

„Ist irgend etwas ?“ fragte ich.

„Ja, einen Wunsch hätte ich noch.“

„Welchen denn ?“

„Ich will Dich die nächsten Tage in all den Sachen sehen, okay ?“

„Versprochen !“

Ich hob die Hand zum Schwur.

„Hoch und heilig ?“

„Hoch und heilig. Aber nur, wenn`s nicht nur beim Auspacken bleibt.“

Er lachte laut auf.

„Das musst Du mir nicht zweimal sagen !“

Sein verschwörerisches Grinsen wurde von mir erwidert und nach einem kleinen Augenzwinkern wandte er sich wieder der Straße zu.

Es war schon Abend geworden, als wir zuhause ankamen. Zeit für`s Abendessen. Der Rest der „Familie“ saß bereits auf der Terrasse beim Abendbrot. Nachdem ich meine Taschen im Schlafzimmer deponiert hatte, gesellten wir uns dazu. Mam und Rosita hatten für alle ein Vesper gerichtet, das genau meinen Vorstellungen entsprach. Tomaten mit Mozzarella, frischer, grüner Kopfsalat, Parmaschinken mit Melone, Quark mit Kräutern und Zwiebeln, kalter Braten, hauchdünn geschnittene Salami, Parmaschinken mit Melone und frisches Brot. Dazu gab es einen leichten Rotwein. Ich füllte unserer beider Teller. Als ich Jon seinen reichte, lächelte er mich liebevoll an.

„Danke, Schatz, lieb von Dir !“

„Wo wart Ihr eigentlich den ganzen Tag ?“ fragte Richie mit dicken Backen und einem leicht vorwurfsvollen Ton in seiner Stimme.

„Wir waren….“ begann Jon.

Donnerstag, 12. November 2009

Kapitel 235 - Sandy`s secrets.....

„Manchmal….“ begann er, senkte seinen Blick zu Boden und ich verstand, dass er nach den richtigen Worten suchte, dass er nicht genau wusste, wie er es sagen sollte.
„Manchmal habe ich einfach das Gefühl, dass Du nicht ganz bei mir bist. Dass Du von mir entfernt bist… Herrgott…. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll….“

Ich war ziemlich erschrocken, als ich ihn ansah. Vorsichtig strich ich ihm eine blonde Strähne aus der Stirn. Er fasste mich leicht an den Schultern und ich spürte, dass er all seinen Mut zusammen nahm.

„Irgendwie so, als ob Du zwei Leben lebst, eines mit mir und eines für Dich.“

„Das verstehe ich nicht….“

„Ich kann es Dir nicht erklären, ich empfinde halt in manchen Situationen so.“

„Aber…“

Er hob eine Hand und bedeutete mir, dass ich schweigen sollte.

„Es sind keine Vorwürfe, die ich Dir mache.“

Wieder nahm ich einen Anlauf, um etwas dazu zu sagen, doch ich konnte nicht. Mir fiel nichts ein, was darauf entgegnen konnte. Zu durcheinander war ich in diesem Augenblick.
Er sah mir lange in die Augen, bevor er fortfuhr.

„Schau, Du bist eine wahnsinnig starke Frau. Wenn ich Dich auf der Bühne beobachte…. wie Du den Chaoshaufen Deiner Band im Griff hast…. wie Du Dein Leben regelst…. Dein unglaublich starker Wille, den Du nach Deinem Sturz gezeigt hast…..Ich weiß, dass Du mit Männern vorher kein Glück hattest, und dann noch die leidige Geschichte mit Joe…. Dir wurde oft weh getan….“

„Aber das ist doch vorbei !“ warf ich ein.

„Es mag vorbei sein. Und doch hat es dazu geführt, dass Du Dich mir nicht ganz öffnest. Außer, wir schlafen miteinander. In diesen Momenten gehörst Du ganz und gar mir, bist Du ganz bei mir. Nun, Du bist einfach so und ich werde damit klar kommen. Ich will versuchen, damit zu leben.“

„Ich will aber nicht, dass Du damit „klar kommst“ ! Und dass Du „damit lebst“! Jon, ich möchte, dass Du glücklich bist. Glücklich mit mir. Ich verspreche Dir, dass ich das ändern werde. Sagst Du mir, wann Du so empfindest ? Mir war nicht bewusst, dass ich so auf Dich wirke, dass Du so fühlst.“

Wir tauschten einen langen Blick, dann zog er mich in seine Arme und hielt mich fest an sich gedrückt. Dann und wann küsste er mich auf die Haare.
Schließlich löste ich mich etwas aus seiner Umarmung und sah ihm fest in die Augen.

„Schatz, bitte versprich mir, dass Du mir sagst, wenn so ein Moment ist ? Ich möchte nicht, dass etwas zwischen uns steht. Okay ?“

Er schenkte mir dieses unglaublich warme Lächeln, bei dem für mich die Sonne selbst im Dunkeln aufging. Jedoch war es mit ein wenig Bittersüßem vermischt und er nickte nur still.

„Ich liebe Dich, Jon. Ich liebe Dich mehr, als alles andere auf der Welt.“

„Ich liebe Dich auch, Honey. Und diese Mauer, die Du da um Dich herum gebaut hast, die reißen wir zwei zusammen ein, in Ordnung ?“

Unter Tränen nickte ich.

„Genug Trübsal geblasen ! Wollen wir in die Stadt fahren ? Wir könnten ein wenig shoppen gehen und irgendwo gemütlich essen ?“

„Ich weiß nicht….“ entgegnete ich lahm.

„Hey hey ! Ich wollte damit nicht erreichen, dass Du traurig bist !“

Wieder konnte ich nur stumm nicken.
Mit seinem Daumen wischte er die Tränenspuren von meinen Wangen und lächelte mich aufmunternd an.

„Na komm schon, Süße ! Es ist alles okay, mach Dir keine Gedanken. Wir haben darüber gesprochen und in Zukunft werden wir beide darauf achten, ja ?“

Wir hatten uns erhoben und standen nun direkt voreinander. Jon fasste mich an beiden Händen und sah mich an. Es schien mir, als ob sich die blauen Augen in meine bohrten. Wahrscheinlich las er wieder einmal meine Gedanken.
Mit einem langen, zärtlichen und vorsichtigen Kuss zerstreute er die deprimierenden Gedanken. Danach fragte er leise:

„Wieder besser ?“

„Ja.“

Er griff nach seinen Autoschlüsseln und dem Handy.

„Dann lass uns losziehen.“

„Wo wollen wir denn hin ?“

„Lass Dich überraschen.“

Ich machte mich schnell frisch, holte meine Handtasche und so fuhren wir durch die Berge hinunter in die Stadt. Jon schien wie immer sein Ziel klar vor Augen zu haben und steuerte den Wagen sicher durch die Straßen von LA, bis er vor einem Gebäude ankam, das mir von irgendwoher bekannt vorkam. Der Schriftzug über dem Eingang machte mich sprachlos.
Als er mein Gesicht sah, lachte er.

„Überraschung gelungen ?“

Wir befanden uns auf dem Santa Monica Boulevard direkt vor einem Shop von Victorias Secret. Vor lauter Staunen vergaß ich, weiter zu gehen und blieb neben dem Auto stehen. Da ich sogar vergessen hatte, die Tür zu schließen, übernahm Jon dies und zog mich grinsend mit sich. Links und rechts vor dem Eingang standen gepflegte, bepflanzte Kübel. Ein roter Teppich lag auf dem Boden.

Die Eingangstüren schwangen auf und ich betrat den Tempel der Lingerie, den Tempel dessen, was sich eine Frau nur wünschen konnte. Sofort nahm die Atmosphäre von mir Besitz. Auf dem Marmorboden lagen vereinzelt dicke Teppiche, denen man auf den ersten Blick ansah, dass sie sehr teuer gewesen waren. Überall im Laden verteilt standen kleine Sitzgrüppchen, die zum Verweilen einluden. An den Wänden hingen große Fotos von Supermodels wie Heidi Klum, Karolina Kurkova oder Gisele Bündchen, die die Dessous trugen. Auf Tischen lagen, wie zufällig fallen gelassen, wunderschöne Dessous. Noch immer gefangen von der Stimmung, ließ ich mich von Jon weiter ziehen.

„Hallo, ich bin Kimberley. Es freut mich sehr, Sie in unserem Geschäft begrüßen zu dürfen, Mr. Bongiovi.“

„Hallo Kimberley. Aber nicht ich bin die Hauptperson, es geht nicht um mich, sondern um meine Freundin, Miss Reed.“

Ihr war der Unterton in seiner Stimme genau so wenig entgangen, wie mir. Das war ja wie in „Pretty Woman“! Ein kurzer Seitenblick auf ihn zeigte mir, dass genau das von ihm beabsichtigt war. Es machte ihm einen Höllenspaß, diese Szene nachzuspielen. Im Gegensatz zu der Verkäuferin im Film jedoch schien diese wirklich freundlich und zuvorkommend zu sein, denn sie hatte einen peinlichen, fast schon schuld bewussten Gesichtsausdruck.

„Aber natürlich, entschuldigen Sie bitte ! Das war selbstverständlich keine böse Absicht von mir. Dürfte ich Sie nach oben bitten ? Dort wären wir gänzlich ungestört.“

„Sehr gerne, danke !“ antwortete er.

Und so gingen wir nach ihr die große Freitreppe hinauf, die zum Obergeschoss führte.
Kimberley bot uns an, uns zu setzen und fragte nach meinen Wünschen.

„Wir haben leider kein Model da, welches die Sachen vorführen könnte. Wenn Sie sich vorher angemeldet hätten….“

„Ich möchte kein Aufsehen erregen. Ich möchte einfach Unterwäsche kaufen,“ unterbrach ich sie.

„Außerdem bist Du selbst das beste Model !“ schmeichelte mir Jon.

Er zog mich an sich und drückte mir einen Kuss auf das Haar.

„Danke !“ gab ich zurück und lächelte ihn an.

Sie ließ ihren Blick über meine Figur schweifen. Im Gegensatz zu sonst war mir das nicht unangenehm, denn sie fand mit diesem Taxieren ganz einfach meine Größe heraus. Dann griff sie in ihre Jackentasche und wählte eine Nummer.

„Natalie, könntest Du bitte nach oben kommen ?“

Wieder an uns gewandt, fragte sie mit einem Lächeln, ob sie uns denn etwas zu trinken anbieten könne.

„Kaffee ? Tee ? Oder vielleicht etwas Champagner ?“

„Ich hätte gerne einen Cappuccino.“

„Dann nehme ich ein Glas Champagner.“

Typisch Jon. Ganz der Genießer. Plötzlich kam mir eine Idee und ich grinste still in mich hinein.
Natalie erschien und Kimberley bat sie, uns die gewünschten Getränke zu holen.

„An was hätten Sie denn gedacht ?“ fragte sie dann an mich gewandt.

„Eigentlich bin ich ja eher der sportliche Typ. Jeans, Shirts. Ich liebe schöne Unterwäsche, mit kleinen Details, verspielt, raffiniert, mit Spitze, aber nicht billig aussehend.“

„Na, das ist ja schon was !“ lachte sie. „Haben sie bestimmte Farbwünsche ?“

„Nein, da bin ich nicht unbedingt festgelegt. Ich trage gerne schwarz, weiß, rosa, aber absolut kein rot.“

„Okay, ich suche dann mal ein paar Sets für Sie heraus.“

Die Getränke kamen und nachdem Jon einen Schluck von seinem Glas genommen hatte, grinste er mich diebisch an.

„Das hier ist doch genau Dein Fall, oder ?“

„Welcher Frau würde das nicht gefallen ? Aber die Sachen sind bestimmt ganz schön teuer ?“

„Schatz, betrachte Dich als eingeladen. Schließlich hab ich ja schon einiges kaputt gemacht. Du kannst Dir aussuchen, was und wie viel Du willst.“

Ich drückte ein Auge zu und sah ihn mit schief gelegtem Kopf an.

„Echt ?“

„Ja, echt.“

„Power Shopping ?“

„Jep, lass meine Kreditkarte glühen !“

Er saß da, in seinem Sessel, klatschte mit den ausgestreckten Händen auf die Lehne, so als wolle er das damit nochmals bestätigen und strahlte mich an.

„Jon, Du weißt, was das bedeuten könnte ?“

„Jaaah, ruinier mich !“ lachte er.

„Okay, das lass ich mir nicht zweimal sagen !“

Er beugte sich zu mir, nahm mein Gesicht in seine Hände und raunte:

„Außerdem hab ich ja auch was davon….“

Sonntag, 8. November 2009

Kapitel 234

Das war das letzte, das zwischen uns beiden gesprochen wurde, bevor wir endlich die ersehnte Erlösung fanden.
Nackt, wie Gott uns schuf, lagen wir eng umschlungen auf der Liege und schöpften Atem. Der sanfte Wind, der aus dem Tal herauf wehte, kühlte unsere erhitzten Körper. Jon stand auf, um unsere Gläser zu holen. Das matte Mondlicht malte Schatten auf seinen Körper und ich wünschte mir, dass ich diesen Anblick niemals mehr vergessen würde. Schnell schloss ich die Augen und verinnerlichte ihn mit aller Macht.

Er reichte mir meinen Wein, den ich durstig hinunter stürzte.
Lächelnd beobachtete er mich dabei, bevor er sich wieder neben mir niederließ und mich in seine Arme zog. Schweigend schauten wir in den sternenübersäten Himmel. Es war unglaublich still in dieser Nacht.

Irgendwann später hörten wir meine Eltern nach Hause kommen. Die Haustür fiel leise ins Schloss. Jon legte mir blitzschnell die Hand auf den Mund, damit ich schwieg. Wir hörten die beiden leise miteinander tuscheln.

„Psst…. Die schlafen bestimmt schon…. Nicht, dass sie wach werden…. Ach, war das schön…. Und erst das Essen…. War `ne gute Idee von Jon….“

„Sollen wir noch nach ihnen schauen ?“ flüsterte Mam.

„Bist Du verrückt ? Die beiden sind keine kleinen Kinder mehr ! Du kannst doch nicht allen Ernstes in ihr Schlafzimmer reinplatzen !“ raunte Dad empört.

„Ich meinte ja nur….“

„Wer weiß, was die zwei machen….“ lachte er leise.

„Das, was wir jetzt hoffentlich auch noch tun !“ gab Mam kokett zurück.

„Ich bin doch keine zwanzig mehr !“

„Aber auch noch keine achtzig ! Also los ! Bloß keine Müdigkeit vorschützen !“

„Sollen wir uns noch einen guten Tropfen gönnen ?“

„Den holst aber Du ! Ich muss mich schließlich noch vorbereiten !“

Jon hatte mittlererweile eine Decke über uns gezogen und hielt nicht nur meinen, sondern auch seinen Mund mit der Hand zu. Wir platzten fast vor lauter Lachen.
Als die Schritte meiner Eltern verklangen, lachten wir befreit los.

„Hey, Mann, die sind ja vielleicht drauf ! Bei meinen Eltern wäre das undenkbar !“

„Tja, die Amis sind halt doch um einiges verklemmter, als wir Europäer !“ gab ich frech zurück.

„Ich zeig Dir gleich, wer hier verklemmt ist !“ neckte Jon zurück.

Den Spruch hätte ich mir auch sparen können, denn kurz darauf bereute ich ihn. Jon schnappte mich mitsamt der Decke und trug mich in die Küche. Er setzte mich auf der Arbeitsplatte auf dem Block ab, der mitten im Raum stand und stellte sich direkt vor mich.

„Du….wir… also….“ hauchte ich atemlos.

„Was denn ?“ fragte er mit einem diebischen Lächeln.

„Jon…“

„Ja ?“

„Nicht hier !“

„Warum nicht ?“

„Wenn jemand kommt !“

„Doch, genau hier. Genau jetzt ! Wer ist denn nun verklemmt ?“

Er beugte sich über mich, küsste mich wie verrückt und ich hatte keinerlei Chance, mich zu wehren. Dieses Mal verlor er keine Zeit und ich gab mich ihm vollkommen willenlos hin. Jon strafte meinen Spruch Lügen, er nahm sich, was er wollte. Keinen Augenblick dachte ich daran, was wohl wäre, wenn tatsächlich jemand hereingeschneit käme.

Ich erwachte am nächsten Morgen zuerst. Nach einer Katzenwäsche im Bad machte ich mich auf den Weg nach unten. Aus der Küche drang Geklapper von Geschirr und die Stimme von Mam.

„Guten Morgen, mein Schatz !“ begrüßte sie mich erfreut.

„Hi Mam. Na, habt Ihr gut geschlafen ?“

„Ja, danke ! Sehr gut sogar !“

„Wie war Euer Abend ?“

„Och, so schön ! Also, der Italiener, den Jon da uns empfohlen hat ! Erste Sahne ! Das Essen war ein Traum. Und erst das Restaurant !“

Sie verlor sich in ihren Schwärmereien und ich griff nach einer Tasse und schenkte mir Kaffee ein. Da erst sah ich Richie an der Theke sitzen. Ich ging zu ihm, rollte im Spaß mit den Augen mit einem Nicken Richtung meiner Mam und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange.

„Hi Süße !“ raunte er.

„Hi Bruder !“

Wir beide grinsten uns heimlich an, als Mam uns haarklein erzählte, was sie gegessen, getrunken, geredet hatten.

„…. Ihr wart ja schon schlafen, als wir heimkamen. Hoffentlich haben wir Euch nicht geweckt ? Das sind ja Zeiten, wenn die Kinder früher im Bett sind, als die Alten !“ lachte sie.

„Und, wie war`s bei Euch ?“ fragte ich Richie.

„Na ja, ging so. Der Club ist zwar echt toll, aber die Musik war grausig. Dieser bescheuerte House und Trance, also dann doch lieber seichten Radio-Pop.“

Die Arbeitsplatte fiel mir ins Auge und ich hatte plötzlich einige Hitzewallungen.

„Haben sich die Mühen gewisser Leute denn gelohnt ?“

„Wie meinst Du das denn ?“ entfuhr es mir.

„Komm schon, Du weißt genau, dass ich weiß, was Ihr beiden gestern gemacht habt.“

„Also Richie !“

„War`s denn schön auf der Terrasse ?“

„Sag bloß, Du warst wieder einmal live dabei ?“

„Nein,“ grinste er. „Aber ich kann es mir vorstellen.“

Ich gab ihm keine Antwort, denn jedes weitere Wort hätte mich wahrscheinlich verraten. Ich sah prüfend zu meiner Mutter, doch sie war glücklicherweise so in Gedanken, dass sie uns nicht zugehört hatte. Vermutlich war ich knallrot im Gesicht. Jedenfalls fühlte sich das so an.

Die Tür ging auf, und mein strahlender Retter erschien. Dachte ich jedenfalls.
Jon ließ ein lautes „Guten Morgen“ hören, gab Mam einen Kuss und schenkte sich ebenfalls zuerst Kaffee ein. Danach setzte er sich zu uns an die Theke, legte einen Arm um meine Schultern und gab mir einen Gute-Morgen-Kuss.

“Na Ihr ? Geht`s Euch gut ? Habt Ihr alle einen schönen Abend gehabt ?“ fragte er lächelnd an Richie und meine Mutter gewandt.

„Joa, besonders, weil er auf Deine Kosten ging !“ frotzelte Richie.

„So schlimm wird`s ja wohl nicht gewesen sein ?“

„Nö, wir waren nicht so lange. War auch nicht so toll.“

„Tut mir leid für Euch. Und bei Euch ? Wie war das Restaurant ?“

„Oh Jon ! Es war so toll !“

Meine Mutter erging sich wieder in Lobhudeleien über den gestrigen Abend.

„Aber Du hättest uns nicht einladen müssen ! Ihr könnt es ruhig sagen, wenn Ihr für Euch sein wollt. Wird wohl langsam Zeit, dass wir nach Hause zurück kehren.“

„So war das nicht gemeint. Ihr könnt natürlich bleiben, so lange Ihr wollt !“

Jon hatte einen schuld bewussten Gesichtsausdruck aufgesetzt, stand schnell auf und nahm sie in die Arme.

„Du weißt das ? Mein Haus steht Euch immer offen !“

Sie knuffte ihn in die Seiten und strahlte ihn an. Man konnte ihnen von weitem ansehen, wie sehr sie sich mochten. Mam verließ rasch die Küche, vermutlich von ihren Gefühlen übermannt und Jon kehrte an die Theke zurück.

„Ich könnte Dir aber auch mein Schlafzimmer vermieten. Wäre sicherlich billiger !“
stichelte Richie.

„Richie, ich brauch kein Schlafzimmer ! Das hab ich ja selbst !“

Jon`s Blick war versonnen auf den Küchenblock gerichtet.
Richie, gerade im Begriff aus seiner Tasse zu trinken, ließ seinen Arm langsam sinken und sah uns beide ungläubig an.

„Dort ? Hier ?“

Jon grinste nur und ich war mir sicher, dass mein Gesicht in dem Augenblick einer vollreifen Tomate glich. Herr, lass den Boden aufgehen und mich darin verschwinden !

„Also ehrlich !“ polterte ich los.

„Ich hab nix gesagt !“ erwiderte Jon mit erhobenen Händen.

„Das reicht auch so ! Dein Gesicht spricht Bände ! Habt Ihr eigentlich kein anderes Thema heute ?“ schalt ich die beiden.

„Nö !“ kam aus beider Mund gleichzeitig.

Die beiden sahen mich provozierend an und irgendwie kam ich mir in diesem Moment ziemlich blöd vor. Männer ! Es war mir peinlich, obwohl ich Richie mittlererweile sehr innig verbunden war. Trotzdem war es mir unangenehm, dass er wusste, dass wir dort…. auf dem Küchenblock….

„Muss man so was eigentlich gleich am nächsten Tag breit treten ? Muss man so was überhaupt breit treten ?“ fragte ich erbost.

„Du wolltest beweisen, dass wir Amis verklemmter sind als Ihr Europäer. Und das ist Dir leider nicht gelungen !“ frotzelte Jon.

„Deswegen muss man das nicht immer gleich erzählen, oder ?“

„Ach komm schon ! Es ist doch nichts schlimmes !“ versuchte Richie mich zu beruhigen.

„Süße….“

„Nix Süße !“ polterte ich weiter.

Sie sahen mich beide wie zwei Schuljungen an, die bei einem Streich ertappt worden waren. Und so langsam wurde mir die Situation bewusst und vor allem die Gesichter der zwei ließen mich in lautes Gelächter ausbrechen. Es dauerte nicht lange, und sie lachten aus vollem Halse mit.

Richie verzog sich nach Hause, Jon wollte noch etwas in seinem Büro arbeiten und ich setzte mich an das kleine Tischchen im Schlafzimmer, von dem aus man einen traumhaften Blick auf den Garten hatte. Ich sollte endlich wieder mal an meinen Songtexten weiter herumfeilen …. Es war still im Haus. Kein Ton war zu hören. Eigentlich ideal, um in Ruhe zu arbeiten, und doch schweiften meine Gedanken immer wieder ab. Ich musste an die Ereignisse des letzten Tages denken. Vor allem an den vergangenen Abend. Jon war so unglaublich süß gewesen, ein Romantiker allererster Sahne…. Was er alles veranstaltet hatte, um mit mir ein paar Stunden allein zu sein…. So etwas hatte noch nie ein Mann für mich getan…. Sich soviel Mühe gegeben…. Mit wurde heiß, als ich daran dachte, wie wir miteinander geschlafen hatten, dort auf der Terrasse…. Ich fuhr mir über die Stirn und versuchte, es wegzuwischen. Doch es gelang mir nicht.

„Wenigstens in diesen Augenblicken gehörst Du mir….“

Der Satz von ihm erklang immer und immer wieder in mir. Ich sah auf das leere Blatt Papier, das vor mir lag. Auch dort standen die Worte, wie in Stein gemeißelt.
Leise tapste ich die Treppe hinunter und schaute unschlüssig auf die Tür zu seinem Arbeitszimmer. Sie war geschlossen. Ich schlich leise dorthin und lauschte. Doch es war nichts zu hören. So nahm ich all meinen Mut zusammen und pochte leise.

„Ja ?“ hörte ich Jons Stimme.

Nach einem tiefen Schnaufer drückte ich die Klinke langsam hinunter und trat ein.
Er empfing mich mit einem Lächeln, das jedoch etwas fragend war.

„Schatz, kann ich Dich kurz stören ?“ fragte ich leise.

„Natürlich, was gibt`s denn ?“

„Jon…. Ich….“

Er lachte leise auf und streckte seine Hand einladend aus.

„Na komm schon her !“

Unsicheren Schrittes ging ich zu ihm.

„Was stotterst Du denn ? Fällt es Dir so schwer, mit mir zu reden ?“

Wieder war da dieses Lächeln, diese strahlenden blauen Augen, der erwartungsvolle Blick und ich fühlte mich wie das Kaninchen vor der Schlange. Er zog mich auf seinen Schoß und sah mich liebevoll an. Doch er half mir nicht, sondern wartete ab.
Noch einmal holte ich tief Luft und plötzlich sprudelte es nur so aus mir heraus.

„Jon…. gestern Nacht…. Du hast gesagt…. ich weiß jetzt nicht…. och Mensch !....nun…. als wir…. als Du….. kurz bevor….“

„Honey, was hab ich denn gesagt ?“

„Du sagtest: „Wenigstens in diesen Augenblicken gehörst Du mir….“ Und ich möchte nun echt wissen, was Du damit meinst.“

So, jetzt war es raus. Ich spürte, wie die Steine nur so polterten.
Er sah mich nachdenklich an.

Mittwoch, 4. November 2009

Kapitel 233

Kopfschüttelnd grinste ich mir einen und suchte das Bad auf, um mich zu schminken. Dieser Mann war einfach unglaublich ! Er schaffte es sogar, mit der Frau mit der er seit einigen Monaten zusammen war, in seinem eigenen Haus ein Date auszumachen ! Was hatte er vor ?

Neugierig ging ich leise die Treppen hinunter, durchmaß das große Wohnzimmer und lugte heimlich durch die Glastüre nach draußen. Zum zweiten Mal an diesem Abend verschlug es mir die Sprache.
Alles, aber auch wirklich alles war mit brennenden Kerzen dekoriert, sogar auf dem Pool schwammen einige. Auf den Stühlen rund um den Tisch lagen weiße Decken, so drapiert, als wären sie zufällig dort. Neben dem Tisch stand ein riesiger Strauß. Mit meinen Lieblingsblumen. Frühlingsblumen. Ein wallendes, überbordendes Gebilde, das seinen Duft bis zu mir hinüber verströmte. Die Kerzen flackerten leicht in der sanften Brise und warfen mit ihren Schatten ein unwirkliches Licht auf die Terrasse. Vor lauter Staunen war ich nicht fähig, auch nur einen weiteren Schritt hinaus ins Freie zu tun. Plötzlich tauchte wie von Geisterhand ein gefülltes Champagnerglas vor mir auf.

„Hi.“

Ich drehte mich langsam zu ihm um.

„Jon….“ Das war alles, was ich gerade noch heraus brachte.

Er sah mich mit gespieltem Erstaunen an und konnte sich sein Lachen doch nicht verkneifen.

„Du bist….“ war alles, was ich sagen konnte.

„Ja ?“

Er stieß mit seinem Glas an meinem an.

„Cheers !“

„Cheers !“

Um mich zu fassen und Zeit zu gewinnen, nahm ich einen extra großen Schluck.
Er fasste mich ohne ein Wort an der Hand und führte mich an den Tisch. Galant zog er einen Stuhl zurück und trat hinter mich, damit er ihn nachdem ich mich gesetzt hatte, vorschieben konnte. Lächelnd füllte er mein bereits leeres Glas wieder auf.

„Darf ich Dir vorlegen ?“

Vollkommen verwirrt und doch ziemlich nervös geworden, sah ich auf den wundervoll gedeckten Tisch. Jon hatte sich nicht lumpen lassen, sogar sein allerbestes Geschirr war eingedeckt. Zum Essen gab es meine absolute Lieblingsspeise. Frischen, grünen Salat, duftendes, noch warmes Brot, Knoblauchbutter, gegrillte Langusten und verschiedene Dips. Er arrangierte das Essen sehr sorgfältig auf dem Teller. Als er es mir gereicht und seinen Teller ebenfalls gefüllt hatte, setzte er sich mir gegenüber und öffnete eine Flasche eisgekühlten Weißwein.

„Möchtest Du ?“

„Ja bitte !“

Nachdem er uns beiden eingeschenkt hatte, stießen wir an.

„Auf diesen Abend !“ brachte ich als Toast vor.

„Auf diesen Abend und die Nacht, die darauf folgen wird,“ gab er zurück.

Das Blitzen in seinen Augen blieb mir nicht verborgen und insgeheim beschlich mich nun das Gefühl, Jon könnte etwas damit zu tun haben, dass meine Eltern heute Abend nicht hier waren.

„Schön ruhig heute, oder ?“ begann ich zu stochern.

„Ja, wir sind endlich mal wieder alleine.“

„Was macht eigentlich Richie heute ?“ fragte ich und hoffte, dass meine Stimme so unbeteiligt klang, wie ich mir das so dachte.

„Richie ist mit Tini und Tom in einen neuen Club.“

„Echt ? Komisch, keiner von denen hat was gesagt.“

„Wärst Du lieber mit, als mit mir hier zu sitzen ?“ fragte er lächelnd.

„Nein nein ! Natürlich nicht ! Nur seltsam, dass alle verschwunden sind und ich weiß nix davon.“

So, nun war es raus. Doch Mr. Rockstar lächelte nur.

„Ich nehme an, Du hast Rosita freigegeben ?“

„Joa, hat sie sich auch längst mal wieder verdient.“

„Du hast aber nicht zufällig meine Eltern zum Essen eingeladen ?“

„Wie eingeladen ? Sie sind doch in der Stadt.“

„Ja, das heißt aber nicht, dass Du nicht die Rechnung bezahlst.“

„Kann ich doch auch mal machen. Schließlich hat Deine Mam die letzte Zeit oft genug für uns gekocht und gesorgt.“

„Und die anderen drei sind natürlich rein zufällig auf die Idee mit dem neuen Club gekommen ?“

„Nö. Ich hab ihnen heute Morgen davon erzählt.“

„Jon ! Du hast Ihnen nicht davon erzählt, Du hast sie mit irgendeinem Lockmittel dorthin geschickt !“

„Okay, okay. Ich geb`s ja schon zu.“

Er hob abwehrend die Hände.

„Das hast Du ja mal wieder geschickt eingefädelt, mein Schatz !“

„Hat doch funktioniert, oder ?“

„Das hat es.“

Wir widmeten uns wieder unserem Essen. Es schmeckte wirklich köstlich. Den Wein hatte er sehr gut dazu ausgesucht, ein richtiger Sommerwein. Süffig, leicht und doch ein volles Geschmackserlebnis. Er passte hervorragend. Es war ein wunderschöner Abend. Wir genossen es beide sichtlich, zuhause ungestört füreinander Zeit zu haben, zu essen, zu trinken, zu reden…. Jon hatte es tatsächlich geschafft, dass ich mich fühlte, wie bei unserem ersten Date hier. Unser erster Abend…. Wie aufgeregt ich war….

„An was denkst Du ?“ fragte er mich amüsiert.

„Du kannst doch eh meine Gedanken lesen, also warum fragst Du ?“

Er lächelte zurück.

„Ich höre es aber lieber von Dir selbst.“

„Also gut. Ich dachte gerade an unseren ersten Abend hier.“

„Du warst so nervös….“ lachte er leise auf.

„Ja, und heute bin ich nicht weit davon entfernt.“

„Na ja, inzwischen kennst Du mich doch ein wenig besser ?“

Er hatte den Kopf leicht zur Seite gelegt und hielt sein Weinglas lässig in der Hand.
Es war wieder soweit.
Mr. Charme himself spielte sein Spiel. Er lachte sein Lachen, er spielte mit seinen Blicken, seine ganze Körperhaltung war eine einzige Provokation. Wie zufällig streifte seine Hand die meine, als er nach meinem Glas griff, um nachzufüllen. Ich wusste genau, was er dachte. Ich wusste genau, was er vorhatte. Und er wusste genau, dass ich mir in diesem Moment wieder wie ein Teenager vorkam. Er machte mich verrückt.

Als er das Geschirr zusammenstellte, war es nicht leicht für mich, seinen zufälligen Berührungen auszuweichen. Kurz entschlossen stand ich auf und machte mich daran, die Sachen in die Küche zu bringen. Natürlich kam er mir nach. Natürlich stand er an der Spüle ganz dicht hinter mir. Natürlich streifte sein Atem rein zufällig über meinen Nacken. Ich erschauderte.

Mit dem letzten Rest Beherrschung öffnete ich die Tür des Küchenschrankes, um die Reste von den Tellern in die Tonne zu werfen. So leicht wollte ich es ihm nicht machen. Dass wir bereits ein Paar waren, sollte ihn nicht davon abhalten, mich trotzdem erobern zu müssen. Als ich wieder nach draußen kam, hörte ich die leise Musik.
Ich setzte mich wieder auf meinen Platz.
Als Jon wieder nachschenken wollte, legte ich die flache Hand auf das Glas.

„Willst Du nichts mehr ?“ fragte er leicht enttäuscht.

„Nein, sonst bin ich schon vor dem Dessert betüdelt.“

„Na dann,“ gab er zur Antwort und schenkte trotzdem ein.

„Hey !“

„Süße, wir sind fertig mit Essen. Das Dessert bin ich !“

Er stand auf, ohne auf meinen Gesichtsausdruck zu achten, trat hinter mich. Sanft schob er meine Haare zur Seite und küsste mich mit diesen zarten, leichten und doch fordernden Küssen auf die Halsbeuge. Er wusste, dass er mich damit in kürzester Zeit in den Wahnsinn treiben konnte.
Seine Hände strichen fast unmerklich über meine Schultern. Wie unbeabsichtigt streifte er meine Brüste und fuhr mit den Fingerspitzen an meinen Seiten entlang.
Er merkte, wie ich unter diesen Berührungen erzitterte, er schob seine Hände unter mein Shirt. Ich legte den Kopf zurück, um ihn ansehen zu können. Der triumphierende Blick setzte mich schach-matt.

„Komm !“

Er zog mich an beiden Händen hoch und schob mich vor sich her zu den Sonnenliegen. Kaum lagen wir darauf, wurde mein Shirt hochgeschoben und meine Shorts ausgezogen.

„Neue Unterwäsche ?“ flüsterte er, bevor er mich hinter das Ohr küsste.

„Ja, lass sie bitte ganz !“

„Kann ich nicht versprechen.“

„Du brauchst es nicht zu versprechen, Du musst sie nur nicht kaputt machen.“

„Ich kann nichts dafür.“

Er fuhr mit seinen Fingern durch meine Haare und sah mich durchdringend an.

„Ne ne, Du kannst niemals für irgendwas.“

„Honey, Du bist selbst schuld. Weißt Du eigentlich, wie Du auf mich wirkst ? Überhaupt in solchen Dessous ?“

Ich grinste nur, und dieses Mal war er es, der in ein vom Triumph erfülltes Lachen schaute.

„Na warte !“ drohte er mir mit einem heiseren Lachen.

Seine Finger streichelten sanft und fast unmerklich über meinen Rücken. Sein Atem wehte über meinen Hals und meinen Brustansatz. Ein erlösender Seufzer meinerseits stachelte ihn nur weiter an. Seine Lippen fühlten sich sehr heiß an, als er mich nahe am Rand meines BHs küsste. Seine Zunge fuhr an den Trägern entlang. Meine Haut wurde von Gänsehautschauern überrannt.

Er bog meinen Kopf zurück und drückte mich fest an sich. Ich verlor jegliche Contenance und ließ mich treiben, ließ mich von ihm verführen, berauschte mich an seinem Geruch, war gierig nach seinen Berührungen. Wie schon so oft, war ich ihm gänzlich ausgeliefert. Er wusste es. Er genoss es.

„Sag mir was Du denkst,“ flüsterte er.

„Dass Du mich noch in den Wahnsinn treibst.“

„Ist das alles ?“

„Nö.“

„Was noch ?“

„Ich möchte Dich endlich spüren.“

Wieder lachte er dieses heisere, kehlige Lachen und kam meinem Wunsch nur allzu gerne nach. Er nahm von mir Besitz.

„Wenigstens in diesen Augenblicken gehörst Du mir….“

Sonntag, 1. November 2009

Kapitel 232

Arm im Arm schlenderten wir zu den anderen zurück. Nachdem ich mir das Gesicht gewaschen und die Spuren der Tränen beseitigt hatte, setzte ich mich wieder dazu und wir arbeiteten weiter, bis die Sonne unterging. Tini rieb sich müde die roten Augen und streckte sich genüsslich, die Jungs wurden langsam unruhig, schließlich wollten sie heute Abend noch auf die Piste. Ich grinste leise in mich hinein.

Mittlererweile hatten die vier ein großes Haus angemietet und so etwas wie eine Edel-WG gegründet. Sie hatten eine Haushälterin, einen Gärtner, eine Köchin und die Poolfirma schaute regelmäßig vorbei. Man konnte sich also bildlich vorstellen, wie es dort auf und zu ging….. Wir verabredeten und für den nächsten Nachmittag, um weiter zu machen.

Als alle verschwunden waren, lief ich schnell nach oben und zog meinen Bikini an. Ich brauchte dringend Bewegung um die letzten Stunden abzuschütteln. Der Pool war einfach klasse ! Die Größe, vor allem die Länge ließ es zu, dass man sich richtig auspowern und lange Bahnen schwimmen konnte. Ich zwang mich, gleichmäßig und ruhig zu kraulen und mich ganz auf die Bewegungen zu konzentrieren. Irgendwann sah ich zwei Beine im Wasser baumeln und schwamm direkt darauf zu. Dort angekommen, hob ich den Kopf und sah in ein strahlendes Paar blauer Augen.

Jon beugte sich nach vorne und wollte mich aus dem Wasser ziehen. Doch er hatte die Rechnung ohne mich gemacht und landete platsch ! neben mir im Pool. Wir alberten wie üblich herum, bis wir beide völlig außer Atem waren. Er legte den Kopf zur Seite und gab sein verschmitztes Grinsen zum Besten. Er streckte den Arm nach meiner Hand aus und zog mich langsam an sich. Sein Gesicht war meinem nun ganz nahe und wir beide spürten die Spannung, die zwischen uns war. Ich lag in seinen Armen und spürte seine Lippen auf den meinen. Nur zu bereit willig öffnete ich diese und gewährte im Einlass. Den ersten, noch zaghaften Küssen folgten wilde, leidenschaftliche, die das Knistern nur noch steigerten. Meine Hände strichen an seinen Seiten entlang und er erschauderte sichtlich. Sein Kopf lag im Nacken und sein Atem ging merklich schneller. Doch da, er öffnete die Augen, griff nach meinen Händen. Er hielt sie fest.

„Sorry, Schatz. Könnten wir vielleicht vorher noch eine Kleinigkeit essen ?“

Ich musste lachen, als ich sein jungenhaftes Gesicht sah.

„Okaaaay, aber nur wenn Du nicht vergisst, was wir gerade vorhatten.“

„Wie könnte ich das jemals vergessen ?“ gab er grinsend zurück bevor er mich nochmals mit einem langen Kuss gefühlsmäßig in den Zustand brachte, in dem ich mich vor dem Lachen befunden hatte.
Trotzdem stiegen wir aus dem Pool und Jon reichte mir eines der großen, flauschigen Handtücher. Blitzschnell hatte er sich hinter mich gestellt und rubbelte mir sanft den Rücken trocken. Meine langen Haare hatte ich vorher zusammen gedreht und so das Wasser herausgedrückt. Sie lagen in einem dicken Strang auf meiner Schulter. Ich spürte, wie er diesen zur Seite schob und mich sanft auf meine Halsbeuge küsste. Ein wohliger Schauer fuhr durch meinen Körper.

„Ich dachte, Du hast Hunger ?“ brachte ich mit dem letzten Rest Beherrschung hervor und blieb regungslos stehen.

„Hab ich auch. Allerdings könnte ich ja gleich mit dem Dessert anfangen….“ flüsterte er.

Nun drehte ich mich zu ihm um.

„Schatz, so lange meine Mam hier ist, kannst Du das glatt vergessen ! Erst die Vorspeise, dann der Hauptgang, dann der Nachtisch ! Und das alles frisch gekämmt, die Hände sauber gewaschen und in standesgemäßer Kleidung !“

„Okay, das mit dem Kämmen, den Klamotten und den Händen krieg ich auf die Reihe. Aber kriegst Du auch die drei Gänge auf die Reihe ?“

Sein spöttischer Blick war nicht zu übersehen und nach einem Klaps auf seinen Hintern antwortete ich:

„Also, die drei Gänge schaff ich gerade noch so, aber Du ? Schließlich hast Du ein paar Jährchen mehr auf dem Buckel….“

Weiter kamen wir mit unserer kleinen Diskussion nicht, denn meine Eltern kamen auf die Terrasse um sich für den Abend zu verabschieden. Sie wollten in die Stadt, um dort in einer kleinen italienischen Trattoria zu essen. Wir wünschten ihnen viel Spaß und sahen ihnen noch nach, wie die beiden den Garten verließen.

„Echt süß, wie die beiden miteinander umgehen,“ sagte Jon versonnen.

„Ja. Und sie sind immer noch ineinander verliebt. Sie haben bestimmt einen ganz romantischen Abend geplant. Das machen sie daheim auch immer.“

„Tja, ich würde mal sagen, für mein romantisches Abendessen läuft`s ja bestens !“
Er grinste dieses unverschämte Grinsen, rieb sich feixend die Hände und noch bevor ich kontern konnte, sagte er spitzbübisch:

„Ich gebe Rosita noch Bescheid wegen unserem Essen und dann gehen wir duschen.“

„Mach das. Alles weitere wird sich dann finden,“ frotzelte ich.

„Überleg Dir bloß keine Dummheiten ! Ich werde Dich finden !

Lachend warf ich mit dem Handtuch nach ihm und er versuchte vergeblich, sich weg zu drehen. Es traf ihn mitten im Gesicht und sein Ausdruck war einfach nur zum Schießen. Ich konnte gerade noch im Haus verschwinden, als das Handtuch auch schon gegen die Terrassentür flog. Immer noch lachend und kopfschüttelnd flitzte ich nach oben Richtung Bad.

Nachdem ich geduscht hatte, zog ich mich sorgfältig an. Es war immer noch verdammt heiß an diesem Abend. Die Hitze lag brütend über der Stadt. Auch unten im Garten. Trotz der großen Bäume dort, die tagsüber viel Schatten spendeten. Der ewige Sommer in Kalifornien…. Es ging kein Luftzug, kein Blatt bewegte sich. Hoffentlich kühlte es in der Nacht wenigstens ein bisschen ab, so dass ich schlafen konnte. Ratlos stand ich vor dem Schrank und überlegte, was ich anziehen sollte. Jon war unter der Dusche und hatte anscheinend viel Spaß. Die ganze Zeit über pfiff er vergnügt „Sweet home Alabama“ vor sich hin. Also, singen konnte er eindeutig besser. Das, was da aus dem Bad tönte, war schon ziemlich schräg. Vor mich hingrinsend entschied ich mich schließlich für einen kurze, schwarze Hose und ein weißes Top.

Immer noch fröhlich pfeifend kam er endlich aus dem Bad, stellte sich vor seinen Schrank und kramte darin herum. Die Türen standen offen, so dass ich nicht sehen konnte, was er anzog. Was ich dann allerdings einige Minuten später zu sehen bekam, verschlug mir den Atem. Er trug wieder diese unverschämte, weiße Cargohose, in der sein Hintern mich auf den Gedanken brachte, einfach kräftig rein zu beißen. Dazu ein legeres, oliv grünes Shirt, bei dem die Knopfleiste die Brusthaare heraus blitzen ließ. Seine weizenblonden Haare waren eben handtuchtrocken und verstrubbelt. Oh, ich könnte ihn !

„Versteht Deine Mam das unter ‚Standesgemäßer Kleidung’?“

Er grinste und hielt mir artig seine Hände hin.

„Die sind auch sauber gewaschen !“

Ich brach in lautes Gelächter aus.

Wieder vor sich hin pfeifend ging er aus dem Schlafzimmer. An der Tür drehte er sich noch um und meinte:

„Ich erwarte Dich auf der Terrasse. Allein !

Sprach`s und ließ die Tür hinter sich in`s Schloss fallen.

Allein ? Ich schaute mich suchend um. Wen zum Beispiel sollte ich etwa noch mitbringen ?