Sonntag, 27. Dezember 2009

Kapitel 244

Szenenwechsel:

Jon hatte sich schnell umgedreht, als sie gegangen war. Er konnte es nicht ertragen, sie aus der Türe gehen zu sehen. Aus seinem Blickfeld. Mit großen Schritten ging er zum wartenden Wagen zurück und ließ sich auf die weichen Lederpolster fallen. Der Fahrer fragte wohin er fahren solle und Jon sagte nur:

„Nach Hause.“

Mitten in der Stadt gerieten sie in einen Stau. Unwillig griff Jon nach seinen Zigaretten und zündete sich eine an. Er sah zum Fenster hinaus, beobachtete das emsige Umherwuseln der Menschen auf den Gehsteigen, wie sie an den Ampeln standen und auf Grün warteten. Und doch tauchte immer wieder ihr Gesicht vor ihm auf. Er nahm einen Zug und inhalierte tief. Sie hatte so zerbrechlich gewirkt.

„….regle Deine Angelegenheiten…. konzentrier Dich darauf…. Deine Kraft dafür brauchen…. Das, was vor Dir liegt…. Mach Dir keine Gedanken um mich, ich schaff das schon….. bin bald zurück….“

Einen Lidschlag später fühlte er sich fürchterlich einsam. Warum nur fiel ihm der Abschied von ihr jedes verdammte Mal so schwer ? Warum spürte er immer und immer wieder diese Eisenklammer um sein Herz ?
Er drückte grübelnd seine Zigarette aus und nahm sich fest vor, den restlichen Tag mit Sport zu verbringen. Das würde ihm sicherlich helfen, die dunklen Gedanken zu vertreiben. Ja, Bewegung war das Richtige !

Zuhause angekommen, lief er die Treppen hoch um sich umzuziehen. Hektisch kramte er in seinem Schrank herum, bis er seine Trainingsklamotten gefunden hatte. Mit Sandys MP3-Player, Sonnenbrille und Base-Cap bewaffnet, verließ er das Haus und bog kurz darauf in den Park ein. Er rannte, als wäre der Teufel hinter ihm her. So kam es, dass er sich nur wenig später erschöpft an einen Baum lehnte. Sein Puls raste, sein Herz klopfte, der Schweiß brach in Strömen aus ihm heraus. Er beugte sich nach unten, stützte sich mit beiden Armen an seinen Knien ab und versuchte, zu Atem zu kommen.
Hier lief sie auch immer.

Traurig schüttelte er den Kopf. Er konnte hingehen, wo er wollte. Sie war überall.
Sein MP3-Player spielte ‚Take it easy on me’ von The little river band. Auch das noch ! Der Titel war einer ihrer absoluten Lieblingshits.
Trotzdem zwang er sich, den Song anzuhören, bis er wieder bei Kräften war. Weitaus ruhiger und langsamer lief er den Weg zurück zu seinem Haus. Dort stellte er sich unter die Dusche. Nachdem er sich angezogen hatte und seine Haare trocken waren, begab er sich in den Keller in das zwar kleine, aber doch mit der modernsten Technik ausgestattetem Studio. Er setzte sich auf einen der herumstehenden Barhocker und begann auf seiner Gitarre zu spielen. Rasch war er einer Melodie verfallen, die ihm urplötzlich eingefallen war. Er holte sich Papier und Bleistift und schrieb die Textfragmente auf, die durch sein Hirn schossen. Rosita brachte ihm eine Kanne Pfefferminztee und als er gedankenverloren an seiner Tasse nippte, wusste er plötzlich ganz genau, warum die Lauferei für Sandy so immens wichtig war.
Er hatte seinen Kopf freibekommen. Er war ruhig geworden.
Dann überzog ein Grinsen sein Gesicht. Was sie wohl sagen würde, wenn sie seine Überraschung entdeckte ?

Szenenwechsel:

Wir zwei Mädels hatten viel Spaß mit der Packerei und trieben einigen Schabernack. Immer wieder war ich versucht, die schweren Kartons zu heben, doch Tanja passte auf mich auf und nahm sie mir ab.

„Dein Rücken !“ rief sie grinsend.

Ich legte eine kurze Pause ein und beobachtete sie.

„Sag mal, willst Du nicht die nächsten Tage hier übernachten ?“

Sie sah mich überrascht an.

„Ich meine, es ist doch unsinnig, abends nach München zu fahren und morgens wieder her. Oder übermannt Dich die Sehnsucht nach deinem spanischen Torero ? Und wenn Du nicht so gerne bei Deinen Eltern wohnst….“

„Hmmm…. Wär eigentlich keine schlechte Idee…. Wenn`s Dir nix ausmacht ?“

„Was soll`s mir denn ausmachen ? Wir machen uns ein paar schöne Tage und ich bin froh, dass Du hier bist !“

„Okay ! Wer weiß, wann wir mal wieder soviel Zeit für uns haben ?“

Am Abend waren wir so weit, dass ich am nächsten Tag die Bilder und Dekosachen abnehmen und ebenfalls einpacken konnte. Dann war die Küche dran. Tanja hatte sich zum Chinesen aufgemacht, um unser Abendessen zu besorgen. Nach dem Duschen stellte ich fest, dass ich durch das Schwitzen eine ganz schön trockene Haut bekommen hatte. Ich suchte nach meinem Rucksack, der immer noch da stand, wo ich ihn bei meiner Ankunft hingeworfen hatte. Ich öffnete den Reißverschluss und stutzte.
Was war das ?

In weißes Packpapier gewickelt….er hatte…. nein !.... also….
Vor mir lag ein nagelneues Paar Laufschuhe. Ich betrachtete sie von allen Seiten. Als ich mit einer Hand in einen Schuh fuhr, spürte ich ein kleines Stück Papier. Langsam faltete ich es auseinander.

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Ich wünsch all meinen Leserlein frohe Weihnachten !

Lasst Euch reich beschenken, genießt das Essen und die hoffentlich ruhigen Tage !

Eure Missi

Sonntag, 20. Dezember 2009

Kapitel 243

Zwölf lange Stunden später landeten wir in Deutschland. Wir bedankten uns bei Sean und dem Bordpersonal für den Flug und stiegen aus. Am Mietwagenschalter nahm ich ein Auto und endlich fuhren wir nach Hause. Ich setzte meine Eltern ab und fuhr noch rasch an der Tanke vorbei. Frustfutter kaufen. Mit den Plastiktüten beladen, den Rucksack über der Schulter schloss ich die Wohnungstür auf. Ich gab ihr einen Tritt mit dem Fuß und sie fiel unangenehm laut zu. Es war unnatürlich still hier. Zum ersten Mal seit Monaten war ich ganz allein. Ich zog schaudernd die Schultern zusammen und machte mich daran, die Einkäufe zu verstauen. Da ich die Stille nicht mehr aushielt, schaltete ich den Fernseher ein, schob eine Tiefkühlpizza in den Ofen und öffnete eine Flasche Rotwein. Gemütlich pflanzte ich mich auf das Sofa und schaute einen Tatort an. Da war er also. Der letzte Fernsehabend in meiner Wohnung. Mein Handy piepste.

„Hallo Süße ! Ihr seid gut angekommen, sagte mir Sean ? Hoffe, Dir geht es gut ! Ich vermisse Dich jetzt schon. Mir graut davor, allein in unserem Bett zu schlafen und morgens ohne Dich aufzuwachen. Schlaf gut und träume was schönes ! Ich liebe Dich.“

Er war natürlich wie immer bestens informiert ! Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich las, dass er mit dem Piloten gesprochen hatte. Schnell drückte ich auf „Antworten“ und tippte los.

„Hallo Honey ! Ja, wir sind gut angekommen, es lief alles glatt. Schlaf trotzdem schön ! Du kannst ja von mir träumen ‚ Ich liebe Dich und Du weißt gar nicht, wie sehr !“
Darunter setzte ich noch: „Little runaway.“

Langsam lehnte ich mich in den Polstern zurück und kurz darauf war ich eingeschlafen. Mit dem Pizzateller auf dem Schoß.
An der Tür klingelte es Sturm. Verschlafen rieb ich mir die Augen und sah verwirrt auf die Uhr. Es war bereits nach neun. Wer war das jetzt ?
Schlaftrunken stolperte ich zur Tür um zu öffnen.
Dort stand Tanja, mit einer Bäckertüte in der Hand.

„Hi Sandy !“ rief sie fröhlich aus.

„Tanja ! Mensch, ist das schön, Dich zu sehen !“

Wir fielen uns in die Arme und knuddelten uns fest.

„Komm doch rein !“

Ich zog sie an der Hand mit mir in die Küche.

„Hach, ist das schön, dass Du mal wieder hier bist ! Du hast mir ganz schön gefehlt, Tini übrigens auch ! Wie geht`s Euch denn da drüben ?“

„Ach, ganz gut. Es ist halt momentan ein wenig stressig. Du hast sicher darüber gelesen ?“

Tanja war Tanja. Und weil Tanja eben Tanja war, machte sie sich gleich daran, frischen Kaffee aufzusetzen und den Tisch fürs Frühstück zu decken. Grinsend sah ich ihr dabei zu, wie sie meine Küche in Beschlag nahm.

„Ja, hab ich. Ihr habt Euch die letzten Wochen ja nicht mehr gemeldet. Und bei dem was alles zu hören und zu lesen war, wusste ich, dass Ihr ganz schön Druck habt.“
„Da liegst Du richtig. Es war nicht immer leicht.“

„Nun erzähl mal ! Wie geht`s Deinem Rücken ? Wieder alles okay ?“

Sie lauschte ruhig meinem Bericht über den Unfall, die Therapie, meinem Leben mit Jon, der bevorstehenden Tour, einfach allem.

„Woher weißt Du eigentlich, dass ich hier bin ?“

„Ich bin gerade bei meinen Eltern zu Besuch. Ich hab Deine Mam gerade beim Bäcker getroffen und sie hat`s mir erzählt. Sie ist übrigens total begeistert von Jon. Muss ja ein richtiger Musterknabe sein.“

„Das ist er !“ lächelte ich.

„Aber Du ? Was machst Du ? Wir reden die ganze Zeit nur von mir…“

Sie strahlte mich an.

„Ich bin verliebt !“

„Waaasss ?“

Es klang einfach unglaublich. Tanja hatte wie ich so ihre Probleme mit den Männern, leider verliebte sie sich immer in die falschen. Irgendwann hatte sie für sich beschlossen, dass es Mr. Right wohl gab, jedoch nicht für sie. Und so holte sie sich dann und wann einen Mann in ihr Bett, der nach getaner Arbeit wieder verschwinden konnte.

„Joa, mich hat`s erwischt !“

„Wer ist er ?“ fragte ich atemlos.

„Ein Spanier. Juan. Galerist. Du weißt doch noch, dass ich letztes Jahr im Herbst diese Ausstellung in München hatte ?“

Ich nickte, an meiner Kaffeetasse nippend.

„Er hat damals ziemlich viele meiner Bilder und Skulpturen verkauft. Wir haben uns einige Male getroffen und da hat es dann gefunkt.“

„Neeeeiiiiinnn !“

„Doch. Er ist der absolute Wahnsinn, in jeder Beziehung !“

Sie zeigte mir auf ihrem Handy einige Fotos von ihm. Und er sah wirklich gut aus !

„Es gibt da nur ein Problem….“ sagte sie zögernd.

„Er ist verheiratet ?“

„Nein, das nicht. Aber wir…. Nun ja….“ stammelte sie.

„Nun red schon !“

Es brach aus ihr heraus, ich hatte einige Mühe ihr zu folgen, so schnell redete sie.

„Wir wollen nach El Hierro ziehen. Er hat ein Grundstück von seinen Großeltern geerbt. Wir bauen uns dort eine wunderhübsche Finca, ganz im kanarischen Stil. Und jetzt verzögert sich das ganze, weil die Baumaterialien nicht beikommen, die Handwerker schlampen, eben typisch spanisch halt.“

„Tanja, das ist doch nicht so schlimm. Dann zieht Ihr halt später dorthin.“

„Das wäre es ja nicht.“

„Was dann ?“

„Ich habe bereits meine Wohnung gekündigt, weil mich mein blöder Vermieter so unter Druck gesetzt hat. Jetzt muss ich so schnell wie möglich da raus. Und Du weißt, wie schwierig es ist, eine vernünftige Bude zu finden. Zu meinen Eltern will ich nicht. Außerdem haben die eh nicht soviel Platz.“

Mit hängenden Schultern saß sie da und es war ihr deutlich anzusehen, dass ihr das mächtig zu schaffen machte. Ich zog sie rasch in meine Arme und strich ihr tröstend über den Rücken.

„Süße, das ist doch nun wirklich kein Problem !“

Mit tränenumflorten Augen sah sie auf.

„Du kannst doch solange meine Wohnung nehmen !“

Ein Hoffnungsschimmer überzog ihr Gesicht.

„Wirklich ? Und Du ?“

„Schau, ich bin hier, weil ich meine Sachen zusammen packe. Ich zieh zu Jon !“

„Nein !“

„Doch. Und da ich es sowieso nicht übers Herz bringe, die Wohnung zu verkaufen, tätest Du mir einen Riesengefallen, wenn Du hier noch einige Zeit wohnen würdest.“

„Ehrlich ?“

„Sonst würde ich es nicht vorschlagen !“

„Danke ! Danke ! Danke ! Du bist echt meine Rettung !“

Sie fiel mir überschwänglich in die Arme und uns beiden fiel ein großer Stein vom Herzen.

„Ich hätte dich nämlich heute noch angerufen, ob Du mir beim Umzug helfen kannst ?“

„Natürlich helfe ich Dir !“

Also machten wir uns nach dem Frühstück daran, die Möbel die ich mitnehmen wollte mit Post-Its zu kennzeichnen. Zwischendurch rief ich beim Zollamt an, um mich zu erkundigen, wie ich am besten an einen Schiffscontainer kommen könnte. Die Dame am anderen Ende der Leitung informierte mich über die Modalitäten und ich bestellte ihn für kommende Woche.

„So, das wäre geschafft. Jetzt lass uns losgehen und Umzugskartons besorgen.“

Wir tigerten in den nächsten Baumarkt und deckten uns großzügig mit Verpackungsmaterialien ein.
Den Nachmittag verbrachten wir mit dem Ausmisten meiner Klamotten. Und ich sortierte gnadenlos aus. So konnte ich mich von Dingen trennen, die mich nur belastet hätten. Einige Oberteile schenkte ich Tanja. Mein Schrank in den Staaten war mittlererweile gut gefüllt

Dienstag, 8. Dezember 2009

Kapitel 242 - Verfluchte Abschiede.....

Wir liebten uns mit dieser Intensität, die zwei Liebende verspüren, wenn ein Abschied bevorsteht. Die Küsse waren mehr und länger, die Berührungen häufiger, die Blicke länger. So, als hätte jeder Angst, etwas zu verpassen, zu versäumen, etwas nicht zu tun. Und doch ließen wir irgendwann voneinander ab und schliefen eng umschlungen ein.

Nur wenige Stunden später wachte ich auf. Irgendwie war ich sehr unruhig. Mich hielt es nicht mehr im Bett und so stand ich vorsichtig auf, um Jon nicht zu wecken.

„Du brauchst nicht so rum zu schleichen, ich bin wach !“

Ich zuckte zusammen, als ich auf dem Weg zum Schrank seine Stimme hörte.

„Ich hoffe, ich habe Dich nicht geweckt ?“

„Nein, ich bin schon länger wach. Komm her !“

Er streckte seinen Arm nach mir aus und wir kuschelten noch ein paar Minuten miteinander, bevor wir uns nach unten begaben. Es folgte noch ein hastiges Frühstück, und dann war es auch schon Zeit, das Gepäck einzuladen und sich zu verabschieden. Rosita bedankte sich bei Mam für die Kochrezepte, und Mam tat dies bei ihr. Die zwei hatten sich sehr gut verstanden und waren so etwas wie Freundinnen geworden. Der Abschied fiel ihnen sichtlich schwer.

Dad hatte Richie im Arm und ich war sehr berührt von der Szene. Hätte ich auch nie gedacht, dass der Gitarrist meiner Träume eines Tages meinen Vater im Arm hält….

Tini und Tom huschten herein und auch sie wurden von uns geherzt und gedrückt. Glücklicherweise herrschte an diesem Morgen nicht viel Verkehr und wir kamen bald am Flughafen an. Schnellen Schrittes gingen wir in die VIP-Lounge und nur wenige Minuten später erschien eine Stewardess, um uns mitzuteilen, dass der Flieger bereit zum Start wäre.
Jetzt kam dieser Moment, den ich so sehr hasste.

An den ich mich niemals gewöhnen würde und auch nicht gewöhnen wollte.

Meine Eltern drückten nacheinander Jon an ihre Brust und wünschten ihm alles Gute für die bevorstehende Zeit, die er bewältigen musste.

„Du kannst immer bei uns anrufen, wenn Du Rat suchst, das weißt Du ?“

Mam stand vor Jon und strich fürsorglich eine Haarsträhne aus seinem Gesicht. Er strahlte sie warm und herzlich an.

„Ja, danke. Das weiß ich. Es ist sehr lieb von Euch !“

Sie umarmten sich ein letztes Mal und Jon nahm ihnen das Versprechen ab, immer zu Besuch zu kommen, wann sie wollten.

„Bitte pass auf meine Tochter auf, wenn sie bei Dir ist, Jon !“

Etwas mahnend klangen die Worte meines Vaters schon, doch auch dies quittierte Jon mit seinem Lächeln.

„Das kann ich dir ohne Wenn und Aber versprechen !“ gab er zurück.

„Nun komm, wir lassen sie noch ein wenig allein.“

Wir hielten uns an den Händen und sahen uns tief in die Augen, versuchten, darin zu lesen. Mein Herz klopfte wie verrückt und ich spürte das vertraute Gefühl in mir aufsteigen. Im Schleier meiner Tränen sah ich, dass auch Jon`s Augen wässrig wurden. Ich zog ihn an mich, sog seinen Geruch ein, atmete seine Luft. Seine Finger spielten mit meiner Kette, die ich um den Hals trug. Nachdenklich blickte er auf den Ring, der daran baumelte.

„Pass auf Dich auf, hörst Du ?“ sagte er sehr leise an meinem Ohr.

„Du aber auch !“

„Ich komm nach, so schnell ich kann.“

„Honey, regle Deine Angelegenheiten, bitte konzentrier Dich darauf. Du wirst Deine Kraft dafür brauchen. Das, was vor Dir liegt, wiegt um einiges schwerer als mein Umzug ! Mach Dir keine Gedanken um mich, ich schaff das schon. Ich bin bald zurück, okay ?“

Wieder sahen wir uns in die Augen, verloren uns im Blau des anderen. Nun konnten wir es nicht länger hinauszögern und küssten uns ein letztes Mal.

„Geh schon !“ flüsterte er mit brüchiger Stimme.

Ich drehte mich weg, um zu gehen. Unsere Hände glitten auseinander. Am Gate drehte ich mich noch einmal um. Doch er war bereits verschwunden. Das Herz wurde mir schwer.
Traurig ließ ich mich auf einen der Sitze fallen. Als ich die mitleidigen Blicke meiner Eltern sah, war es um mich geschehen, ich heulte hemmungslos.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Kapitel 241

Da ich nicht stören wollte, schnappte ich mir die Thermoskanne mit Kaffee, ging raus ins Freie und setzte mich auf unseren Lieblingsplatz. Das Mäuerchen. Das Tal lag in seiner unbeschreiblichen Schönheit unter mir. Niemals würde ich mich an diesem Anblick satt sehen können. Das satte Grün, das Sonnenlicht, die Palmen, das blaue Meer, es war unwahrscheinlich beruhigend.

„Hi.“

Ich hatte ihn nicht kommen hören. Sanft schlang der seine Arme um mich und setzte sich hinter mich. Ich reichte ihm meine Tasse und er nahm einen tiefen Schluck.

„Dein letzter Morgen hier.“

„Ja. Zumindest für die nächsten zwei Wochen.“

„Hmmm.“

„Hey, was hast Du ? Trennungsschmerz ?“

„Schon. Mir wäre es schon lieber, Du wärst hier die nächste Zeit.“

„Ich komm doch bald wieder. Und mit Deinen Terminen vergeht die Zeit sicher auch für Dich ganz schnell. Wahrscheinlich wirst Du mich gar nicht vermissen, vor lauter Stress.“

„Dich nicht vermissen ? So, wie Du mein Leben verändert hast ?“

Er schüttelte lächelnd den Kopf.

„Kann nicht sein. Vielleicht hab ich auch schon alles in trockenen Tüchern, bis Du zurück bist.“

Ich drückte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange.

„Glaube ich zwar nicht bei der Bürokratie, für die die amerikanischen Anwälte und Gerichte bei uns bekannt sind. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.“

„Du machst mir ja Mut !“

„Es hilft nichts, Dir irgendetwas vorzumachen. Ich meine, ich habe mich noch nie scheiden lassen, aber ganz so einfach wird das auch hier nicht sein. Und schon gar nicht bei einer Promi-Ehe.“

Wir schwiegen eine Weile.

„Versprichst Du mir etwas ?“

„Was denn ?“

Ich drehte mich etwas zu ihm, um ihn anzusehen.

„Dass Du auf Dich aufpasst. Dass Du nichts schweres hebst und Dich nicht überanstrengst.“

„Versprochen !“

„Hoch und heilig ?“

„Hoch und heilig !“

Ich hob meinen Zeige- und Ringfinger zum Schwur. Jon sah mich zweifelnd an.

„Wehe ! Ich setze Deine Eltern auf Dich an !“ drohte er lachend.

„Schon gut, schon gut ! Ich werde auf mich achten. Ich hebe nichts schweres, mache keinen Stress und gehe früh zu Bett.“

Er zog mich fest in seine Arme.

Lautes Rufen unserer Namen ließ uns aufschrecken.

„Jon, Sandy ! Frühstück !“

Wir lachten beide laut los.

„Wie wird mir das fehlen !“

„Wahrscheinlich wirst Du von der Ruhe erschlagen werden,“ witzelte ich.

„Kann gut sein ! Dann lass uns mal !“

Auf der Terrasse war bereits gedeckt und Rosita und Mam wuselten zwischen Küche und Tisch hin und her.
Wie üblich ließ Richie nicht lange auf sich warten.

„Guten Morgen ! Na, alle gut geschlafen ?“ rief er fröhlich in die Runde. „Hmmmm ! Frühstück ! Ich darf doch ?“

„Als ob Du sonst fragen würdest !“ stichelte Jon.

„Muss ich doch nicht, unter Freunden ?“

„Ne ne, fühl Dich wie zu Hause.“

„Dann ist ja gut.“

Richie grinste und griff nach den Brötchen.

„Ich muss mich doch auch von den dreien verabschieden !“

„Richie, so wie ich Dich kenne, verabschiedest Du Dich heute noch beim Mittagessen, beim Nachmittagskaffee, beim Abendessen und Morgen beim Frühstück.“

„So gut kennst Du mich ?“

Jon gab auf und wir lachten über den harmlosen Disput.

Der Tag verging wie im Flug. Ich packte nur wenige Sachen in meinen Rucksack. Brauchen würde ich nicht viel, zuhause hatte ich ja auch noch einiges. Zuhause. Wie fremd sich das doch anfühlte….
Nachmittags sprang ich in den Pool und genoss das kühle Nass. Zügig schwamm ich meine Bahnen und hörte erst auf, als ich das Gefühl hatte, dass ich wirklich erledigt war. Am Rand wartete Jon mit einem Cocktail in der Hand.

„Hier ! Den hast Du Dir verdient !“

„Oh, danke ! Aber ich muss das ausnutzen, so schnell komme ich nicht wieder Richtung Pool !“ lachte ich ihn an.

„Du musst nur ganz schnell alles einpacken und ganz schnell wieder zurück fliegen.“

„Werde ich machen !“

Gierig trank ich einen Schluck, fürsorglich wie er war, enthielt der Drink keinen Alkohol.

„Kommst Du dann mal aus dem Wasser ? Ich möchte noch etwas von Dir haben….“

Lächelnd reichte er mir seine Hand und half mir aus dem Pool. Kaum hatte ich das Wasser aus den Haaren gedrückt, legte er mir auch schon ein flauschiges Handtuch um die Schultern.

„Wenn Du mich weiterhin so verwöhnst, laufe ich Gefahr völlig lebensunfähig zu werden !“

„Okay, dann mach ich einfach so weiter !“ lachte er laut auf.

Den Abend verbrachten wir im Kreise unserer Lieben, aßen gemütlich zusammen, trennten uns jedoch recht früh. Vor dem Schlafzimmer angekommen, zog er mich in seine Arme und begann mich zu küssen, dass mir schwindelig wurde. Er schob mich vor sich her, bis wir am Bett angelangt waren. Die kleinen Küsse an meinem Hals und meinen Ohren taten ein übriges, so dass ich mich nur zu gerne auf das Bett sinken ließ. Mit seinen geschickten Fingern begann er mich auszuziehen. Er war unglaublich zärtlich in dieser Nacht, fast so, als hätte er Angst mich zu zerbrechen.

„Ich bin nicht aus Zucker,“ flüsterte ich.

„Aus Zucker nicht, aber vielleicht aus Wind….“

„Aus Wind ?“

„Später….“