Montag, 26. Oktober 2009

Kapitel 231

Sie war beim Kauf echt günstig gewesen, mehr hätte wohl auch keiner dafür bezahlt. Ich hatte unendlich viel Zeit in die Sanierung gesteckt und ohne die kleine Erbschaft, die mir meine Oma hinterlassen hatte, hätte ich das auch nicht finanzieren können. Aber sparsam, wie ich als Schwabenkind erzogen war, krempelte ich die Arme hoch und machte so gut wie alles selbst. Die Baumärkte in der Umgebung waren zu der Zeit mein zweites Daheim und die Verkäufer kannten mich alle schon beim Namen. Ich lächelte in mich hinein. Kein Wunder, wie ich die damals genervt und ausgequetscht hatte…. Einer der Jungs besuchte mich sogar einmal auf meiner Baustelle und zeigte mir, wie man Fliesen verlegt.

Beim Tapezieren, Verputzen und Streichen half mir Tini und wir hatten einen Mörderspaß. Natürlich hatten wir mehr Farbe und Putz an uns als an den Wänden. Aber wir haben viel gelacht. Am Tag vor dem Einzug hatten wir uns vorgenommen, alles gründlich durchzuputzen. Die Fenster, die Küche, das Badezimmer…. Einfach alles von oben bis unten. Bis spät in die Nacht schwangen wir die Putzlappen und den Staubsauger. Als Belohnung machten wir noch ein kaltes Bier auf, über dem wir dann, Schulter an Schulter auf dem Boden sitzend, an die Wand gelehnt, einfach einschliefen. Vermutlich hätten wir dort bis zum nächsten Morgen geschlafen, hätte Mam nicht nach uns gesucht. Schade, dass es davon kein Foto gab !

Nun war es endgültig vorbei, die Tränen liefen mir über mein Gesicht. Zu schwer wog die Erinnerung an die glücklichen Zeiten in meinen eigenen vier Wänden. Auf gar keinen Fall konnte ich diese Wohnung jemals verkaufen !
Bevor die anderen etwas bemerkten, stand ich schnell auf und lief ins Haus. In der Gästetoilette versuchte ich mich zu beruhigen, wusch ich mir mein verheultes Gesicht und ließ kaltes Wasser über meine Unterarme laufen. Danach schlurfte ich in die Küche, um nach frischem Kaffee zu schauen. Kaffee war eines der Dinge, die in diesem Haushalt immer reichlich vorhanden waren. Mit der vollen Kanne bewaffnet ging ich wieder zu den anderen zurück. Sie hoben die Köpfe und sahen mich erstaunt an.

„Was ist denn los, Sandy ?“ fragte Tini besorgt.

„Ach nichts.“

Ich sah zu Boden, damit es nicht allzu sehr zu sehen war, dass ich geweint hatte.

„Hey, komm schon ! Du hast ein total verheultes Gesicht !“

„Ist schon in Ordnung, lasst uns weiter machen,“ wehrte ich ab.

„So macht das doch keinen Sinn. Ich schlage vor, wir machen eine Pause und Du erzählst uns, was Dich umtreibt,“ sagte Tom vorsichtig.

Tini füllte zwei Tassen mit Kaffee, nahm mich an die Hand und zog mich energisch von den anderen fort. Wir gingen die paar Schritte zu der Bank, die unter zwei großen Bäumen stand. Manche Zweige hingen bis aus den Boden, so dass man dort etwas versteckt sitzen konnte. Wir schwiegen eine Zeitlang. Tini gab mir Gelegenheit, meine Gedanken zu sortieren und mich zu beruhigen.

„Wir saßen schon mal auf einer Bank und eine von uns war verzweifelt,“ sagte sie leise.

Ich sah erstaunt auf.

„Du weißt schon, damals in Barcelona,“ half sie mir auf die Sprünge.

Ich lächelte.

„Ja. Damals hast Du geheult wie ein Schlosshund.“

Sie lächelte ob der Erinnerung und nickte.

„Und ich war so schräg drauf wie Du heute !“

„Schräg drauf ? Ich weiß nicht, ob man das so bezeichnen könnte.“

„Doch, Süße ! Du bist schräg drauf !“

Sie sah mich eindringlich an und mir wurde klar, dass sie genau wusste, was mir solche Sorgen bereitete.

„Sandy, wieso machst Du Dir solche Gedanken wegen Deinem Umzug ? Du hast einen der tollsten Männer an Deiner Seite, Du ziehst in ein wunderschönes Haus, in einer der schönsten Gegenden, die man sich vorstellen kann. Jon legt Dir die Welt zu Füßen.“

„Ich dachte vorhin daran, als ich meine Wohnung gekauft und saniert habe…. Wie wir zwei gestrichen haben…. An den Tag, an dem wir wie die Wahnsinnigen geputzt haben….“

„Und wie wir eingepennt sind und Deine Mutter nach uns gesucht hat….“

Sie lachte auf, als sie daran dachte.

„Hach, das waren noch Zeiten ! Wie wir zwei ausgesehen haben, das war bestimmt zu göttlich !“

Wieder sah sie mich an und nahm meine Hände in die ihren.

„Sandy, schau doch ! Jon trägt Dich auf Händen, Ihr zwei könnt viel mehr Zeit zusammen verbringen, wenn Ihr zusammen lebt. Ihr habt ein Zuhause, einen Platz, der Euch gehört, an den Ihr Euch flüchten könnt, wenn die Welt da draußen zu irre wird. Ist Dir das denn gar nicht bewusst ?“

Wieder stiegen mir die Tränen in die Augen.

„Doch, schon. Aber was, wenn ich mich vor Jon zurück ziehen muss ?“

Sie sah mich verständnislos an.

„Waaas ?“

Nun fasste sie mich an den Schultern und schüttelte mich leicht.

„Du kannst bei Schwierigkeiten nicht immer abhauen ! Süße, so funktioniert das Leben nicht. Irgendwann musst doch sogar Du einmal erwachsen werden ! Außerdem glaube ich wirklich nicht, dass Du jemals vor Jon flüchten musst. So, wie der Dich liebt….“

„Jetzt im Moment….“ gab ich zu bedenken.

„Manchmal habe ich den Eindruck, dass Du gar nicht weißt, wie sehr….“

Tini schüttelte den Kopf, nahm wieder meine Hände und hielt sie fest.

„Weißt Du eigentlich, wie er Dich insgeheim nennt ?“

Sie wartete nicht ab, dass ich antwortete.

„My little runaway.“

Ich war fassungslos, mein Gesicht sprach sicher Bände, denn Tini sah mich unglaublich mitfühlend an. Sie wusste genau, was in mir los war.

„Er redet mit Dir über mich ?“

„Ja. Manchmal. Wenn er das Gefühl hat, dass Du ihm immer noch nicht vertraust, dass Du ihm glaubst.“

„Tini….“

„Lass nur. Ich bin mir sicher, er versteht das. Er hat nicht vergessen, wie sehr Dich die Sache mit Joe mitgenommen hat. Und in der kurzen Zeit Eurer Beziehung ist soviel geschehen, Ihr beide habt soviel erlebt. Man vergisst darüber immer wieder, dass Ihr erst ein paar Monate zusammen seid. Jon weiß das auch. Aber, es quält ihn schon sehr.“

Ich sah betrübt zu Boden. Little runaway…. Was mutete ich ihm da nur immer wieder zu ? Schließlich hatte er Probleme genug und eigentlich hatte ich mir gegenüber ja schon ein paar Mal geschworen, ihn zu unterstützen und nicht noch zusätzlich zu belasten. In diesem Moment mochte ich mich selbst überhaupt nicht und ich schämte mich. Tini hatte mich die ganze Zeit beobachtet und drückte meine Hände fest.

„Jetzt mach Dir keine Gedanken. Jon liebt Dich und für ihn ist es das größte, hier mit Dir zu leben. Also tu ihm den Gefallen und freu Dich doch darauf !“

Ich nickte betreten und sie nahm mich in ihre Arme.

„Danke, Tini !“

„Für was denn ?“ fragte sie lächelnd.

„Dass Du mir immer wieder den Kopf wäschst.“

Sie lachte laut auf und sah mich liebevoll an.

„Dafür sind Freunde doch da, oder ?“

Samstag, 24. Oktober 2009

Kapitel 230 - Umzugspläne

„Welchen ? Was willst Du denn raushandeln ?“ lachte Tom laut auf.

„Ich geb Euch ein paar von meinen Leuten, die Euch bei der Tour helfen und Du gibst Sandy noch zwei, drei Wochen Luft.“

„Wollt Ihr etwa schon wieder in Urlaub fahren ?“

„Nein nein ! Ihr Umzug steht noch aus und ich denke, es wäre gut, wenn wir das noch vor der Tour handeln könnten.“

„Ja sicher, das geht klar !“

Jon grinste mich frech quer über den Tisch an, er hatte die Hände gefaltet im Schoß liegen und wippte mit seinen Beinen. Die totale Entspannung ! Das hatte er ja wieder mal geschickt eingefädelt ! Und genau das ließ er sich ansehen. Ich grinste zurück und er schickte mir ein lautloses „Yes ! I got it !“, nicht ohne seine Faust zu ballen.

„Fliegt Ihr dann gemeinsam nach Deutschland ?“ fragte Mam.

„Ich lass sie auf keinen Fall alleine dorthin ! Sonst nimmt sie noch den Möbelpackern die Arbeit weg.“

„Werde ich eigentlich auch noch mal gefragt ?“ mischte ich mich ein.

„Nö,“ lautete seine knappe Antwort.

„Hallo ?!?!“

„Schatz, wenn ich auf Dich warte, passiert sowieso nichts. Wie lange und wie oft haben wir darüber schon gesprochen ?“

Ich war zerknirscht.

„Jaaah, Du hast ja Recht,“ gab ich zu und ich lächelte ihn entschuldigend an.

„Und weil Du so süß lächelst, helfe ich Dir auch beim Einpacken.“

Ich flitzte um den Tisch herum und landete auf seinem Schoß.

„Du bist echt ein Goldstück. Obwohl ich mir nur schwer vorstellen kann, dass Mr. Rockgott Geschirr einwickelt, Kartons mit Klebeband zuklebt….“

Er kitzelte mich, so dass ich quietschte und lachte mich an.

„Das wirst Du dann schon sehen ! Ich bin der weltbeste Umzieher, Kartoneinpacker und Kistenschlepper !“

„Dann könnten wir doch mitfliegen und Euch helfen ? Außerdem müssten wir auch mal wieder nach Hause und nach dem Rechten sehen.“

Dad sah Mam fragend an, die zustimmend nickte.

„Wir sind sowieso schon zu lange geblieben. Maggie und Bill können wir auf keinen Fall länger zumuten, dass sie das noch weiterhin machen.“

„Also, abgemacht ? Wir fliegen zusammen rüber ?“ fragte Jon.

„Abgemacht !“

Ich rieb mir freudig die Hände und konnte es kaum mehr erwarten, Jon beim Umzug zu erleben. Das würde bestimmt einen Höllenspaß bringen !

„Lass Dein diebisches Grinsen, Honey ! Du hast mir damals auch nicht zugetraut, dass ich klasse Burger zaubern kann. Und nenn mich nicht immer Mr. Rockgott !“

„Ist schon gut ! Wir werden es ja sehen !“

Und ich grinste weiter mein diebisches Grinsen. Allerdings nur so lange, bis ich seine Fingerspitzen auf meinem Rücken spürte.
Sie strichen sanft über das winzige Stückchen Haut, das zwischen meinem Shirt und meinem Hosenbund herausblitzte. Die Hitze schoss mir in die Wangen und ich legte schnell meine kühlen Hände darauf, auch um eine eventuelle Röte zu verdecken. Doch sein Gesichtsausdruck zeigte mir, dass es bereits zu spät war. Den Kopf zurück gelegt, den Mund offen stehend strahlte er mich erwartungsvoll und zugleich provozierend an. Als ihn mein wütender Blick traf, nahm er meine Nasensitze zwischen Daumen und Zeigefinger und rüttelte schelmisch daran. Um weitere Zwischenfälle wie das Streicheln meines unteren Rückens zu vermeiden, stand ich rasch auf und kehrte zu meinem Platz zurück. Vor meinen Eltern wäre mir das wirklich peinlich gewesen. Richie hatte natürlich mitgekriegt, was Jon gemacht hatte und grinste mich über alle vier Backen an. Auch ihn traf ein Zornesblick meinerseits und ich trank einen Schluck kaltes Wasser.

„Heiß heute, nicht ?“ fragte er und konnte dabei nicht verbergen, dass er sich köstlich über mich amüsierte.

Ein schneller prüfender Blick in die Runde zeigte mir, dass außer Jon und Richie glücklicherweise niemand etwas gemerkt hatte. Die beiden hatten jedoch alle Mühe, sich das Lachen zu verbeißen.

„Ja und jede Menge Nervensägen hier !“

Da ich gegen Jon und Richie im Doppelpack sowieso nichts ausrichten konnte, erhob ich mich und jagte meine Jungs auf, damit wir weiter machten. Es lag jede Menge Arbeit vor uns. Nachdem wir das Geschirr in die Küche getragen und unsere Unterlagen wieder ausgebreitet hatten, machten wir uns konzentriert darüber her. Richie verzog sich nach Hause und Jon begab sich in sein Arbeitszimmer. Die Sonne schien, es war herrlich warm, die Vögel zwitscherten fröhlich in den Bäumen um uns herum. Ich genoss die friedliche Stimmung, doch immer wieder schweiften meine Gedanken ab.
Ich dachte über meinen Umzug nach. Alles konnte ich ja nicht mit hierher nehmen, die meisten Dinge von mir passten einfach nicht in dieses Haus. Mein Bett zum Beispiel. Es war ein uraltes Eisenbett meiner Oma, für das ich mir damals eine neue Matratze und neues Bettzeug gekauft hatte. Sicherlich eine kleine Antiquität, schön breit und bequem, aber es passte nicht hierher ! Mein Esszimmer bestand aus einem alten, riesigen Tisch aus Eichenholz, zu dem ich verschiedene Holzstühle zusammen gesammelt hatte. In meiner Wohnung, die etwas einem Loft glich, sah das wunderbar aus. Aber hier ? Schade war es um meine Küche, die hatte ich mir neu gekauft und extra in die Wohnung einbauen lassen. Sie war damals ziemlich teuer gewesen und ich hatte lange dafür gespart.
So, wie es nun aussah, würde ich nur meinen alten Schrank, der so um die 300 Jahre auf dem Buckel hatte und die von mir selbst restaurierten Kommoden mitnehmen. Das waren alles Erbstücke meiner Familie, die ich aufgearbeitet hatte und an denen ich wirklich sehr hing. Langsam aber sicher wurde mein Herz schwer. Meine Wohnung…. Als ich damals bei meinen Eltern auszog und sie besichtigte, hatte ich mich auf den ersten Blick in sie verliebt. Obwohl sie in einem Zustand war, den mein Dad allenfalls mit dem Begriff „Loch“ bezeichnete. Und das war wirklich noch nett ausgedrückt.

Meine Wohnung….
Das Wasser schoss mir in die Augen.
Mein Zuhause….

Dienstag, 20. Oktober 2009

Kapitel 229

Entspannt lehnte ich mich in meinen Sitz zurück. Ich legte meine Hand auf die seine, welche auf dem Schaltknüppel ruhte. Jon schenkte mir einen kurzen Seitenblick. Ich bemerkte, dass seine Wangenknochen mahlten.

„Schatz ?“ fragte ich vorsichtig.

„Ja, Süße ?“ kam von ihm mit rauer Stimme.

„Alles in Ordnung ?“

Statt einer Antwort nickte er nur langsam. Er räusperte sich.

„Willst Du mir davon erzählen ?“ fragte ich behutsam.

Bevor er sprach, holte er tief Luft. Ich spürte, dass in ihm etwas tobte, brodelte.

„Weißt Du….“ Er atmete nochmals tief durch. Dann schlug er mit der flachen Hand auf das Lenkrad und versuchte dann, sich wieder zu beruhigen.

„Benton war sehr wichtig für mich. Als ich damals nach der riesigen Tour so fertig, mit Richie total zerstritten war, war er es, der mich immer wieder runterholte. Der mich auf den Boden zurückholte. Er sagte mir, manchmal auch mit der nötigen Härte, was für ein Riesenidiot ich war. Hielt mir einen Spiegel vor, wie ich mich verändert hatte, wie ich mich aufführte. Du hättest damals ganz sicher nichts mit mir zu tun haben wollen, so ein Ekel war ich. Wäre er nicht gewesen…. Ich weiß nicht, ob es Bon Jovi heute noch gäbe.“

Ich ließ ihn. Wir fuhren einige Zeit schweigend dahin, gefühlte Stunden später hatte ich das Gefühl, dass er sich etwas gefangen hatte. Jon setzte den Blinker und fuhr an einer Raststätte vom Highway ab. Langsam durchquerte er das Areal, bis wir einen sehr wenig frequentierten Platz erreicht hatten. Dort nahm er die Sonnenbrille ab und sah mich ruhig an. Ich streckte die Arme aus und er kuschelte sich an mich. Manchmal konnte er so verletzlich sein, so anlehnungsbedürftig. Jetzt war so ein Moment. Er vergrub seinen Kopf in meiner Halsbeuge und sein warmer Atem strich über den Ausschnitt meines Shirts. Vorsichtig streichelte ich über seinen Rücken und hielt ihn einfach fest. Minuten vergingen und ich spürte, wie er in meinen Armen ruhiger wurde.

„Danke für die Überraschung,“ sagte ich leise.

Er legte seinen Kopf etwas in den Nacken und sah mich an.

„Das war doch nichts,“ kam unbeholfen von ihm.

„Doch. Mir hat das sehr viel bedeutet. Jon, ich kann es nicht ertragen, wenn wir streiten. Ich will das nicht. Wir haben soviel am Hals, soviel müssen wir noch bewältigen. Da sollten wir zwei uns nicht auch noch bekriegen.“

„Nein, das sollten wir nicht.“

Er sah wieder mit seinem unbewegten Blick durch die Windschutzscheibe.

„Weißt Du….“ begann er abermals. „Weißt Du, wie sehr ich diese ständigen Abschiede hasse ? Ich fühlte mich so wohl bei den beiden und ich freute mich, dass es Dir dort ebenso gefiel. Ich habe einfach zuwenig Zeit für die Menschen, die mir etwas bedeuten.“

„Das geht mir genau so. Ich habe neuerdings immer Angst, etwas zu verpassen. Immer wieder denke ich, ich habe zu kurz mit Tini gesprochen, der Urlaub mit Dir ging wie im Flug vorbei, der Besuch meiner Eltern wird bald vorüber sein, unsere Tour steht vor der Tür…. Es ist ein ewiges Gehetze und nirgendwo ist man wirklich.“

Jon kramte nach seinen Zigaretten und hielt mir das Päckchen hin. Wir rauchten schweigend, bevor er den Zündschlüssel wieder umdrehte.
Kilometer für Kilometer näherten wir uns wieder unserem täglichen Chaos.

Vor der Garage hielt er meinen Arm fest und zog mich an sich. Er küsste mich zärtlich und sah mich lächelnd an.

„Wollen wir ?“

Ich nickte ihm nur zu und öffnete die Tür. Anscheinend wurden wir bereits sehnsüchtig erwartet, denn kaum hatten wir die Eingangshalle betreten, flitzte auch schon eine völlig aufgelöste Tini auf uns zu.

„Mensch, wo wart Ihr denn ? Tom ist kurz vor dem Ausflippen und die Jungs warten bereits seit Stunden auf Dich !“

„Hallo Tini. Ich freue mich auch, Dich zu sehen.“

„Sandy, Du brauchst gar nicht so spöttisch zu tun. Das kannst Du echt nicht machen !“

„Was ?“

„Na, dass Du einfach verschwindest, und kein Mensch weiß, wo Du bist !“

Sie stand vor mir, ihre Schultern bebten vor Zorn. Ich kannte sie mein ganzes Leben, aber so hatte ich sie selten gesehen. Jon, der neben mir stand, musterte sie ebenfalls überrascht.

„Tini…“ begann ich.

„Nix Tini ! Ich frage mich, wozu Du eigentlich ein Handy hast, wozu Du schreiben gelernt hast. Kannst Du nicht wenigstens eine Nachricht hinterlassen ?“

Kopfschüttelnd drehte sie sich um und ging mit weit ausgreifenden Schritten wieder auf die Terrasse hinaus.

„Anscheinend ist unsere Tini heute nicht sehr gut gelaunt ?“ meinte Jon mit zerknirschtem Ausdruck.

„Die ist nicht nur schlecht gelaunt, die ist total sauer !“

„Ich glaube, Du gehst mal besser und rettest, was noch zu retten ist !“

„Joa, das mach ich wohl.“

Etwas unwohl war mir schon, als ich zu ihnen ging. Aber die Freude von meinen Jungs, mich wieder zu sehen, überwog dann doch. Stefan sprang auf und zog mich an sich.

„Hi Schwester !“

„Sorry, dass ich so spät komme. Aber wir zwei haben die Auszeit gebraucht. Ich hoffe, es war nicht allzu schlimm für Euch ?“

„Nö nö ! Weißt Du Schatz, wir sind auch alleine groß. Wir haben eben ohne Dich angefangen ! Und nun sind wir in der glücklichen Lage, dass Du einfach tun musst, was wir uns so ausgedacht haben !“

„Solange ich auf der Bühne nicht strippen muss, geht`s ja wohl noch ?“ gab ich lachend zurück.

Tom und Tini hatten sich auch wieder beruhigt und zogen ihr Programm durch. Sie teilten uns die Termine für die Tour mit und wir staunten nicht schlecht, dass es so viele waren. Tini zeigte kurz die Entwürfe für die PR-Kampagne, die sie auf großen Bögen von Hand gestaltet hatte. Es war schön, mit ihnen zusammen zu sein und der Vormittag war ruck zuck vorbei. Unser Mittagessen nahmen wir an einer großen Tafel ein, insgesamt waren wir 11 Personen mit meinen Eltern, Richie, Tini und Tom, meinen vier Jungs, Jon und mir. Kurz hatte ich ein schlechtes Gewissen gegenüber Rosita und meiner Mam, da wir ihnen soviel Arbeit aufbürdeten, doch sie zerstreuten meine Bedenken.

„Du weißt, dass ich gerne für so eine Gesellschaft koche !“ wehrte Mam lachend ab.

Auch Jon gefiel es, ich spürte, dass er sich sehr wohl fühlte. Da kam eben doch ein wenig italienisches Blut zum Vorschein. Das schönste war doch, mit einer großen Familie am Tisch zu sitzen und zu essen !

„Wie sieht`s bei Euch aus, was habt Ihr denn schon erledigt heute ?“ fragte Jon an Tom gewandt.

„Na ja, wir sind jetzt die Termine soweit durch, Tini hat die Werbestrategie vorgestellt und nun machen wir uns noch an die Dates für die Interviews zwischen durch. Die ganze Logistik steht noch aus, aber das machen wir die Tage. Ich habe noch keine Ahnung, wie das gehen soll.“

Tom zuckte ratlos die Schultern. Er hatte eine solch große Tour ja auch noch nie organisiert und schon gar nicht auf einem anderen Kontinent. Jon überlegte angestrengt. Schließlich legte er sein Besteck zur Seite und wischte sich den Mund mit der Serviette ab.

„Machen wir einen Deal ?“

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Kapitel 228

Am nächsten Morgen weckte uns ein ganz leises Klopfen an der Tür. Ich als Morgenmuffel überließ es Jon, an die Tür zu gehen. Er schlüpfte rasch in seine Unterhose und zog sein Shirt über, bevor er aufschloss. Beryl stand mit einem Tablett in den Händen dort und wünschte uns freundlich einen Guten Morgen. Jon nahm ihr das Frühstück ab, bedankte sich artig und schloss die Tür wieder. Lächelnd kam er damit auf mich zu. Ich stopfte mir die Kissen in den Rücken, damit ich bequem sitzen konnte.

„Ach, herrlich ! Frühstück im Bett ! So lässt es sich aushalten.“

Nach der ersten Tasse Kaffee fühlte ich die Lebensgeister wieder in meinen Körper strömen und ich machte mich daran, die leckeren Pastetchen, die Beryl gezaubert hatte, zu vertilgen. Jon gab mir einen leichten Klaps auf meine Finger, als ich danach greifen wollte. Er nahm eines zwischen Zeigefinger und Daumen und begann mich damit zu füttern. Ich musste lauthals lachen, als er mich triezen wollte, indem er das Stückchen verführerisch vor meinen Mund hielt, ich diesen aufmachte und er es dann wieder wegzog. Anstatt es mir zu geben, schob er es sich selbst in den Mund und kaute genießerisch. Ich stürzte mich auf ihn, doch er hatte erkannt, was ich vorhatte und hielt sofort meine beiden Arme fest. Ich genoss seine Küsse und seine Zärtlichkeiten. Wir alberten noch eine Weile herum, bis mein Handy klingelte. Es war Tom.

„Sag mal, wo seid Ihr zwei eigentlich ?“

„Kann ich Dir echt nicht sagen. Ich hab nämlich keine Ahnung !“ gab ich lachend zur Antwort.

„Willst Du mich veräppeln ? Ihr könnt doch nicht einfach abhauen und kein Mensch weiß, wo Ihr seid !“

„Tom, das weiß ich ja selbst nicht. Ich wusste auch gestern Abend nicht, dass ich über Nacht wegbleiben werde.“

Ich musste immer noch lachen. Jon, der nur Bruchteile verstand, da wir uns auf Deutsch unterhielten, legte die Stirn in Falten und sah mich fragend an. Ich stellte die Freisprech-Einrichtung an und sprach dann auf Englisch weiter.

„Muss ich mich jetzt immer bei Dir abmelden, wenn ich nicht zuhause schlafe ?“ fragte ich spöttisch.

„Wär manchmal nicht schlecht. Ich brauch Dich hier, wir müssen mit der Tourplanung weiter machen. Deine Jungs sind da und wir warten alle. Ist Jon bei Dir ?“

„Jep. Und er hört mit. Gott sei Dank gibt es Handys, was meinst Du ?“ spottete ich weiter.

„Sandy, bitte, sei jetzt mal ernst. Wenigstens für zwei Minuten, okay ?“

„Okay !“ gab ich wiederum lachend zurück, da Jons rollende Augen und gespielt verzweifelter Gesichtsausdruck einfach zu komisch waren. Ich war kurz vor dem Explodieren.

„Wann kommt Ihr zurück ?“ fragte Tom, nun schon etwas genervt.

„Keine Ahnung. Kommt drauf an, wann mich dieser verführerische Mann aus seinen Klauen lässt. Eigentlich weiß ich nicht, ob ich das überhaupt will.“

„Sag bloß, Ihr liegt noch im Bett ?“

„Jaaahhh, und wenn es nach mir ginge, blieben wir auch dort.“

„Sandy ! Kannst Du mir vielleicht heute irgendwann noch einmal eine vernünftige Antwort geben ?“ Nun war Tom kurz vor der Explosion, allerdings vor keiner so angenehmen wie ich. Ich versuchte, mich zusammen zu reißen und sah Jon abwartend an. Er gab mir Zeichen, dass wir bald aufbrechen würden und in ca. 2 Stunden wieder daheim wären.

„Tom, jetzt beruhige Dich mal wieder ! In spätestens zwei Stunden sind wir wieder zurück, in Ordnung ?“

„Ist gut, und wir warten auf Dich !“

Ich legte auf und nun war ich diejenige, die verzweifelt mit den Augen rollte und Jon derjenige, der in lautes Lachen ausbrach. Lachend und prustend suchten wir unsere Habseligkeiten zusammen, gingen nacheinander schnell unter die Dusche und machten uns fertig.

„Jon !!!“ rief ich aus, als ich meinen zerrissenen String betrachtete.

„Ja ?“ kam er erschrocken aus dem Badezimmer.

„Kannst Du mir sagen, wie ich den jetzt anziehen soll ?“ fragte ich verzweifelt. „Ich kann doch nicht ohne Unterwäsche zurück fahren !“

„Wirst Du wohl müssen, Honey !“ gab er grinsend zurück.

„Och Mann ! Ich mag das nicht, ohne Slip in die Jeans !“

Er lehnte bereits fertig angezogen an der Zimmertür und beobachtete mich.

„Du hast ihn total zerfetzt. Muss das denn sein ?“ maulte ich vor mich hin.

„Ich kann da nichts dafür.“

Sein betont unschuldiger Gesichtsausdruck brachte mich fast wieder zum Lachen. Aber so einfach machte ich es ihm diesmal nicht.

„Ich hab Dir schon mal angedroht, dass ich nur noch Baumwoll-Unterwäsche trage. Genau das werde ich ab sofort tun !“ drohte ich ihm. Doch er lachte nur und sah mir dabei zu, wie ich mich anzog.

„Erstens wirst Du das nicht tun, weil Du solche Unterwäsche selbst nicht magst und zweitens wirst Du mir das niemals antun.“

„Doch, mein Schatz ! Das werde ich, Du kannst es ja nicht lassen. Strafe muss sein !“

Ich zog meine Jeans also ohne zartes Nichts darunter an und angelte nach meinen Stilettos.

„Fertig ?“ fragte er schmunzelnd.

„Fertig, aber das wirst Du noch bitter bereuen.“

„Deine Rache wird fürchterlich sein ?“

„Das wird sie !“

Er zog mich an sich und küsste mich vollkommen überraschend. Und er küsste mich so, dass mir sehr bald die Luft zum Atmen fehlte. Als er mich etwas los ließ, machte er mir lächelnd einen Vorschlag.

„Ich muss morgen früh in die Stadt. Was hältst Du davon, wenn wir Dir neue Dessous kaufen ?“

„Das wird aber dann unglaublich teuer für Dich !“

Wieder lachte er nur und zog mich an der Hand mit sich. Wir liefen die Treppe hinunter und machten uns auf die Suche nach Beryl und Benton. Die beiden saßen in der Küche an einem großen, rohen Holztisch, wo sie ein verspätetes Frühstück einnahmen.

„Ach, Ihr geht schon ?“ sagte Beryl enttäuscht.

„Ja. Wir werden leider schon wieder zuhause erwartet. Du weißt ja, wie das ist.“

„Wie schade ! Wir hatten gehofft, Ihr bleibt wenigstens noch zum Mittagessen.“

„Wir wären auch gerne noch geblieben. Machst Du mir noch bitte die Rechnung ?“

„Jon, das ist ja wohl nicht Dein Ernst ! Ich bin beleidigt, wenn Du uns Geld geben willst !“

„Benton….“

Doch der winkte nur ab und so beließ es Jon dabei. Wir bedanken uns herzlich und uns fiel der Abschied sehr schwer. Sie wünschten uns alles Gute und knuddelten uns zum Abschied.

„Macht`s nicht so tragisch, wir kommen doch wieder !“ lachte Jon.

„Das dauert aber dieses Mal nicht wieder so lange ?“ fragte Beryl.

„Nein, versprochen !“

Beryl gab uns noch einen voll bepackten Korb mit. Hand in Hand schlenderten Jon und ich zum Auto. In seiner freien Hand schleppte er den schweren Korb. Er trug seine dunkle Sonnenbrille und ich ahnte warum. Vorsichtig stellte er den Korb auf den Rücksitz und befestigte ihn mit dem Sicherheitsgurt. Schweigend startete er den Motor, legte den Arm auf die Lehne meines Sitzes und stieß zurück, um gleich darauf mit rasantem Start die Auffahrt hinunterzubrausen. Beryl und Benton standen winkend in der Haustür. Ich winkte durch das geöffnete Fenster zurück. Und dann bogen wir um die Ecke und sie waren nicht mehr zu sehen.

Montag, 12. Oktober 2009

Kapitel 227 - Eine sündige Nacht

Er rollte gespielt mit den Augen und wünschte den Wirtsleuten eine Gute Nacht. Die beiden drückten uns an sich und wünschten uns noch süße Träume. Ich konnte in meinem Rücken spüren, wie sie uns nachsahen. Dann musste ich mich jedoch darauf konzentrieren, Jon zu folgen, der mit übermütigen Schritten vorauseilte.

„Kommst Du nicht mehr nach ?“ spottete er.

„Nein, Du rennst ja geradezu vor mir her. Wohin auch immer.“

„Na komm schon her !“

Er zog mich eng an sich, griff mit einer Hand in mein Haar und sein Gesicht kam mir sehr, sehr nahe. Wir standen unterhalb einer Treppe, was ich noch kurz mit einem Seitenblick bemerkte. Jon spielte wieder einmal sein Spiel und ich ließ ihn. Seine Augen hatten das dunkle, fast unergründliche Blau angenommen, dem ich mich noch nie entziehen konnte. Er sagte nichts, er bewegte sich nicht, nein, er hielt mich einfach nur fest und sah mich an.

„Jon….“ hauchte ich.

Doch auch jetzt veränderte er die Situation nicht.

„Lass die Spiele !“

Sein Blick wurde noch intensiver.

„Warum ?“ kam heiser von ihm.

„Weil… weil…. Nun ich….“

„Weil Du mir wieder einmal hilflos und vollkommen rettungslos ausgeliefert bist ?“

„Du bist so gemein !“

„Dann wart erst mal ab, wenn wir beide alleine sind !“

Sein Zeigefinger fuhr an meinem Ohr entlang, an meinem Hals hinunter, strich aufreizend durch das Tal zwischen meinen Brüsten. Er küsste mich wild und leidenschaftlich, und fast hätte ich nicht bemerkt, wie er sich an meiner Jeans zu schaffen machte.

„Jon !“

„Was denn ?“

„Wir stehen hier in einem Treppenhaus, in einem Restaurant !“ sagte ich leise, aber vorwurfsvoll.

„Ist mir total egal !“

„Wir können doch nicht hier….“

„Ich habe 48 Stunden nicht mit Dir geschlafen. Ich will Dich. Jetzt.“

Flugs hatte er mich auf die Arme genommen und trug mich die Treppe hinauf, jedoch nicht aufhörend, mich mit seinen betörenden Küssen zu verwöhnen. Oben angekommen stellte er mich wieder auf meine Füße, schloss die Tür auf, drückte mit dem Ellenbogen die Türklinke hinunter und schob mich in ein Gästezimmer. Das war es also ! Benton hatte ihm vorhin einen Zimmerschlüssel in die Hand gedrückt ! Er kam langsam mit einem provozierenden Blick auf mich zu, fast schlenderte er. Ich wich zurück. Jon grinste dieses verbotene, unverschämte Grinsen, legte seine Hände an meine Hüften und begann mein Shirt auszuziehen. Ich konnte nichts dagegen tun, ich stand mit dem Rücken an der Zimmertür.

„Da drüben steht ein Bett,“ wandte ich hilflos ein.

„Zu weit !“ kam heiser von ihm und er hauchte kleine, fordernde Küsse auf meine Halsbeuge. Zum Teufel ! Er wusste genau, was das in mir auslöste.

Dann drückte er meine Arme über meinen Kopf an die Wand, allerdings nur mit einer Hand. Mit der anderen öffnete er meine Jeans.

„Zu eng !“ kam als Kommentar von ihm, als er vergeblich versuchte, mir diese auszuziehen.

„Doch Bett ?“

Wieder nahm er mich auf seine Arme und trug mich dorthin. Während ich mich der Jeans entledigte, riss sich Jon seine Klamotten vom Leib. Mit flinken Fingern öffnete er den Verschluss meines BH`s und warf ihn achtlos zur Seite. Er beugte sich über mich und ich versank in seinen blauen Augen. Und da sah ich es. Das verräterische Glitzern.

„Bitte….“

Doch es war zu spät. „Ratsch“. Das Reißen des Stoffes klang nur allzu bekannt in meinen Ohren.

„Hey…“ versuchte ich zu protestieren, doch er verschloss meinen Mund sofort mit einem Kuss. Mein String, oder vielmehr, das was davon noch übrig war, flog in dieselbe Richtung wie der BH vorher. Er verschwendete nicht eine Sekunde, sondern kam gleich zu mir. Ich ließ mich fallen und gab mich dem schönsten aller Gefühle hin.
Wir lagen erschöpft und mit rasendem Puls da. Unser beider Atem ging immer noch sehr schnell. Jon, der auf mir lag, hob seinen Kopf und sah mir lange und tief in die Augen. Der Blick ging mir durch Mark und Bein.

„Mach das nie wieder.“

„Was denn ?“ fragte ich verständnislos.

„Mich so lange warten lassen und mich dann den ganzen Abend reizen !“

„Ich hab nichts gemacht !“ beteuerte ich meine Unschuld.

„Nein, Du hast nichts gemacht. Du merkst das nicht, oder ?“

„Was merke ich nicht ?“

„Wie Du auf mich wirkst ? Dass Du nur mit dem kleinen Finger zucken musst und ich es fast nicht mehr aushalten kann ?“

Er schüttelte seinen Kopf und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Mein lieber Jon ! Du weißt aber schon, dass es Millionen von Frauen auf dieser Welt mit Dir ganz genauso geht ? Du bist es doch, der nur mit dem Hintern wackeln muss und 50.000 Mädels fangen sofort an zu kreischen ?“

„Ach komm ! Das ist doch nur Show ! Außerdem ist das nur ein Spiel, es ist nicht die Wirklichkeit, so wie mit Dir.“

„Ist das zwischen uns beiden die Wirklichkeit ?“ fragte ich kokett.

„Zeig es mir, beweise es mir….“ hauchte er wieder mit brüchiger Stimme und beugte sich über mich.

Wir ließen uns treiben und wie vorher liebten wir uns wie ausgehungert, leidenschaftlich und einander alles nehmend. Es war mir ein Rätsel, woher er diese Energie nahm. Jeder andere wäre nach solch einem Absturz für mindestens einen Tag lahm gelegt. Aber er ? Ich war jedenfalls sehr froh darüber, dass der Streit zwischen uns beigelegt war und wir beide dem anderen nichts nachtrugen. Zufrieden an Jons Rücken gekuschelt, schlief ich todmüde ein.

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Kapitel 225 - Alte Freunde

„Benton !“

Die beiden Männer fielen sich in die Arme.

„Wie schön, dass Du wieder einmal bei uns bist ! Beryl wird sich freuen !“

Sie ließen sich wieder los und Jon drehte sich zu mir.

„Benton, darf ich Dir Sandy Reed vorstellen ?“

„Schön, dass ich Sie endlich kennen lernen darf ! Hallo und herzlich willkommen ! Ich hoffe, Sie werden sich bei uns wohl fühlen !“

Er drückte auch mich an seine breite Brust. Als er mich wieder los ließ, klopfte er Jon auf die Schulter und strahlte ihn weiter an.

„Benton, hast Du einen verschwiegenen Tisch für uns ?“

„Aber natürlich ! Folgt mir doch bitte !“

Er führte uns durch das Lokal, das sehr gut besucht war. Jedoch nahm von uns niemand wirklich Notiz. Die Leute schauten kurz auf, beschäftigten sich aber gleich wieder mit ihrem Essen oder ihren Gesprächen. Merkwürdig, aber doch sehr schön.
In einer Ecke, die etwas abgetrennt vom übrigen Raum war, zeigte er auf einen Tisch, der von einer gemütlichen Eckbank umrundet wurde. Geblümte Kissen lagen darauf und ich fühlte mich sofort wohl.

„Ich hol schnell Beryl, wenn sie nämlich mitkriegt, dass Ihr da seid ohne dass ich ihr das gesagt habe, bekomme ich mächtigen Ärger !“

Benton ging eilfertig davon, wahrscheinlich um seine Frau zu holen. Nur wenige Minuten später kam er zurück, eine Flasche gekühlten Weißwein und zwei Gläser.

„Den magst Du doch noch ?“

„Benton ! Ich bitte Dich ! Du weißt ganz genau, dass das mein Lieblingswein ist !“

Zu mir gewandt sagte er:

„Ich hoffe, Du magst ihn auch ?“

Er schenkte ein und hielt mir eines der Gläser hin.

„Cheers ! Auf einen wunderschönen Abend !“

„Salute ! Auf eine wunderschöne Nacht !“ gab ich ihm zur Antwort.

Wir versanken gerade in einem Kuss, als eine aufgeregte Frauenstimme ertönte.

„Jon ! Mein Schatz !“

Wir fuhren auseinander. Eine mollige Blondine steuerte auf unseren Tisch zu. Und wie schon zuvor Benton, hatte auch sie ihre Arme ausgebreitet. Jon stand auf und ließ sich von ihr an ihren mächtigen Busen drücken. Sie herzte ihn und die Freude stand ihr auf das Gesicht geschrieben.

„Ja, und wen hast Du uns denn da mitgebracht ?“ fragte sie erwartungsvoll.

„Beryl, das ist Sandy Reed.


„Hach, das ist sie also !

Auch ich wurde gedrückt und geherzt, so als ob sie mich schon ewig kennen würde und sie sich über meinen Besuch genauso freuen würde wie über den Besuch von Jon.

„Ihr beide sorgt ja mächtig für Furore ! Mensch, in allen Zeitungen und im Radio und im Fernsehen ! Das ist sicher auch nicht gerade angenehm ! Darum beneide ich Euch wirklich nicht ! Aber, nun sag, wie geht es Euch ?“

Jon erzählte in Kurzform die letzten Monate und Wochen, unser Kennen lernen, die Tour, meinen Unfall. Die beiden waren sehr interessiert und nahmen ehrlichen Anteil an seiner, an unserer Geschichte. Dann und wann stellten sie kurze Fragen, aber sonst ließen sie Jon einfach erzählen. Ich mochte sie auf Anhieb. Als Jon geendet hatte, schlug Beryl die Hände über den Kopf und sagte schuld bewusst:

„Wo hab ich nur meine Manieren ? Ihr habt doch sicher Hunger ? Benton, hol doch bitte die Speisekarte für die zwei.“

„Beryl, lass mal. Ich bin sicher, Du bekochst uns hervorragend ! Was hast Du denn heute als Special ?“

„Tomatencremesuppe mit Sahne, Folienkartoffeln, Kräuterquark, Angussteak und danach zum Dessert Creme Catalane. Wäre das was für Euch ?“

Jon sah mich fragend an, doch ich stimmte lachend zu. Das war ja ganz genau mein Geschmack und er hatte das sicherlich auch schon vorher gewusst.

„Also, dann nehmen wir das.“

„Okay, ich geh dann mal in die Küche. Und Du Benton, schaust nach den anderen Gästen. Die beiden möchten sicherlich ungestört sein. Husch husch !“

Sie scheuchte ihren Gatten mit wild wedelnden Händen auf und rauschte – jedoch nicht ohne uns heimlich zuzuzwinkern – davon.

„Puh ! Die beiden mögen Dich, das spürt man sofort !“

„Ja, ich mag die zwei auch unheimlich. Benton arbeitete schon für uns. Er war damals für die Organisation der Touren verantwortlich. Die Vorplanung, die Trucks, die Transporte und so weiter. Leider hatte er dann einen Herzinfarkt und es stand ziemlich schlecht um ihn. Er änderte dann sein Leben komplett, heiratete nach 15 Jahren endlich seine Beryl und machte dieses Restaurant auf. Seither geht es ihm gesundheitlich Gott sei Dank wieder gut. Ich denke, das war die einzig richtige Entscheidung, obwohl er mir immer noch fehlt.“

Jon sah gedankenverloren auf den Tisch. Er drehte sein Glas in der Hand. Ich strich leicht über seine Hand und er sah mich lange an.

„Jon….“

„Pst !“

Er legte seinen Zeigefinger auf meine Lippen, bedeutete mir, ich solle schweigen.