Zwölf lange Stunden später landeten wir in Deutschland. Wir bedankten uns bei Sean und dem Bordpersonal für den Flug und stiegen aus. Am Mietwagenschalter nahm ich ein Auto und endlich fuhren wir nach Hause. Ich setzte meine Eltern ab und fuhr noch rasch an der Tanke vorbei. Frustfutter kaufen. Mit den Plastiktüten beladen, den Rucksack über der Schulter schloss ich die Wohnungstür auf. Ich gab ihr einen Tritt mit dem Fuß und sie fiel unangenehm laut zu. Es war unnatürlich still hier. Zum ersten Mal seit Monaten war ich ganz allein. Ich zog schaudernd die Schultern zusammen und machte mich daran, die Einkäufe zu verstauen. Da ich die Stille nicht mehr aushielt, schaltete ich den Fernseher ein, schob eine Tiefkühlpizza in den Ofen und öffnete eine Flasche Rotwein. Gemütlich pflanzte ich mich auf das Sofa und schaute einen Tatort an. Da war er also. Der letzte Fernsehabend in meiner Wohnung. Mein Handy piepste.
„Hallo Süße ! Ihr seid gut angekommen, sagte mir Sean ? Hoffe, Dir geht es gut ! Ich vermisse Dich jetzt schon. Mir graut davor, allein in unserem Bett zu schlafen und morgens ohne Dich aufzuwachen. Schlaf gut und träume was schönes ! Ich liebe Dich.“
Er war natürlich wie immer bestens informiert ! Ein Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich las, dass er mit dem Piloten gesprochen hatte. Schnell drückte ich auf „Antworten“ und tippte los.
„Hallo Honey ! Ja, wir sind gut angekommen, es lief alles glatt. Schlaf trotzdem schön ! Du kannst ja von mir träumen ‚ Ich liebe Dich und Du weißt gar nicht, wie sehr !“
Darunter setzte ich noch: „Little runaway.“
Langsam lehnte ich mich in den Polstern zurück und kurz darauf war ich eingeschlafen. Mit dem Pizzateller auf dem Schoß.
An der Tür klingelte es Sturm. Verschlafen rieb ich mir die Augen und sah verwirrt auf die Uhr. Es war bereits nach neun. Wer war das jetzt ?
Schlaftrunken stolperte ich zur Tür um zu öffnen.
Dort stand Tanja, mit einer Bäckertüte in der Hand.
„Hi Sandy !“ rief sie fröhlich aus.
„Tanja ! Mensch, ist das schön, Dich zu sehen !“
Wir fielen uns in die Arme und knuddelten uns fest.
„Komm doch rein !“
Ich zog sie an der Hand mit mir in die Küche.
„Hach, ist das schön, dass Du mal wieder hier bist ! Du hast mir ganz schön gefehlt, Tini übrigens auch ! Wie geht`s Euch denn da drüben ?“
„Ach, ganz gut. Es ist halt momentan ein wenig stressig. Du hast sicher darüber gelesen ?“
Tanja war Tanja. Und weil Tanja eben Tanja war, machte sie sich gleich daran, frischen Kaffee aufzusetzen und den Tisch fürs Frühstück zu decken. Grinsend sah ich ihr dabei zu, wie sie meine Küche in Beschlag nahm.
„Ja, hab ich. Ihr habt Euch die letzten Wochen ja nicht mehr gemeldet. Und bei dem was alles zu hören und zu lesen war, wusste ich, dass Ihr ganz schön Druck habt.“
„Da liegst Du richtig. Es war nicht immer leicht.“
„Nun erzähl mal ! Wie geht`s Deinem Rücken ? Wieder alles okay ?“
Sie lauschte ruhig meinem Bericht über den Unfall, die Therapie, meinem Leben mit Jon, der bevorstehenden Tour, einfach allem.
„Woher weißt Du eigentlich, dass ich hier bin ?“
„Ich bin gerade bei meinen Eltern zu Besuch. Ich hab Deine Mam gerade beim Bäcker getroffen und sie hat`s mir erzählt. Sie ist übrigens total begeistert von Jon. Muss ja ein richtiger Musterknabe sein.“
„Das ist er !“ lächelte ich.
„Aber Du ? Was machst Du ? Wir reden die ganze Zeit nur von mir…“
Sie strahlte mich an.
„Ich bin verliebt !“
„Waaasss ?“
Es klang einfach unglaublich. Tanja hatte wie ich so ihre Probleme mit den Männern, leider verliebte sie sich immer in die falschen. Irgendwann hatte sie für sich beschlossen, dass es Mr. Right wohl gab, jedoch nicht für sie. Und so holte sie sich dann und wann einen Mann in ihr Bett, der nach getaner Arbeit wieder verschwinden konnte.
„Joa, mich hat`s erwischt !“
„Wer ist er ?“ fragte ich atemlos.
„Ein Spanier. Juan. Galerist. Du weißt doch noch, dass ich letztes Jahr im Herbst diese Ausstellung in München hatte ?“
Ich nickte, an meiner Kaffeetasse nippend.
„Er hat damals ziemlich viele meiner Bilder und Skulpturen verkauft. Wir haben uns einige Male getroffen und da hat es dann gefunkt.“
„Neeeeiiiiinnn !“
„Doch. Er ist der absolute Wahnsinn, in jeder Beziehung !“
Sie zeigte mir auf ihrem Handy einige Fotos von ihm. Und er sah wirklich gut aus !
„Es gibt da nur ein Problem….“ sagte sie zögernd.
„Er ist verheiratet ?“
„Nein, das nicht. Aber wir…. Nun ja….“ stammelte sie.
„Nun red schon !“
Es brach aus ihr heraus, ich hatte einige Mühe ihr zu folgen, so schnell redete sie.
„Wir wollen nach El Hierro ziehen. Er hat ein Grundstück von seinen Großeltern geerbt. Wir bauen uns dort eine wunderhübsche Finca, ganz im kanarischen Stil. Und jetzt verzögert sich das ganze, weil die Baumaterialien nicht beikommen, die Handwerker schlampen, eben typisch spanisch halt.“
„Tanja, das ist doch nicht so schlimm. Dann zieht Ihr halt später dorthin.“
„Das wäre es ja nicht.“
„Was dann ?“
„Ich habe bereits meine Wohnung gekündigt, weil mich mein blöder Vermieter so unter Druck gesetzt hat. Jetzt muss ich so schnell wie möglich da raus. Und Du weißt, wie schwierig es ist, eine vernünftige Bude zu finden. Zu meinen Eltern will ich nicht. Außerdem haben die eh nicht soviel Platz.“
Mit hängenden Schultern saß sie da und es war ihr deutlich anzusehen, dass ihr das mächtig zu schaffen machte. Ich zog sie rasch in meine Arme und strich ihr tröstend über den Rücken.
„Süße, das ist doch nun wirklich kein Problem !“
Mit tränenumflorten Augen sah sie auf.
„Du kannst doch solange meine Wohnung nehmen !“
Ein Hoffnungsschimmer überzog ihr Gesicht.
„Wirklich ? Und Du ?“
„Schau, ich bin hier, weil ich meine Sachen zusammen packe. Ich zieh zu Jon !“
„Nein !“
„Doch. Und da ich es sowieso nicht übers Herz bringe, die Wohnung zu verkaufen, tätest Du mir einen Riesengefallen, wenn Du hier noch einige Zeit wohnen würdest.“
„Ehrlich ?“
„Sonst würde ich es nicht vorschlagen !“
„Danke ! Danke ! Danke ! Du bist echt meine Rettung !“
Sie fiel mir überschwänglich in die Arme und uns beiden fiel ein großer Stein vom Herzen.
„Ich hätte dich nämlich heute noch angerufen, ob Du mir beim Umzug helfen kannst ?“
„Natürlich helfe ich Dir !“
Also machten wir uns nach dem Frühstück daran, die Möbel die ich mitnehmen wollte mit Post-Its zu kennzeichnen. Zwischendurch rief ich beim Zollamt an, um mich zu erkundigen, wie ich am besten an einen Schiffscontainer kommen könnte. Die Dame am anderen Ende der Leitung informierte mich über die Modalitäten und ich bestellte ihn für kommende Woche.
„So, das wäre geschafft. Jetzt lass uns losgehen und Umzugskartons besorgen.“
Wir tigerten in den nächsten Baumarkt und deckten uns großzügig mit Verpackungsmaterialien ein.
Den Nachmittag verbrachten wir mit dem Ausmisten meiner Klamotten. Und ich sortierte gnadenlos aus. So konnte ich mich von Dingen trennen, die mich nur belastet hätten. Einige Oberteile schenkte ich Tanja. Mein Schrank in den Staaten war mittlererweile gut gefüllt
4 Kommentare:
Sorry Ihr Süßen, ich hatte letzte Woche wirklich keine Zeit zu posten :-(((
Irgendjemand hat mal behauptet, die Vorweihnachtszeit wäre eine besinnliche Zeit ?????
Also ich kann davon nichts merken, echt nicht.....
Ich wünsch Euch viel Spaß beim Lesen und gelobe (mal wieder) Besserung !
@missi: besinnlich?? NÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ!!!
Das ist so ein märchen, das erfunden wurde, damit die muttis überall auf der welt durchhalten im festvorbereitungsstreß! bdw:was gibts bei dir zu essen, schon lang kein kochrezept mehr hier gesehen!!! lol
und zur story: jetzt kommt doch bestimmt raus, das jon ein verhältnis mit tanja hat??? *rofl* *undmitdemfingermalwiederrüberzeig zuderanderenff*
schönen sonntag! mabel
Hallo!
Schließe mich Mabel an. Oh je, wenn Sandy, das mit Tanja erfährt, oh, oh........*fg* Na ja, es ist bestimmt eine andere Tanja. Aber das wärs ja. Hoffentlich hat Sandy bald den Umzug hintersich, damit es wieder schön super wird.
Liebe Missi, laß dich von dem Stress nicht kaputt machen, wir brauchen dich doch!!!!!!
Lg
Waldhexe
Hallo!
Ich wünschen euch allen ein schönes Weihnachtsfest!
LG
Waldhexe
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