Mittwoch, 17. Dezember 2008

Kapitel 52-53 - Ruhe in England

Später fand ich mich auf einer Parkbank wieder. Wie lange ich dort saß, weiß ich nicht mehr. Heute kann ich nicht einmal mehr sagen, was ich in dieser Nacht alles dachte oder fühlte. Ich weiß nur noch, dass ich völlig ausgebrannt und leer war. Alles erschien mir sinnlos und wertlos. Joe hatte in einem Recht. So ging es nicht weiter. So schön es zwischen uns gewesen war, der Preis war zu hoch. Ich begann, mich zu verändern. Ich verlor mich selbst.
Als es hell wurde, winkte ich ein Taxi herbei um mich ins Hotel bringen zu lassen. An der Rezeption ließ ich mir ein anderes Zimmer geben und legte mich aufs Bett.
Tini rief mich gegen 10.00 Uhr an, um mir zu sagen, sie wolle mich zum Frühstück abholen.
Als sie meine Stimme hörte, die gleich nach dem ersten Wort brach, fragte sie nur:

„Wo bist Du ?“

„341“.

Sie legte auf und war nur Minuten später bei mir. Schweigend hörte sie mir zu. Als ich geendet hatte, sagte sie immer wieder nur drei Worte:

„Irre, total irre.“

Sie ließ mich heulen und reichte mir nacheinander Papiertaschentücher.

„Hör auf damit. Der Typ macht Dich kaputt. Es hat keinen Sinn, so weiter zu machen. Das musst Du doch einsehen. Er dreht bei der kleinsten Gelegenheit durch und nachher macht er auf harmlos, entschuldigt sich und eine kleine Weile ist Ruhe. Und sobald Du die Dinge tust, die Dich als Mensch eigentlich ausmachen, tickt er wieder aus. Du bist so anders geworden. Hast Du mal selbst gemerkt, wie wenig Du noch lachst ? Deine Lachsalven, die normalerweise Minuten dauern, die gibt es praktisch nicht mehr. Du kannst sonst minutenlang über den Dreck auf der Straße lachen, und jetzt ? Jetzt schaust Du Dich um, ob auch ja niemand Anstand daran nimmt ! Du lässt Dich total verbiegen. Sandy, das kann echt nicht sein ! Ich lass das nicht zu !“

„Was soll ich denn machen ?“

„Ihr habt jetzt Urlaub geplant, oder ?“

„Gestern Abend haben wir uns eigentlich darauf geeinigt, die zwei Wochen bei mir zuhause zu verbringen. Einfach relaxen, gut essen, ein paar Ausflüge machen. Aber ich kann das jetzt nicht mehr. Und ich will es auch nicht mehr !“

Ich hatte eine SMS erhalten. Tini griff nach meinem Handy und las mir vor:

„Fliege zurück nach Hause. Muss erst über alles nachdenken. Melde mich. Joe.“

Empört sah mich Tini an.

„Das ist ja jetzt wohl der absolute Koffer ! Der hat sie doch wirklich nicht mehr alle ! Der hat Dich überhaupt nicht verdient, Sandy ! Sag mal, spinnt der komplett ?“

Irgendwie war ich überhaupt nicht überrascht. Mir war klar, dass Joe noch einen drauf setzen musste. Ich stand auf und sagte zu Tini:

„Ich fliege jetzt zu mir nach Hause. Ich will alleine sein.“

„Aber Du kannst doch jetzt nicht….“

„Doch Tini, das ist mir so wichtig, wie selten was in meinem Leben.“

„Aber wenn was ist….“

„Mach Dir keine Gedanken, ich wandere ja nicht ins Outback aus. Ich habe Telefon, Strom, Wasser….“

„Ach komm, hör doch auf ! Du kannst doch jetzt nicht….“

Ich unterbrach sie mit meinem Blick.

„Doch, Tini.“

Widerwillig rief sie Tom an, um mir einen Flug Richtung Heimat buchen zu lassen. Ich fragte an der Rezeption nach, ob Joe bereits ausgecheckt hatte und ging nach der Bestätigung in das Zimmer, um meine Sachen zu holen. Als ich fertig war, ging ich nach unten und fuhr zum Flughafen.
Zuhause angekommen, legte ich mich auf mein Bett und schlief völlig erschöpft ein. In der Nacht wachte ich auf.
Als mir die ganze Situation wieder bewusst war, wanderte ich ziellos durch meine Wohnung. Das Gefühl der Sinnlosigkeit und der Leere wurde mir wieder mit einem Schlag bewusst. Ich musste hier weg. Alles erdrückte mich.

Kapitel 53

Das Cottage !
Dort war ich immer glücklich und konnte zu mir selbst finden. Ich rief beim Flughafen an und buchte einen Flug nach England. Meinen Koffer musste ich nicht einmal auspacken, er war ja erst vor ein paar Tagen gepackt worden. Hier. Mit Joe.
Ich drängte die Tränen zurück, öffnete den Koffer und warf alle Kleidung, die mit ihm in Berührung gekommen war, in meine Wäschetonne. Später machte ich mir einen Cappuccino und setzte mich auf meine Terrasse. Als ich das Taxi hörte, nahm ich meine Sachen und ging nach unten.
Der Flug verlief rasch und reibungslos. In Stansted ließ ich mir einen Mietwagen geben und fuhr aus der Stadt. Nachdem die Häuser immer weniger und die Landschaft immer schöner wurde, beruhigte ich mich. Es war bereits Mittag, als ich am Cottage ankam. Ich musste lächeln. Wie lieblich hier doch alles war ! Ich war mir sicher, hier würde ich meinen Frieden finden. Mein Handy hatte wohl mehrfach geklingelt, ich beachtete es jedoch nicht. Ich wollte alleine sein und meine Ruhe haben. Als ich den Wagen geparkt, meinen Koffer ins Haus gestellt hatte, ging ich zu Fuß ins Dorf, um einige Kleinigkeiten einzukaufen.
Da ich eine Sonnenbrille trug, erkannte mich die Frau nicht. Zurück im Haus beschloss ich, zuerst auszuschlafen. Wie durch ein Wunder fiel ich in einen traumlosen Schlaf.
Als ich erwachte, war es bereits dunkel. Ich machte im offenen Kamin Feuer und schenkte mir ein Glas Rotwein ein. Meinen Eltern und Tini sandte ich eine SMS, dass ich weggefahren war und nicht gestört werden wollte. Es sei alles in Ordnung, ich bräuchte nur Ruhe.
Tini wollte wissen, wo ich sei. Ich antwortete nur, an einem Ort, der für mich wichtig sei und an dem ich nachdenken könne.
Meine Eltern antworteten, sie wüssten, wo ich sei. Sie versprachen, es aber niemandem zu verraten.
Die Gedanken an schönere Zeiten mit Joe tauchten wieder vor meinen Augen auf. Bruchstücke von Momenten, Worte, die er mir sagte, Blicke, die er mir zuwarf, Berührungen.
Ungläubig realisierte ich, dass das alles erst ein paar Tage her war und was war seither alles passiert ? Wie sich doch alles verändern konnte. Mit ein paar Worten, ein paar Gesten konnte alles blitzschnell ins Gegenteil gekehrt werden. Ich merkte, wie mir wieder das Wasser in die Augen stieg. Unfähig, mich dagegen zu wehren, gab ich mich schließlich dem Weinen hin.
Bill und Maggie schauten am nächsten Morgen vorbei, um nach mir zu sehen.

„Hallo, Kleines !“ Bill nahm mich liebevoll in seine Arme. Seine Barthaare kitzelten mich, das hatten sie schon, als ich noch ein kleines Mädchen war.

„Hallo, Ihr beiden ! Woher wisst Ihr, dass ich hier bin ?“ fragte ich überrascht.

Ich ging zu Maggie, um sie ebenfalls zu umarmen.

„Deine Mam hat angerufen, wir sollen nach Dir schauen. Deine Eltern machen sich Sorgen.“

„Ich weiß, aber das brauchen sie nicht. Ich brauche die Einsamkeit hier, um mit allem klar zukommen.“

Wir tranken zusammen Tee und ich berichtete.
Die beiden waren sehr mitfühlend und ließen mich reden. Maggie wurde im Laufe des Gespräches sehr wütend.

„Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich dem Kerl in München mal die Leviten gelesen ! Unglaublich, was der sich herausnimmt !“

„Ich glaube nicht, dass das etwas genutzt hätte. Schließlich bin ich selber schuld. Wenn ich mich nicht gleich so auf ihn eingelassen hätte, wäre das alles nicht passiert.“

Nun wurde Bill ärgerlich.

„Das habe ich jetzt aber nicht gehört ! Du wirst Dir doch nicht die Schuld geben ? Du hast Dich einfach und vollkommen arglos in ihn verliebt. Der Typ hat es wirklich überzogen ! Sei froh, dass Du den los bist !“

Die beiden versuchten, mir mit ihren Ratschlägen zu helfen. Als sie gingen, nahmen sie mir das Versprechen ab, dass ich mich melden würde, sollte ich etwas brauchen.
Die Tage in England verbrachte ich mit endlosen Spaziergängen, kochte endlich einmal wieder und las viel. Draußen in dieser grandiosen Natur fühlte ich mich wohl und fand wieder etwas zu mir. Ich konnte mir über meine Gefühle klar werden und das alles besser realisieren.
Es war vorbei.
Es musste vorbei sein, wollte ich nicht zugrunde gehen.

Meine Jungs fragten ebenfalls vehement per SMS nach, wo ich sei. Ich solle mich melden, sie wollten mir helfen. Nach ein paar Tagen rief niemand mehr an, sie hatten wohl akzeptiert, dass ich mit niemandem reden wollte.
Die zwei Wochen neigten sich dem Ende und mir graute vor den kommenden Tagen. Schließlich hatten wir ja noch die Konzerte in England und so weiter. Ich würde noch 5-mal mit Joe auf der Bühne stehen und knappe drei Wochen lang waren wir noch auf Tour.
Wie das gehen sollte, war mir völlig unklar.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Gute Idee Sandy. In Ruhe mit dem notwendigen Abstand über alles nachzudenken hilft immer weiter.

Joe, du bist ein egoistischer Depp!!!

Schön, dass sie so viele Freunde hat auf die sie zählen kann.

Bin gespannt wie die Konzerte gemeinsam mit Joe laufen werden .... Die beiden sollen sich bitte NICHT mehr versöhnen!!

LG

Murmele hat gesagt…

Endlich.......

Endlich hat sie kapiert, das Joe nicht gut für sie ist und das er sie kaputt macht....

wurde aber auch Zeit..!!!!!!

Die restlichen Konzerte übersteht sie auch... sie sollte bloß nicht mehr das Lied mit ihm zusammen spielen, sonst kommen die Erinnerungen wieder hoch...

Joe lass Sandy in Ruhe und mach sie nicht weiter fertig...

Anonym hat gesagt…

Raus und den Kopf freikriegen.... das ist jetzt genau das richtige. Sich klar darüber zu werden wer sie ist und was sie will...

Was sie dann tut wenn sie beim nächsten Konzert auf ihn trifft steht wahrscheinlich auf einem anderen Blatt...

Klar ist das diese letzten Konzerte noch ein gewaltiger Kraftakt werden...und ich bin gespannt wie er sich verhält.

@murmele:
Ich hoffe du denkst auch mal an deine *Fans* und bescherst uns noch vor Heilig Abend mit einem neuen Teil...grins..

LG Sam

Anonym hat gesagt…

Ich hoffe Sandy bleibt nicht so lange in der Einsamkeit und trennt sich bald von Joe. Bitte, bitte ganz schnell trennen und ein super männliches Exemplar aufreißen!!!(Ich sage nicht an wen ich denke, doch ich denke ihr wißt, wen ich meine) *FG*

Lg
Waldhexe

Mabel hat gesagt…

hey,missi! was ist denn hier defekt? wo ist mein heutiger lesestoff?
*grummelundspäternochmalvorbeischau* mabel

runaway* hat gesagt…

Prost!

Endlich scheint es ja auch bei ihr angekommen zu sein, dass es so das beste ist.