Kapitel 44-45 - Frauengespräche

Der Fernseher lief am nächsten Morgen immer noch. Ich rief Tini an und verabredete mich mit ihr in unserem Wellness-Tempel. Ein bisschen schwimmen, Massagen, auf dem heißen Stein liegen, das war genau das richtige ! Als wir in Handtüchern gehüllt auf den beheizten Steinliegen relaxten, hatten wir endlich mal wieder Zeit für unsere Frauengespräche.

„Schon verrückt, die letzten Monate. Ich kann kaum fassen, was alles geschehen ist. Sandy, Du bist berühmt, Dein Freund ist berühmt, Euer Album läuft immer noch wie Bolle und Endless Love ist auf dem Weg zur zweiten Nummer eins.“

Zufrieden sah ich zu ihr.

„Ja, es ist schon Wahnsinn ! Ich kann mein Glück noch immer nicht fassen.“

Ich erzählte ihr von meinem Besuch bei meinen Eltern und auch von den Bemerkungen meiner Mutter.

„Also“, begann sie zaghaft. „Manchmal ist er wirklich sehr besitz ergreifend. Mir ist halt aufgefallen, dass, wenn Du mal nicht in seinen Armen liegst oder auf seinem Schoss sitzt, er Dich keine Sekunde aus den Augen lässt. Sicher, Ihr seid frisch verliebt, aber er verfolgt Dich ja regelrecht mit seinen Blicken. Und dann der Anruf in Barcelona, als er Dich so zur Schnecke gemacht hat, weil Du mal ein paar Stunden nicht für ihn zu erreichen warst. Ich fand das schon ein bisschen übertrieben.“

Ich nickte nachdenklich.

„Du hast sicher Recht, aber er hatte vielleicht Angst, die wenige Zeit, die wir hatten, zu verschwenden. Vielleicht wollte er deswegen jede Sekunde mit mir verbringen.“

„Kann sein, aber ich mache jede Wette, dass nachher, wenn wir hier rausgehen, mindestens ein Anruf oder eine SMS auf Deinem Handy sind.“

„Es kann ja sein, dass er nur fürchterlich verliebt ist und deswegen so reagiert.“

„Sandy, mach Dir nichts vor. Er wollte doch auch, dass Du die Termine in Deutschland platzen lässt und mit ihm nach Asien gehst. Und das kann er nicht verlangen, das ist einfach zu viel.“

„Stimmt schon. Mal sehen, vielleicht ist es gar nicht so schlecht, wenn wir uns die drei Wochen nicht sehen.“

„Ich glaube eher, dass es noch schlimmer wird. Aber ich will nicht orakeln, und ich will Dir da nichts einreden. Genieß Eure Zeit, ich kann mich auch täuschen.“

Tini hatte Recht. Aber es war nicht ein Anruf von ihm, sondern fünf. Und in den drei SMS, die er geschrieben hatte, forderte er mich wieder unmissverständlich auf, mich sofort bei ihm zu melden. Zuerst ging ich jedoch nach Hause. Ich bekam Herzklopfen, da ich davon ausging, dass etwas passiert sein musste. Aufgeregt rief ich ihn zurück.
Er brüllte ins Telefon:

„Wo treibst Du Dich herum ? Warum kann ich Dich schon wieder nicht erreichen ? Du gehst zuhause nicht ans Telefon, ans Handy nicht und auf meine SMS antwortest Du auch nicht ! Was soll das schon wieder ? Ich dachte, wir hätten ausgemacht, dass Du mir sagst, wo Du bist.“

Ich versuchte, ruhig zu bleiben.

„Joe“, begann ich leise, „ich war nur mit Tini beim Schwimmen und wir haben uns noch eine Massage gegönnt. Es ist helllichter Tag, im Gegensatz zu Tokio, dort ist es meiner Zeitrechnung nach tiefdunkle Nacht. Und Du solltest eigentlich schlafen !“

„Ich kann nicht schlafen, und weißt Du was, Du bist der Grund dafür ! Du bist nicht hier und das macht mich wahnsinnig. Ich kann nicht ohne Dich sein. Flieg mit dem nächsten Flieger her !“

„Du weißt genau, dass das nicht geht, Joe ! Wir haben hier noch einige Verträge zu erfüllen, und zu Deiner Info: Endless Love ist in Charts und da Du nicht hier bist, werde ich die Termine alleine wahrnehmen müssen. Die sind noch gar nicht eingerechnet und ich werde wahrscheinlich mehr unterwegs sein, als ursprünglich angenommen.“

„Das kannst Du vergessen, ich möchte, dass Du hierher kommst. Irgendjemand wird das doch für Dich organisieren können !“

„Ich kann das auch alleine organisieren, aber ich werde sicherlich nicht meine Karriere aufs Spiel setzen, nur weil Du mich keine Minute alleine lassen willst. Joe, ich bin ein freier Mensch, ich bin für mich selbst verantwortlich und ich bin es nicht gewohnt, dass man mir ständig Vorschriften macht. Ich kann es auch nicht leiden, wenn man mich kontrolliert. Ich bin nämlich schon eine ganze Weile erwachsen !“

Kapitel 45

Wütend legte ich auf. Die Tränen schossen mir in die Augen und mir wurde klar, was meine Mam und Tini gemeint hatten. Sein Verhalten war einfach nicht normal. Aber, was zur Hölle, sollte ich tun ?
Weinend ging ich zu Bett und heulte mich in den Schlaf.
Es klingelte. Schlaftrunken wälzte ich mich aus dem Bett um zu öffnen. Ein riesiger Strauß blutroter Rosen prangte vor meinen Augen. Ich gab dem Boten ein paar Münzen Trinkgeld und schloss die Tür. Wie hatte er das nur wieder geschafft ? Ich musste lächeln und die Welt sah gleich ein wenig freundlicher aus. Hier hatte wohl jemanden das schlechte Gewissen geplagt. Wie auf Kommando ging mein Festapparat.

„Hi Babe, es tut mir leid wegen gestern. Aber Du bist so weit weg von mir und ich fühle mich schrecklich einsam hier.“

„Du fehlst mir doch genau so.“

„Ich weiß auch nicht, warum ich so fürchterlich ausgerastet bin. Es kommt nicht wieder vor, versprochen !“

„Du weißt, ich liebe Dich ! Und Du weißt, dass ich Dir treu bin ! Sag mir, dass Du mir endlich glaubst ! Ich kann so nicht leben, mit dieser Kontrolle und mit diesen Wutausbrüchen von Dir. Bitte hör auf damit, mach nicht alles kaputt.“

„Sandy, ich schwöre Dir, dass das nicht so gemeint war. Ich liebe Dich eben einfach zu sehr. Hast Du die Blumen bekommen ?“

„Ja, das hat mich sehr gefreut ! Sie sind wunderschön !“

„Sie sind aber nicht so schön, wie Du !“

Er versprach mir noch, endlich schlafen zu gehen und wir legten auf.
Erleichtert rief ich Tini an und lud sie zu mir zum Frühstück ein. Sie kam dann auch gleich angerauscht. Da unsere telepathischen Fähigkeiten wunderbar funktionierten, sah sie mich gleich nach dem Eintreten mit ihrem sorgenvollen Blick an und ich schüttete ihr mein Herz aus. Wie immer hörte sie mir ruhig zu und tröstete mich.

„So, genug an Joe gedacht ! Wie sieht`s mit unserer Freizeitplanung aus ? Ich würde sagen, wir rufen mal unsere alten Freunde an und veranstalten heute Abend eine Grillparty !“

„Oh, klasse Idee, Tini ! Wo feiern wir ?“

„Natürlich hier ! Du kannst ja schlecht groß ausgehen in unserer Kleinstadt. Was glaubst Du, was los ist, wenn Dich jemand erkennt ?“

Sie hatte Recht. Ausgehen machte wohl wenig Sinn, selbst wenn ich getarnt wäre, würden sich die Leute nicht täuschen lassen.
Wir verfassten zusammen den Einkaufszettel und solange Tini beim Einkaufen war, rief ich die ganze alte Clique an. Erfreut sagten alle zu und versprachen pünktlich zu kommen.
Als Tini zurück war, machten wir uns gleich an die Vorbereitungen, es waren dann doch 12 Personen, die kommen wollten und bereits später Nachmittag.
Ich zog mich noch schnell um, als die ersten auch schon eintrudelten. Neugierig fragten sie uns aus, wie es uns in der letzten Zeit ergangen war und natürlich kam das Gespräch auch auf Joe. Sie fragten nach Aerosmith und wie sie denn so wären. Ich versprach ihnen die gewünschten Autogramme zu besorgen und versuchte, den vielen Fragen gerecht zu werden. Irgendwann drehten wir den Spieß um und fragten unsere Freunde aus. Es wurde ein toller Abend und da es dann doch schon hell wurde, schlief Tini bei mir. Joe hatte mir nur eine kurze SMS gesandt, in der er mir seine Liebe versicherte und mich leider nur elektronisch küsste.
Wir frühstückten gemütlich draußen und räumten danach das Chaos auf. Tini verschwand nach Hause und ich genoss es, zuhause in meiner Wohnung zu sein. Ich legte mich auf meine Liege, um mich ein wenig von der Sonne verwöhnen zu lassen. Ich war gerade am eindösen, als ich hörte, dass mein Handy klingelte.