Kapitel 37 - Paparrazzi

Wir erwachten morgens von heftigem Klopfen an der Zimmertür.

„Joe, Sandy, macht bitte auf !“

Joe schlang das Bettlaken um sich und öffnete.
Ich verwand schnell im Bad, um mich anzuziehen.

„Sie haben Euch in der Nacht vor dem Restaurant erwischt. Die Fotos sind ziemlich scharf geschossen.“

Ich trat aus dem Bad und begrüßte die beiden. Gemeinsam blätterten wir die Zeitungen durch. Die La Repubblica hatte gleich mehrere Fotos abgebildet, die uns zwei eindeutig zeigte. Leugnen war hier nicht möglich. Unsere Gesichter waren genau zu erkennen. Die Titelzeile amüsierte Joe:

„Das neue Rock-Traumpaar !“

Direkt darunter war ein Foto, bei dem Joe`s Hand mein Kleid bis kurz unter meinem Hintern hochgeschoben hatte. Als Gag hatten sie einen kleinen Pfeil Richtung meines hochgeschobenen Rockes hineingebastelt.
Die La Gazzetta hatte meine Liaison mit Tom heraus gegraben und verglich Tom und Joe mit Vor- und Nachteilen, die eine Frau mit ihnen wohl hätte. Wir waren in allen Tageszeitungen Thema.
Die Tür ging auf und Steven kam mit einem breiten Grinsen herein geschneit.

„Klasse PR, Ihr zwei ! Wären wir noch nicht ausverkauft gewesen, Ihr beide hättet das heute noch geschafft !“

„Na wenigstens einer, dem das gefällt!“ fauchte ich ihn an.

„Ich finde die Sache gar nicht so schlimm. Joe ist mit Billie zwar noch verheiratet, jedoch auch nur auf dem Papier. Ich glaube, sie interessiert das auch nicht. Ein Ehe-Drama ist also nicht zu befürchten. Und Steven hat recht, es sind echt scharfe Fotos.“

Tom nickte und pflichtete Dan bei:

„Es stimmt, die PR ist nicht zu verachten. Ich bin überrascht, dass die Geschichte für die Medien so interessant ist. Ich hätte nicht gedacht, dass so große Berichte erscheinen.“

„Soll ich für Euch jetzt etwa Champagner zum Feiern besorgen ?“ fauchte ich.

Ich wandte mich total enttäuscht ab. Für sie war nur die PR wichtig, wie es mir dabei ging, war völlig egal. Ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken, dass ich in einer eindeutigen Situation heimlich geknipst worden war. Jeder sah, was zwischen uns beiden in diesem Moment vor sich gegangen war. Jeder konnte ahnen, was kurz darauf passiert war.
Ich wollte weg, aber Joe hatte bemerkt, was ich vorhatte. Er hielt mich an den Handgelenken fest und sah mich mit einem zwingenden Blick an.

„Wo willst Du hin ? Du kannst jetzt nicht weglaufen ! Beruhige Dich, so schlimm ist es doch wirklich nicht ! Sandy, Du musst Dich an solche Sachen gewöhnen. Wenn sie uns nicht erwischt hätten, wäre wahrscheinlich eine Story von Dir und Steven erschienen. Sie hätten sich dann irgendetwas ausgedacht, um ihre Auflage zu steigern. Du musst das ganze etwas lockerer sehen.“

Ich starrte ihn an. Tom kam auf mich zu und tippte Joe auf die Schulter, worauf hin dieser meine Handgelenke los ließ.

„Sandy, es ist doch nicht die erste Geschichte, die über Dich erscheint. Und wie viele waren davon wahr ?“

Ja, das stimmte schon, aber….

„Nichts ist so alt, wie die Zeitung von heute.“

Dan hatte die ganze Zeit nichts mehr gesagt. Er hatte die Zeitungen betrachtet. Nun wandte er sich an uns und schlug vor, wir sollten die Sache öffentlich machen.

„Habt Ihr keine Lust, heute Abend einen Lovesong zusammen zu singen ? So einen richtigen Schmalzfetzen, wo Ihr beide Euch so richtig anschmachtet ? Ich denke, Angriff ist die beste Verteidigung, und wenn Ihr das ganze öffentlich auf der Bühne bringt, nehmt Ihr Ihnen zumindest den Wind aus den Segeln.“

„Endless Love, das müsste gehen“, schlug Tom vor. „Das könnt Ihr heute noch proben und beim Konzert zusammen singen.“

„Okay“, sagte Joe gedehnt. „Nine Lives bringt das ja immer ziemlich zum Schluss. Ich komme dann auf die Bühne, statt Stefan spiele ich Gitarre und wir singen den Song gemeinsam.“

„Super“ stimmte auch Steven zu, nachdem die anderen bereits genickt hatten.

„Bist Du einverstanden ?“ fragte Joe und sah mich bittend an.

„Ihr habt mich überredet, aber in Ordnung finde ich das ganze nicht,“ stimmte ich mit gemischten Gefühlen zu.
Tom verabschiedete sich und wollte meine Jungs informieren. Dan und Steven folgten ihm kurz darauf. Ich zog meine Trainings-Klamotten an und wollte laufen gehen.

„Hey, Du willst schon wieder abhauen !“

„Ich muss das ganze erst einmal für mich verarbeiten.“

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging ich aus dem Zimmer und rannte die Treppen hinunter. Die ganze Sache gefiel mir nicht wirklich, ich hasste es, wenn andere durch irgendwelche Schlagzeilen über ihr Privatleben Karriere machten. Ich wollte das nicht. Aber hatte ich eine Chance ?
Ziellos rannte ich durch die Straßen, ich kannte mich in Rom nun überhaupt nicht aus, doch kurz darauf fand ich eine Grünanlage, wo ich frische Luft tanken konnte. Ich powerte mich total aus, bevor ich zum Hotel zurücklief. Dieses Mal bemerkte ich die Kameras und winkte den Journalisten freundlich zu. Schon mit Absicht. Wenn sie das Spiel spielen wollten, dann spielte ich mit.
Zurück in unserer Suite lehnte ich mich erschöpft an die Tür. Joe saß auf einem Stuhl, eine Gitarre in der Hand und spielte unser Endless Love. Stefan kam aus dem Bad, sagte kurz „Hi“ und schnappte sich seine Gitarre. Er übte mit Joe den Song, den wir abends zusammen performen sollten.
Da die beiden völlig in ihr Spiel versunken waren, ging ich duschen. Als ich mich wieder restauriert hatte, trat ich zu ihnen und sang. Kurze Zeit später lächelte Stefan Joe an und sagte:

„Okay, Du hast es drauf. Ihr kommt ja jetzt sicher ohne mich klar.“

„Danke Stefan“, ich nahm ihn in den Arm und drückte ihn fest.

„Kein Problem, ich find die Idee echt toll und wenn`s Euch beiden hilft !“

Wir probten bis zum späten Nachmittag, es machte uns beiden so viel Spaß, miteinander zu proben. Doch dann wurden wir jäh durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen.

Stefan fragte: „Seid Ihr soweit ? Wir müssen !“