Wir zogen dann endlich los, ließen uns vom Hotel-Chauffeur in die Stadt fahren und machten uns daran, sämtliche Designer-Läden in der City zu stürmen. Das war das schöne an unserem neuen Leben: Einkaufen ohne Reue, weil man plötzlich über das nötige Kleingeld verfügte.
Joe war ein Gentleman. Er hielt uns die Autotür auf, reichte uns die Hand, um uns beim Aussteigen zu helfen, war einfach sehr zuvorkommend. Das verunsicherte mich ziemlich, da ich ihn bis jetzt nur fordernd und nehmend kannte. Aber bei Tageslicht und außerhalb meines Hotelzimmers hatte ich ja noch nicht viel Zeit mit ihm verbringen können. Wir steuerten die ersten namhaften Shops, oder wie sagt man so schön, Dependancen an. Tini und ich konnten uns nicht entscheiden, wir hatten echt die Qual der Wahl. Natürlich tendierte ich wieder zu Schwarz, es war einfach meine Farbe. Nach langem hin und her nahm Joe die Sache in die Hand. Er flüsterte von seinem Sitzplatz aus den Verkäuferinnen etwas zu, stand auf und verschwand mit ihnen. Tini und ich schauten uns zuerst ratlos an und begannen dann schallend zu lachen.
„Was der jetzt wohl macht ?“ fragte Tini, lachend beide Hände vor dem Gesicht.
„Ich habe keine Ahnung. Vielleicht hat er sie zum Essen eingeladen, weil er vor lauter Warten schon am Verhungern ist.“
„Oder er fliegt mit Ihnen in Urlaub, weil er glaubt, wir sind eh erst in zwei Wochen mit Aussuchen fertig.“
Wir schauten auf den Berg mit Kleidern, Hosen und Oberteilen, die wir schon anprobiert hatten und begannen wieder zu lachen.
Da kam Joe um die Ecke gebogen mit zwei wunderschönen schwarzen Kleidern. Er hielt in jeder Hand eines hoch und sagte:
„So, die beiden probiert Ihr jetzt an ! Wenn sie Euch gefallen, schenke ich sie Euch!“
„Joe, das sind ja beides die gleichen !“ rief Tini.
„Ja, das ist auch von mir beabsichtigt. Ihr seht schließlich wie Zwillinge aus !“
Wir probierten die Kleider an und ich musste mal wieder feststellen, dass mir Joe manchmal unheimlich war. Sie passten wie angegossen.
Als wir uns anschauten, staunten wir nicht schlecht. Wir sahen wirklich wie Zwillinge aus. Die Verkäuferinnen eilten mit Schuhen und Taschen herbei uns staffierten uns damit aus. Fertig ! Wir waren beide wirklich baff.
Joe lehnte an einer Marmorsäule und lächelte mich mit dem gewissen Lächeln an. Ein wenig von oben herab, mit hochgezogener Oberlippe, und mit dem Ausdruck „Und das gehört mir“.
Tini lief auf ihn zu, schmatzte ihn links und rechts ab und bedankte sich strahlend.
Da ich nicht zurückstehen wollte, tat ich dasselbe. Als ich mich von ihm lösen wollte, hielt er mich fest und schaute mich eindringlich an.
„Hmhm“ räusperte sich Tini hinter uns. Etwas unsicher fragte sie dann:
„Wollen wir dann wieder ?“
„Okay !“ antwortete ich.
Ich drehte mich um und ging zur Umkleidekabine. Oh Mann, das war wieder echt klasse ! Spätestens jetzt hatte sie was bemerkt. Wortlos stieg ich in meine Jeans, zog mein Top an und schlüpfte in meine Flip Flops. Als Tini ihre Kabine verließ, traf mich ihr Blick.
„Ich glaube, wir müssen reden !“
„Ja, Tini, das glaube ich auch. Aber später, wenn wir zwei alleine sind.“
Wir gingen nach unten, wo wir von Joe, bepackt mit Tüten, bereits erwartet wurden.
„So genug der edlen Stoffe, ich glaube, Ihr beide braucht jetzt noch was flippigeres. Wir gehen jetzt in einen echt hippen Laden !“ sagte Joe und wies den Fahrer, der auf uns gewartet hatte, an zu einem bestimmten Geschäft zu fahren.
Dort angekommen war mir sofort klar, dass meine Kreditkarte glühen würde. Auf Anhieb fanden wir etliche Tops, Schuhe, Taschen, Tücher. Tini verlustierte sich mal wieder bei den Sonnenbrillen. Sie ist wirklich süchtig danach und kann stundenlang überlegen, welche fünf von den dreißig auf dem Ladentisch sie nun kaufen will. Ich ging zu den Jeans und hatte bereits zwei auf dem Arm als Joe hinter mich trat und sagte:
„Hier, ich hab die Jeans für Dich.“
Ich drehte mich um und schaute die Jeans an. Total ausgebleicht, total zerfetzt und so wahnsinnig irre, dass ich bereits beim Anschauen Angst hatte, sie könnte nicht passen.
„Okay, ich teste sie mal. Ich weiß allerdings nicht, ob ich in die alleine `reinkomme !“
Ich musste lachen.
„Woher weißt Du eigentlich meine Größe ?“
„Intuition und meine Hände.“
„Deine Hände ?“
Er lächelte mich nur siegessicher an und sagte dann:
„Ich komm mit und helfe Dir, sie anzuziehen.“
„Joe, das ist keine so gute Idee.“
„Ich denke doch !“ sagte er und schob mich rückwärts, die Hände an meinen Hüften Richtung Umkleidekabinen.
Er schloss die Tür hinter sich. Den Blick auf mich gerichtet, lehnte er an der Tür. Ich zog mich aus und griff nach der Joe-Jeans, schlüpfte hinein und wusste, was er vorher mit „Meine Hände“ meinte. Selten passte mir eine Jeans auf Anhieb und selten passte mir eine so wie die.
„Ab jetzt nehm ich Dich immer zum Shoppen mit !“ lachte ich.
Ich ging auf ihn zu und begann ihn zu küssen.
„Sandy, es ist wohl besser, wenn wir damit aufhören.“
„Warum ? Die Tür ist doch zu !“
„Okay, aber ich glaube, die haben hier keinerlei Schallschutz.“
„Nein, den haben sie wirklich hier nicht !“ ertönte von draußen Tini`s Stimme.
Ich schaute Joe erschrocken an. Oh mein Gott ! Jetzt war`s dann wirklich `raus. Er zuckte allerdings nur seine Schultern und öffnete die Tür. Tini stand draußen und schaute mich dermaßen vorwurfsvoll an, dass mir schlagartig all meine Sünden einfielen.
„Tini, es ist nicht so ….“
„Wie ich denke ? Wie denn dann ?“ fauchte sie uns beide an.
„Was soll ich denn davon halten, wenn ich Euch in einer Kabine verschwinden sehe, Euch beim Knutschen zuhören kann und Du dann ein solch schuldbewusstes Gesicht machst, dass ich allein daraus alles lesen kann ?“
Sie bebte innerlich wie ein Vulkan.
Joe hob beide Hände beschwichtigend und sagte mit einer ganz ruhigen Stimme:
„Stop, Mädels ! Wir gehen jetzt an die Kasse, bezahlen und dann suchen wir uns einen Platz, an dem wir uns ruhig unterhalten können !“
Er winkte den Verkäufern zu und wies sie an, sie sollten unsere Sachen verpacken und gab ihnen seine Kreditkarte.
Ich hielt ihn am Arm fest und sagte: „Joe, ich möchte nicht, dass Du das alles bezahlst !“
Tini zickte herum: „Ich auch nicht !“
Er reagierte überhaupt nicht, sondern zeigte Richtung Ausgang.
„Ihr beide setzt Euch jetzt in den Wagen, und zwar ohne zu streiten. Sofort.“
Wir taten wie befohlen und warteten auf ihn. Wortlos. Wir schauten uns nicht ein einziges Mal an. Ich wagte kaum zu atmen.
Die Autotür öffnete sich und Joe setzte sich. Er fragte den Fahrer nach einem Cafe, in dem man ungestört wäre. Der Fahrer lächelte und antwortete:
„Si si, ich weiß eines, dass für Sie in Frage kommt, liegt allerdings etwas außerhalb.“
Joe nickte nur und wir fuhren los.
1 Kommentar:
ach du scheiße.... ERWISCHT........
Tini ist ja wirklich angepisst.... die wird Sandy gehörig den Kopf waschen und hoffentlich sagt sie nichts zu Tom, das wäre echt keine gute Idee...
Das muss Sandy machen und zwar schnell.........
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