Kapitel 5

Als ich am nächsten Morgen erwachte, kam mir alles wie ein Traum vor. Ich glaubte kaum, was ich an diesem Wochenende alles erlebt hatte. Ich zweifelte langsam, ob es wirklich war. Total deprimiert ging ich zur Arbeit. Ich erledigte meine Aufgaben wie in Trance. Alles, aber wirklich alles kam mir in meinem Job sinnlos und unnötig vor. Bestellungen erfassen, Personalangelegenheiten erledigen, Reklamationen bearbeiten, Termine überwachen. Es war alles so bescheuert. So wie es aussah, hatte ich eine ausgewachsene Depression. Den ganzen Dienstag war ich total gereizt und voll gespannter Erwartung. In mir kribbelte alles, ich war für meine Arbeitskollegen so gut wie nicht ansprechbar. Das einzige Highlight an diesem Tag erlebte ich in meiner Mittagspause, als ich im Anwaltsverzeichnis eine viel versprechende Anzeige fand. Es gab in unserer Stadt tatsächlich einen Anwalt, der sich auf Musikverträge spezialisiert hatte. Ich ließ mir für den frühen Abend einen Termin geben und machte mich nach Feierabend gleich auf den Weg zu ihm. Dr. Sommer empfing mich sehr freundlich und erklärte sich sofort bereit, uns am Mittwoch nach München zu begleiten. Ich erledigte gleich den ganzen Schriftkram wie Vollmacht und so weiter mit ihm und fuhr nach Hause.
Ich lud die anderen zu mir in die Wohnung ein und kochte für alle Spaghetti mit Kräutersoße. Wir aßen gemeinsam und ich erzählte ihnen alles. Es war eine super Stimmung zwischen uns. Aber auch eine gespannte Neugierde. Wir malten uns aus, wie es mit uns weitergehen könnte, wie wir auf Platz eins der Single-Charts wären, wie wir Konzerte spielten. So spannen wir herum und es wurde ein schöner Abend. Wir verabredeten uns für Mittwoch früh um neun, da wir um 10.30 Uhr den Termin mit Tom bei 8tfm hatten und ja ein Stückchen nach München fahren mussten.
Morgen würden wir vielleicht unseren ersten Plattenvertrag unterschreiben ! Es war unglaublich ! Ich konnte es nicht mehr erwarten, bis es soweit war.
Am nächsten Morgen wachte ich bereits um 5.00 Uhr auf. Da ich sonst ein ausgewachsener Morgenmuffel bin, der erst nach dem zehnten Weckerklingeln so langsam mal in die Puschen kommt, war ich doch ziemlich verstört. So früh ? Noch kein Wecker geklingelt ? Ich schaute mich verwirrt in meinem Schlafzimmer um. Plötzlich fiel mir alles wieder ein und ich sprang aus dem Bett. Was soll ich bloß anziehen ? Dieser blöde Kleiderschrank ! Nichts wie Müll ! Alles nichts sagende Klamotten, so normal eben. Meine Bühnenklamotten konnte ich ja wohl schlecht anziehen. Ich entschloss mich erst mal zu duschen. Vielleicht war ich dann ja wach und konnte mich entscheiden. Ich entschied mich für meine Lieblingsjeans und für mein neue blau gemusterte Tunika. Meine langen lockigen Haare steckte ich hoch und zog ein paar der frisch blondierten Strähnen heraus. Beim Make-up entschied ich mich dann doch für ein dramatischeres mit dunkelblauem Kajal und dunkelblauer Wimperntusche. Ich fand, ich sah toll aus an diesem Morgen !
Wir trafen uns bei mir, weil ich mit meinen Schätzchen und unserem Anwalt Herrn Sommer noch in Ruhe frühstücken wollte. Danach fuhren wir los. Alle redeten aufgeregt durcheinander und schließlich fanden wir auch das Bürohaus von 8tfm, wo wir mithilfe von Tom per Handy hingelotst wurden. Wir wurden bereits am Empfang erwartet und eine Dame geleitete uns zu Tom Weyer`s Büro. Wir waren mörder aufgeregt.
Tom begrüßte uns lächelnd und stellte uns seinen Assistenten und den Anwalt von 8tfm vor. Wir stellten uns und unseren Anwalt Peter Sommer vor und setzten uns in eine bequeme Ledercouch. Sie passte zu Tom, weiches knautschiges, hellbraunes Leder.
Wir lasen die Verträge durch. Es war ein Traum ! 8tfm wollte uns für 5 ! Alben, die wir in den nächsten zehn Jahren abzuliefern hatten. Wir konnten aufgrund der Verträge über eigene Stylisten, Imageberater, usw. verfügen. Außerdem bekamen wir für das nächste Rock-im-Park-Konzert einen Gig ! Weiter war eine Klausel enthalten, in der festgelegt war, dass „Can`t stop calling you“ als Single lanciert wird, mit Vorstellung im Radio, Videoclip, Treffs bei Viva, MTV…. ! Es war der Oberhammer !
Peter Sommer bat sich jedoch ein wenig Zeit aus, um die Verträge in Ruhe durchzulesen und anschließend mit uns alleine durchzusprechen. Dies taten wir dann auch. Wir konnten jedoch keinerlei Haken feststellen. Am späten Nachmittag unterschrieben wir.
Tja, somit war unser Plattenvertrag hieb- und stichfest. Wir hatten eine Zukunft. Vor allem hatten wir in Tom jemand, der fest an uns glaubte. Er lud uns zur Feier des Tages zum Essen ein. Auch er wirkte an diesem Abend sehr entspannt. Als ich zur Toilette ging, ging er mir nach.
„Ich möchte mit Dir alleine reden. Können wir uns kurz an die Bar setzen ?“