Ich drehte mich um und Joe Perry stand vor mir. Wir hatten uns zwar vor der Tour immer wieder gesprochen, jedoch nie alleine. Schon immer hatte ich für Aerosmith und insbesondere für Joe geschwärmt. Alleine sein Blick ! Mit diesem Blick hatte er mich vor Jahren bei einem 1000-Mann-Konzert für Just push play einmal hypnotisiert und ich war mir damals sicher, er hatte nur mich alleine angeschaut ! Genau dieser Blick traf mich nun.
„Hast Du für mich auch `ne Zigarette ?“
Ich reichte ihm wortlos meine Schachtel und mein Feuerzeug.
„Es ist unheimlich schön, vor einem Gig im leeren Stadion zu sitzen und seine Kräfte zu sammeln.“
Ich sah ihn an und antwortete ihm:
„Ja, es hilft mir sehr im Moment.“
„Hast Du irgendwelche Sorgen ? Du schaust ziemlich traurig aus.“
„Eigentlich müsste ich ihm Moment vor lauter Freude herumhüpfen. Ich müsste jubeln und einfach nur glücklich sein. Wir haben einen wahnsinnigen Erfolg, wir sind auf Platz eins mit unserer Single, unser Album klettert die Charts hoch, ich habe einen tollen Freund, eine tolle beste Freundin und eine Superband um mich herum.“
„Und warum machst Du dann einen so unglücklichen Eindruck ?“
„Ich weiß es nicht. Ich spüre nur, dass tief in mir etwas ist, das an mir nagt.“
„Du musst es herausfinden. Du musst Deine Mitte finden und Du musst alles, was in Deinem Leben nicht in Ordnung ist, eliminieren. Sonst packst Du dieses Leben nicht und wirst zu Grunde gehen. Glaub es mir. Ich war ganz unten, meine Band war ganz unten. Wir waren so von Drogen umnebelt, dass wir nicht einmal merkten, wie wir uns zerstörten. Sogar unsere Familien haben wir zerstört.“
Er sah mich unbewegt an. Es kam mir vor, als verrannen die Minuten, Stunden.
Ich zwang mich, meinen Blick von ihm zu lösen und sagte mit zittriger Stimme:
„Ich glaube, es wird Zeit. Wir müssen wieder zurück.“
„Ja, lass uns gehen. Ich möchte Dir nur noch eines sagen: Wenn Du jemanden brauchst, komm zu mir. Rede mit mir. Ich versuche, Dir zu helfen. Okay ?“
Er nahm meine Hand und zog mich an sich. Ich ließ es geschehen und merkte, wie unsagbar gut mir seine Nähe tat.
Wir saßen noch wenige Minuten so da und hielten uns im Arm. Mein Atem wurde wieder ruhiger und ich selbst auch. Mir wurde bewusst wie gut mir Joe in diesem Augenblick tat. Er bewegte sich und wir schauten uns noch einmal sehr lange an. Er begann zu lächeln und stupste mich mit seinem Zeigefinger an die Nase. Da erwiderte ich sein Lächeln.
Kapitel 13
Wir gingen zusammen zurück in unsere Garderoben. Tom sprang auf und legte sein Handy zur Seite.
„Wo warst Du ? Wir haben uns schon Sorgen gemacht !“
„Ich war oben im Stadion. Ich wollte mir das mal ansehen.“
„Ganz allein ?“
„Ja. Ich war alleine. Ich wollte einfach ein wenig Ruhe haben und für mich sein. Du verstehst das sicher ?“
„Natürlich. Aber ab heute Nacht wirst Du die nächsten Tage alleine sein. Ich muss zurück nach München. Bei 8tmf gibt es Schwierigkeiten mit einer Band, die ich schon länger im Auge habe und ich werde mich wohl selbst darum kümmern müssen.“
Erschrocken blickte ich ihn an.
„Hoffentlich kannst Du die Probleme lösen und bekommst keinen Ärger ?“
„Ne ne, ich denke ich bekomme keinen Ärger, denn die Band wurde von einem anderen Agenten betreut. Nur wollen die Leute wohl nicht mehr mit ihm zusammen arbeiten und verlangen nach jemand anderem. Und bei Euch läuft ja soweit alles weiter wie geschmiert, es ist ja alles bestens geregelt und organisiert. Außerdem habt Ihr nach diesem Konzert ein paar Tage Urlaub und die Weiterreise steht auch schon fest.“
„Ja, sicher. Aber ich mache mir schon meine Gedanken um Dich.“
„Nun mal keine Panik. Ich springe ja nur ein, um der Band zu helfen und weitere Probleme zu vermeiden. Du brauchst Dir keine Sorgen um mich zu machen.“
„Gehst Du gleich oder schaust Du Dir das Konzert noch an ?“
„Mein Schatz, leider muss ich gleich los. Es tut mir leid, ausgerechnet heute in dieser wundervollen Arena nicht dabei zu sein. Aber es lässt sich leider nicht ändern.“
Wir küssten uns noch sehr lange und hielten uns fest umarmt. Dann ging er.
Mit Tränen in den Augen ging ich in meine Garderobe um mich schminken zu lassen. Die Visagistin sah mich entsetzt an und fragte mich:
„Na Schätzchen, was ist denn los ?“
„Tom musste nach München zurück. Ausgerechnet heute ! Ausgerechnet hier, in diesem geilen Stadion !“
„Aber er kommt ja wieder. Und so wie ich es sehe, werdet Ihr noch oft hier spielen !“
Dankbar lächelte ich Stella an und legte meinen Kopf zurück, damit sie ihre Arbeit machen konnte und aus meinem verheulten, verquollenen wieder ein etwas ansehnlicheres Gesicht wurde.
Kurz darauf klopfte es an der Tür und Stefan rief:
„Sandy, hopp hopp ! Wir müssen hoch !“
Ich ging zur Tür und lief mit den anderen Richtung Bühne. Als ich die Menschen johlen hörte ging ein Ruck durch mich. Plötzlich war ich von allem Unbill, der mich bis vorhin noch belastet hatte, völlig befreit. Ich wollte losrocken !
Als wir die Bühne enterten, war ich dann doch geschockt. So viele Menschen ! Das gefürchtete Lampenfieber stieg mit aller Macht in mir hoch. Sicher war ich jedes Mal aufgeregt und hatte schwitzige Hände und ich hatte auch jedes Mal Schmetterlinge im Bauch. Aber heute Abend war es schlimmer als sonst. Stefan ging es wohl ebenso, denn er sagte keinen Ton als ich zu ihm hinüber raunte:
„Los, lass uns heute alles geben. Lass uns die Meute rocken !“
Er nickte nur und da fing Marc auch schon mit seinem Trommelsolo an.
Nach anderthalb Stunden verabschiedeten wir uns völlig erschöpft. Wir hatten an diesem Abend wirklich alles gegeben. Ich sang mir den ganzen Frust vom Leib und tanzte wie ein Derwisch über die Bühne. Die Leute gingen voll mit. Wir gaben noch drei Songs als Zugabe und gingen von der Bühne. In den Katakomben angekommen, wartete Aerosmith schon angespannt auf deren Auftritt. Joe kam auf mich zu und sagte lachend:
„Wir dachten, wir dürften heute überhaupt nicht mehr `ran !“
„Sorry, tut uns leid, aber es war einfach so genial. Die Leute waren so gut drauf und wir dann eben auch. Wir konnten einfach nicht mehr aufhören.“
Steven lachte ebenfalls und meinte:
„Okay, dann werden wir denen jetzt mal den Rest geben !“
Joe streifte im Vorbeigehen meine Schulter, ich hielt ihn an seinem Arm.
„Ich wünsch Euch viel Glück.“
„Danke, ich hoffe, Ihr schaut Euch unser Konzert auch an.“
„Natürlich“, lächelte ich ihn an.
Da ich völlig ausgetrocknet war wollte ich zuerst noch was trinken. Die anderen zogen mich mit samt meiner Wasserflasche mit und wir schauten uns vom Seitenrand aus die Show an. Es war fantastisch ! Sie waren nunmehr seit 1973 on Top und sie waren immer noch einfach Klasse. Eine supertolle Rockband, die sicherlich viele Höhen aber auch sehr sehr schlimme Tiefen hinter sich hatte und es dennoch immer wieder schaffte, die Massen in Ekstase zu versetzen. In einer kurzen Umziehpause von Steven kam Joe zu mir gelaufen und fragte mich, ob wir nach der Show etwas mit ihnen trinken würden.
Ich bejahte es und strahlte ihn an. Lächelnd drehte er seinen Kopf zur Seite, fingerte weiter an seiner Gitarre herum und ging wieder zu Steven, der unter lauten Rufen der Fans auf die Bühne zurückgekehrt war.
6 Kommentare:
Na hör mal Missie...
na klar bin ich hier auch wieder dabei...... weil ich diese Story LIIIIIIIEEEEEBBBBEEEE... ich könnte sie einfach nur verschlingen..... und genau deswegen bin ich wieder mit dabei.....
.....tja und wenn Sandy sich so wohl bei Joe fühlt, dann bin ich mir sicher, dass da noch einiges bei ihnen passieren wird...
Grüße Pixel
Hallo Missie!
Hatte ein paar Tage keine Zeit zum Schauen und lesen. Dafür hatte ich heute einiges aufzuholen.
Macht Spass deine Geschichte zu lesen. Sie ist mal ganz anders!
Mach schnell weiter!
LG
Waldhexe
Hi, missi! hab gerade bilder von joe perry gegoogelt-und ähäm!-nicht böse sein- könntest du bitte unsere fantasie wieder auf jon umlenken-hüstel-ich mein ja nur...
:o) -und freu mich auf den nächsten teil! Liebe grüße! mabel
Mabel, lass doch Missi ihre Fantasie....
Ich war auch schwer geschockt als ich die FF das erste mal gelesen hab, aber die ist soooooooo klasse, da lohnt sich das weiterlesen auf jeden fall.... bleib dran....
Und was Joe betrifft.... ich würde zwar mit dem nix trinken gehen, wenn dann nur mit Steve und dann würd ich den glaube ich tot quatschen.... bis ihm die Ohren klingeln....
Ich glaub ich muss die auch mal live sehen in meinem leben....
Missi schnell weiter hier :):):)
Also, ich finde Joe wirklich sexy..... Er ist ja auch schon Mitte 50, und für das Alter sieht er nicht schlecht aus. Er ist einer meiner Gitarrengötter (kommt gleich nach Richie :-)) Aber das ist Geschmackssache.....
Missie...... also was das mit Joe anbelankt.... kann ich das genauso unterschreiben wie du es ausgedrückt hast....
Ich bin da nämlich gleicher Meinung wie du... und seitdem ich sie letzes Jahr in Köln Live gesehen habe....bin so richtig geplättet.....
Gruß Pixel
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