Kapitel 97

„Hi, Ihr beiden ! Wie geht`s ?“

Sein Lächeln war arrogant, überheblich, süffisant. Er taxierte mich von oben bis unten. Sein Blick musterte mich in einer unverschämten Art und Weise. Ich fühlte mich sofort unwohl. Er gab sich überlegen.
Tini hatte sich als erste wieder gefangen.

„Danke, sehr gut.“

„Sehr kalt hier, findet Ihr nicht auch ?“

„Ja, die Schneemassen machen allen zu schaffen.“

Tini versuchte anscheinend, so etwas wie eine Unterhaltung zu führen. Sie schaffte das in jeder noch so unmöglichen Situation. Und darauf hatte ich nun wahrlich keine Lust. Ich wollte weg von hier.

„Joe, wir werden drin erwartet. Du entschuldigst uns ?“ sagte ich kühl.

„Sicher, Dein Schönling wird bestimmt schon sehr ungeduldig sein !“

Seine Worte troffen voller Ironie.

„Aber vermutlich pudert er sich gerade das Näschen, mit was auch immer…. Er gehört vermutlich zu der Sorte, die nach dem Sex sofort unter die Dusche rennt, nur damit danach auch sofort die Frisur wieder sitzt, habe ich Recht ?“

Der Spott in seiner Stimme war nicht zu überhören. Eine brennende Wut stieg in mir auf. Ich fasste Tini am Arm und zog sie mit mir. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ließen wir ihn stehen. Seine Blicke brannten Löcher in meinen Rücken.

„Es ist nicht zu fassen ! Was macht der denn hier ?“ schimpfte ich. „Und vor allem, warum weiß ich nicht, dass er hier ist ?“

„Sandy, wir wollten es Dir noch beibringen, aber dann….“

„Dank an Euch ! Mich so rein laufen zu lassen ! Völlig planlos !“

Ich war echt sauer. Sie hätten es mir sagen müssen, wenigstens Jon.

„Er trägt immer noch Euer Kreuz, hast Du das gesehen ?“ fragte Tini leise.

„Ist mir ehrlich gesagt, so was von schnuppe. Und wenn er zehn von den Dingern um seinen Hals hängen hat, wär`s mir egal !“

„Welches Kreuz ?“ hörte ich Jons Stimme hinter mir. Ich fuhr herum.

„Warum hast Du mir nicht gesagt, dass Joe hier ist ?“

Er sah schuld bewusst zu Boden.

„Sandy, ich …. Also, wir ….“ stotterte er.

„Na komm ! So schlimm ist es doch nicht !“

Tico war dazu gekommen und legte seinen Arm um mich.

„Du bleibst einfach in unserer Mitte, und wir passen auf, damit er Dir nicht zu nahe kommt !“

Sein warmes Lächeln holte mich wieder runter. Da wir kein Aufsehen erregen wollten, so wie wir da zusammen standen, gingen wir zur Veranstaltung zurück.

„Sorry, Honey. Aber ich wusste nicht, wie du reagieren würdest,“ flüsterte Jon in mein Ohr.

„Schon gut, ich war nur nicht vorbereitet. Ich glaube allerdings kaum, dass er sich abhalten lassen wird, mit mir zu reden.“

„Hey, Du musst aber irgendwann damit klar kommen, auf ihn zu treffen. Der Dunstkreis in dem wir uns bewegen ist nun mal sehr klein, da trifft man immer wieder aufeinander. Oder sind da noch Gefühle für ihn ?“

Erschrocken sah ich ihn an. In seinen Augen lag Furcht. Furcht vor meiner Antwort.

„Nein, natürlich nicht ! Wie kannst Du das nur denken !“

Ich legte meine Arme um seinen Hals und bot meinen Mund für einen Kuss dar. Jon ließ sich nicht lange bitten und ich spürte seine weichen Lippen auf meinen. Seine Hände hatte er an meine Hüften gelegt und mich fest an sich gezogen.

„Du weichst ab jetzt nicht mehr von meiner Seite, okay ?“

„Soll ich dann auch mit Dir aufs Klo ?“ fragte ich nun schon wieder lachend.
Grinsend antwortete er:

„Nein, solange werden die anderen auf Dich achten.“

„Das habt Ihr sowieso ausgemacht, so wie ich das sehe ?“

„Jaaah ! Wir dachten, das wäre einfacher, als Dir zu sagen, dass er auch hier ist !“

„Ach komm, ich will mir nicht den Abend von Joe verderben lassen. Lass uns das ganze vergessen und feiern !“

Er nickte und statt noch etwas zu sagen, zog er mich mit sich auf die Tanzfläche. Eng umschlungen tanzten wir einen langsamen Blues. Spätestens jetzt hatte jeder der uns sah gemerkt, was zwischen uns beiden war.