Kapitel 198

Ich war ja so gespannt auf diesen Markt ! Ich liebte solche Veranstaltungen, überhaupt wenn ich in einem fremden Land dorthin gehen konnte und jedes Mal musste ich mich mit aller Macht davon losreißen. Stöbern, kramen, ohne ein bestimmtes Objekt im Auge zu haben. Und fast immer fand ich irgendein Teil, dass ich später sehr in Ehren hielt und das mir die Erinnerungen an diesen Tag für ewige Zeiten wach hielt.

Versonnen zündete ich mir eine Zigarette an und inhalierte tief. Ein kleines Eiland kam in Sicht. Ich sah fragend zu Jon, der mit einem Zucken in den Mundwinkeln nickte.

„Das ist es ! Wir sind gleich da, Miss Ungeduld !“

Er bekam von mir einen gespielt genervten Blick und ich schenkte ihm einen kleinen Kuss auf die Wange.
Auf der Insel angekommen, fiel mir sofort das umtriebige Durcheinander auf. Am Hafen wurden kleine Schiffe ein- und ausgeladen. Kisten mit Früchten, Fischen, Brotlaiben und allerlei Krimskrams standen herum. Männer, nur mit leichten Stoffhosen und Sandalen bekleidet, liefen hin und her und machten sich an den Kisten zu schaffen. Die Frauen, in bunte Gewänder gehüllt, trugen ihre Last in Körben auf dem Kopf. Anmutig und mit einer Grazilität, die ich in diesem Moment vergeblich an mir suchte. Sie waren so schön, fast wie aus einer anderen Welt. Man konnte ihnen ansehen, dass sie sich dessen voll bewusst waren, jedoch ohne jegliche Arroganz.
Jon nahm mich fest an die Hand und fragte einen der Männer, wie wir denn zum Markt gelangen konnten. Er lächelte freundlich und erklärte ihm in gebrochenem Englisch den Weg. Wir bedankten uns und verließen den Hafen.

Das Getümmel wurde noch intensiver, als wir in eine kleine Gasse hineingingen. Dort war ein Stand neben dem anderen aufgebaut, und in den ersten Minuten prallte das bunte Treiben auf uns, so dass wir erst stehen bleiben und uns orientieren mussten. Jon drückte meine Hand fester und zog mich etwas näher zu sich.

„Ich glaube, Du bleibst besser dicht an meiner Seite. Nicht dass ich Dich noch verliere !“

Er grinste mich von oben herab an und ich musste lachen.
Langsam gingen wir an den Ständen vorbei und begutachteten die Waren, die die Händler feilboten. Es war wirklich von allem etwas dabei. Von billigem Tand, wie Sonnenbrillen und gefakten Designerklamotten bis hin zu hochwertigen Lederwaren, Stoffen, geschnitzten Holzmasken, Voodoopüppchen und frischen Lebensmitteln, wie Früchten, frischem Fisch und Getränken, die in Holzbechern ausgeschenkt wurden.

Jon bewunderte an einem Lederstand die ausgestellten Gürtel, als mir ein Stand ganz besonders ins Auge fiel. Dort saß eine ältere Frau, die sich mit einem Bambusfächer frische Luft zufächelte. Ein intensiver Blick und ein kleines Lächeln von ihr ließ mich Jons Hand loslassen und zu ihr hingehen. Ich nickte ihr als Begrüßung leicht zu und sie nickte zurück. Auf einem Samttuch ausgebreitet, bot sie Kräuter, Tees und Gewürze an. An der Wand hinter ihr hingen wunderschön geschnitzte Masken.
Ich fragte sie, für was diese wären. Sie antwortete, dass damit böse Geister abgewehrt würden. Sie sah mich immer noch mit diesem Blick an und schließlich bat ich sie, mir eine der Masken zu zeigen. Als ich sie in der Hand hielt, merkte ich, dass sie aus leichtem Balsaholz gefertigt war. Sie war wirklich besonders schön geschnitzt und ich entschied mich, diese zu kaufen. Sie packte die Maske in eine Papiertüte ein. Dabei murmelte sie leise vor sich hin. Auf meinen fragenden Blick, blinzelte sie nur und lächelte. Ich sah mich noch etwas um, mit einem kurzen Blick über meine Schulter vergewisserte ich mich, dass Jon noch immer an dem Lederwarenstand war. In dem heillosen Gewusel wollte ich ihn auf keinen Fall verlieren. Ich musste mir ein Lachen verkneifen, als ich ihn wild gestikulierend mit dem Verkäufer feilschen sah und wandte mich wieder der Frau zu. Sie war meinem Blick aufmerksam gefolgt. Ein wissendes Lächeln umspielte ihre Lippen.

„Haben Sie Interesse an Ihrer Zukunft ?“ fragte sie mit einer leisen Stimme.