Dienstag, 8. September 2009

Kapitel 219

Wir stiegen aus, und so lange Richie mit dem Tanken beschäftigt war, ging ich in den kleinen Shop. Ich bestellte zwei Kaffee, eine Schachtel Zigaretten und bezahlte alles zusammen mit dem Sprit. Gott sei Dank erkannte uns der Typ hinter der Kasse nicht und wir konnten den Kaffee ungestört trinken. Wir rauchten hastig, tranken aus und stiegen wieder in den Wagen.

„Es ist nicht mehr weit, wir sind gleich da.“

Nach etwa einer halben Stunde hielten wir vor einem riesigen Blockhaus, das sich als Westernkneipe herausstellte. Am Eingang hing ein Knochenschädel von irgendeinem Tier, ein Stier oder so ähnlich. Aus dem Inneren drang Countrymusic. Wir traten ein und schauten uns um. Mehrere Paare tanzten Squaredance, es war ziemlich voll. Wir drängelten uns durch die Menschen, anscheinend nahm Richie Kurs auf ein bestimmtes Ziel.
Und dann sahen wir ihn.
Er saß, den Kopf auf eine Hand gestützt, zusammengesunken an der Bar. Vor ihm stand eine leere Weinflasche, eine leere Whiskeyflasche und mehrere Gläser. Seine Hand hielt ein fast leeres Glas, in dem ein kleiner, brauner Rest schimmerte. Der Aschenbecher vor ihm war kurz vor dem Überlaufen.

„Jon,“ sprach ihn Richie an.

Er drehte sich in Zeitlupe zu ihm um und sein gläserner Blick sagte alles.

„Brodder,“ lallte Jon und sein Kopf wiegte unkontrolliert hin und her. Er hob den Arm, ließ diesen aber gleich wieder kraftlos sinken.

„Ich glaube, Du hast genug für heute.“

„Soffiel kann iff gar nifft saufen, daff….“ lallte Jon weiter.

„Hat er bezahlt ?“ fragte Richie die Kellnerin.

„Nein, noch nicht,“ antwortete diese.

„Ich übernehme das.“

Er zog seinen Geldbeutel aus der Hosentasche und beglich die Rechnung. Dann wandte er sich wieder Jon zu.

„Jon, es ist besser, wenn wir jetzt gehen.“

„Wifft Du nicht auch waff trinken ? Iff doch fo ein schöner Tag heute ! Laff unf den gebieffen !“

„Du hast den Tag genug begossen.“

Richie drehte sich zu mir.

„Wir nehmen ihn am besten zu zweit. Du links, ich rechts. Alleine schaffe ich das nicht !“

„Ja, sicher,“ antwortete ich.

Jon hatte mich nun bemerkt und sah mich an. Besser gesagt, er versuchte es, denn seine Augen rollten hin und her.

„Ach, da iff ja die Frau, die nie daff tut, waff man fagt.“

„Jon, lass uns nach Hause gehen.“

„Nach Hauffe ? Wo iff daff ?“

Richie legte sich den rechten Arm von ihm um die Schultern und ich tat das Gleiche mit dem linken. Wir schleiften ihn mit uns aus der Kneipe, er stolperte völlig willenlos zwischen uns her. Das Ganze gestaltete sich durch das große Gedränge ziemlich schwierig, und Jon machte uns die Sache nicht einfacher. Dann und wann faselte er irgendwelches wirres Zeug, das wir mittlererweile nicht mehr verstanden. Die frische Luft draußen gab ihm den Rest.
Das Stück bis zum Auto schien mir endlos, da er immer schwerer wurde und seine Bewegungen völlig unkontrolliert waren.

„Wir lehnen ihn am besten an den Wagen, Du hältst ihn fest und ich öffne die Tür,“ schlug Richie vor.

Ich nickte nur und versuchte Jon festzuhalten, so gut es ging. Doch er begann so sehr zu schwanken, dass ich ihn nicht mehr halten konnte. Ich bekam das Übergewicht und wir fielen gemeinsam zu Boden.

„Scheiße,“ entfuhr es Richie.

Ich konnte mich mit einiger Mühe aus Jons Umklammerung befreien und stand wieder auf. Wir halfen ihm hoch und als er wieder zwischen uns hing, mussten wir beide erst zu Atem kommen.

„Richie, halt ihn. Ich gehe um das Auto herum und dann ziehen wir ihn auf die Rückbank.“

„Okay.“

Endlich hatten wir das geschafft und Jon hing schräg auf dem Rücksitz. Ich setzte mich neben ihn, legte ihm den Gurt um und versuchte ihn zu halten. Richie gab mir vorsorglich eine Plastiktüte, die er glücklicherweise im Kofferraum gefunden hatte und ich legte eine Packung Papiertaschentücher bereit. Anscheinend hatte mich Jon erkannt, denn er sagte immer wieder meinen Namen. Er schlang die Arme um mich und kuschelte seinen Kopf an meine Brust. Wie ein kleines Kind.
Richie startete den Motor und fuhr zurück auf den Highway.

„Du gibst gleich Bescheid, falls er brechen muss ?“

„Ja, wenn ich es schaffe.“

Doch Jon hatte augenscheinlich eine sehr gute Körperbeherrschung. Außer dass er mein Shirt voll sabberte, passierte nichts. Er brabbelte nur vor sich hin.

„Warum tuff Du mir daff an ?“ „Warum feid ihr Frauen imma fo ?“ „Kannft Du nifft einfach lieb fein, und tun waff man Dir fagt ?“ „Ich weiff nicht, Du bifft fo komplififiert.“

5 Kommentare:

Sam hat gesagt…

Ja da hat Richie mal wieder ne gute Spürnase bewiesen.

Hab mich beim lesen köstlich amüsiert... wie passend, mein letzter Cocktail war wohl gestern auch schlecht... weis also genau wie Jon sich morgen fühlen wird... Das gibt einen heftigen Brumschädel .....*autsch*

Aber so ein Post am morgen... der ist besser wie jede Aspirin ... *grins*

Knuddels Sam

JBJ4ever hat gesagt…

Ich grinse immernoch vor mich hin...
GENIAL - einfach mega-genial!

So, und jetzt kommt im nächsten Post hoffentlich eine ganz schöne Versöhnung und mehr .....;-))

Freue mich schon auf morgen, bitte ganz, ganz schnell weiterschreiben !!!!

Grüße

Missi68 hat gesagt…

Jetzt schon Versöhnung ? Ne, das ginge ja viel zu schnell....

Vielleicht wird sich Ms. Reed auch erst noch ein klein wenig am schönen Jon rächen ?

Mabel hat gesagt…

na, das hoff ich doch, daß sie sich rächt. saufen ist eklig, auch bei mr.traummann. und stellt euch mal vor, ein plapperazzi hätte ihn gefunden, die fotos...und doros reaktion....also ich hoffe, du schreibst jetzt ein bißchen DRAMA , liebe missi!
@sam: wie? cocktail schlecht? du kannst dich jetzt nicht invalide bechern, ist doch gleich sonntag!!!
glg mabel

JBJ4ever hat gesagt…

Wieso nicht Versöhnung?? Ich lasse mich gerne überraschen...
Der gute Jonny ist auch nur ein Mensch, laßt den doch auch mal einen heben....

Bin gespannt wie ein Flitzebogen auf morgen.

Grüßle