Ich sah ihm nach, wie er durch den dunklen Garten ging, die Hecken auseinander bog. Dann war er in der Nacht verschwunden. Ich zündete mir noch eine Zigarette an und ließ meinen Gedanken freien Lauf, wurde jedoch hundemüde und entschloss mich, ebenfalls endlich ins Bett zu gehen. Rasch trank ich meinen kalt gewordenen Kaffee aus und ging ins Haus. In der Küche holte ich noch eine Flasche Wasser und ging nach oben. Jon lag laut schnarchend im Bett. Nachdem ich die Flasche auf das Nachttischchen neben ihm gestellt hatte, ging ich ins Bad und wusch mich. Ich ließ die dreckigen Klamotten achtlos auf dem Boden liegen und entschloss mich, im nebenan liegenden Schlafzimmer zu nächtigen. Total erschöpft schlüpfte ich unter die Decke. Augenblicklich war ich eingeschlafen.
Nach dieser aufregenden Nacht erwachte ich relativ spät und musste erst meine Gedanken sortieren. Kurz entschlossen wischte ich die Trübsal weg. Jon hatte sich betrunken, das war alles. Er hatte momentan einfach zuviel Probleme am Hals. Ich hatte genau dasselbe auch schon öfters getan und die Welt hatte sich trotzdem weiter gedreht. Mühsam schälte ich mich aus der Decke, schwang meine Beine aus dem Bett und schlurfte hinüber, um nach Jon zu sehen. Er schlief immer noch tief und fest. Leise schloss ich die Badezimmertür hinter mir und huschte unter die Dusche. Das heiße Wasser tat mir gut und machte meine müden Glieder wieder munter. Nachdem ich meine Haare trocken geföhnt und mich angezogen hatte, sammelte ich in den beiden Räumen die schmutzigen Kleidungsstücke zusammen und machte mich auf den Weg zur Waschküche. Besser, Rosita oder meine Mam sahen die Sachen nicht und stellten keine unnötige Fragen.
Ich stellte die Maschine an und ging wieder nach oben in die Küche, um mir mein Frühstück zu machen. Rosita werkelte dort bereits geschäftig umher und stellte mir frischen Kaffee hin.
„Was war los heute Nacht ?“
Sie hatte also doch etwas mitbekommen.
„Jon war etwas angetüdelt und Richie und ich haben ihn abgeholt.“
„Etwas angetüdelt ? Das ist ja wohl ein wenig untertrieben, oder ?“
„Na ja, vielleicht war er betrunken.“
Sie lächelte und wandte sich wieder ihren Essensvorbereitungen zu.
„Hast Du deswegen die Waschmaschine angestellt ?“
Oh Mann. In diesem Haus, das ja eigentlich mehr als groß war, konnte man wirklich nichts verheimlichen !
„Ja, die Sachen waren ziemlich…. Na ja….. sie hatten es nötig…. Ich wollte Dir nur was abnehmen.“
Wieder schenkte sie mir ein wissendes Lächeln und drehte sich ganz zu mir.
„Tom und Tini kommen nachher zum Mittagessen. Aber ich denke, ich bereite wohl eher ein verlängertes Frühstück vor.“
„Schön ! Gibt`s was besonderes ?“
„Keine Ahnung, Tom hat mich darum gebeten.“
„Ach so. Dann geh ich mal rüber, vielleicht ist es ja was Wichtiges.“
Mit der Kaffeetasse in der Hand ging ich durch den Garten. Die beiden saßen auf der Terrasse, jeweils den Laptop und Unmengen Papier vor sich. Tini telefonierte mit irgend jemanden. Sie handelte wohl einen Termin aus, denn sie kritzelte in ihrem Terminkalender herum und nickte nur kurz zur Begrüßung. Tom stand sofort auf, als er mich sah und kam freudestrahlend auf mich zu.
„Na ! Kurze Nacht gehabt ?“
„Ja, woher…?“
„Ich bin aufgewacht, als Richie heimkam und er hat mir noch kurz von Eurem nächtlichen Ausflug erzählt.“
Er sah mich mit einem prüfenden Blick an.
„Wieder alles okay ?“
„Denke schon, Jon schläft noch.“
„Ich hab wahnsinnige Neuigkeiten für Euch ! Ich weiß ja, dass Du solche Promotion hasst wie die Pest, aber die letzten Ereignisse haben für einen irrsinnigen Hype gesorgt. Natürlich ist der Hauptgrund schon Eure kleine Tour bei den Klimakonzerten und durch Deinen Sturz hat sich auch einiges auf jetzt verschoben. Aber die Leute kaufen Eure CD wie verrückt. Ich habe Anfragen ohne Ende.“
„Was heißt das ?“
„Ich krieg nachher gleich die allerneusten Chartplatzierungen per Mail, dann wissen wir es genau. Aber was sich jetzt schon abzeichnet, ist, dass die Amerikaner auf Euch abfahren wie Bolle. Und Europa schreit auch nach Euch.“
„Klingt nach verdammt viel Arbeit.“
„Ja, das sieht so aus. Süße, ich freue mich so für Euch !“
Tini hatte ihr Telefonat beendet und stand auf, um mich zu umarmen.
„Guten Morgen ! Konntest Du wenigstens noch ein bisschen schlafen ?“
„Ja, eigentlich ganz gut.“
„Wie geht es Dir ?“
„Auch gut. Aber jetzt sagt mir mal, was Ihr im Einzelnen so vor habt.“
„So genau können wir das noch nicht, da wir im Moment noch keinen Überblick über die Termine haben und wie wir das genau planen werden. Aber eines ist schon sicher.“
„Tom, jetzt mach es nicht unnötig spannend !“ mahnte ich ungeduldig.
„Ihr geht auf Tour.“
„Wow ! Dann kann ich endlich mal wieder meine Freunde sehen !“
„Die musst Du dann aber hierher einladen.“
„Wie ? Was ?“
„Die Tour wird durch die Staaten gehen.“
„Neeeiiiiiin !“
„Doch !“
Ich hüpfte zuerst Tom und dann Tini in die Arme. Ungläubig schüttelte ich den Kopf, ich konnte das alles nicht fassen. Mit zitternden Fingern zog ich mein Handy aus der Tasche und wählte Stefans Nummer, um ihm die Neuigkeiten zu erzählen. Natürlich wollte er sofort herkommen, der Rest unserer Band lag noch in den Federn, da sie gestern die Nacht zum Tage gemacht hatten und mal wieder ordentlich abgefeiert hatten.
So lange er auf dem Weg hierher war, wollte ich nach meiner kleinen Rauschkugel schauen. Leise ging ich die Treppen hoch, öffnete vorsichtig die Tür und schlich auf Zehenspitzen auf das Bett zu. Mir stieg der eklige Mief von abgestandenem Alkohol und Kneipe in die Nase, so dass ich blitzartig die Luft anhielt. Mir zugehaltener Nase riss ich die bodentiefen Fenster weit auf und holte erst einmal eine große Portion frische Luft ab, bevor ich mich wieder umdrehte.
Anscheinend hatte der Luftzug Jon geweckt, denn er blinzelte und fuhr sich mit seinen Händen über das Gesicht. Leise stöhnend brabbelte er irgendwelches unverständliches Zeugs vor sich hin, bis er mich bemerkte. Ich konnte förmlich spüren, wie er erschrak. Es war ihm unangenehm. Es war ihm sogar so unangenehm, dass er mir nicht in die Augen sehen konnte.
„Hi ! Wie fühlst Du Dich ?“
„Hör bloß auf ! Überhaupt nicht….“
2 Kommentare:
Jon... sag es doch einfach... du fühlst dich regelrecht zum kotzen... ist doch ganz einfach... hehe...
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... und da waren sie dann doch, die Kopfschmerzen, die Pein und die Scham....zum Glück hat das jeder schon mal durch... *ganzmitfühlenddreinschau*
Und wenn die Nine Lives jetzt auf Tour gehen, wird das sicherlich erneut eine Zerreißprobe für die beiden... Ach irgendwie kommen die nicht zur Ruhe....und ich liebe es!!!
Aber wann gehts weiter....??? Schokolade ist leider alle - zum Glück hat mir Mabel ein riesiges Fresspacket mit ganz vielen Leckereien mitgegeben... über das fall ich heut her....
Aber morgen dann bitte wieder posten....auch meine Büffelhüften sind nur begrenzt belastbar *grins*
Knuddels Sam
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