Montag, 16. August 2010

Kapitel 287

Am nächsten Morgen wurden wir durch lautes Metallgeklapper und das Brummen eines LKW`s geweckt. Ratlos sahen wir uns an, sprangen aus dem Bett und stürzten hinaus auf den Balkon.
Im Hof stand ein chromblitzender Truck, der in der Sonne nur so funkelte. Der Fahrer war gerade dabei, mit dem Kran einen Container abzuladen. Diesen Container kannte ich nur allzu gut.
Jon sah mich an, ich jubelte nur laut:

„Yeah ! Meine Sachen sind da ! Yippieeeeehhhhh !“

Hastig kramte ich ein paar Sachen zum Anziehen zusammen und vollführte dabei vor lauter Freude einen wilden Indianertanz.

„Heya heya heya…. wuwuwuwuwu….. heya heya heya……wuwuwuwuwu….“

Jon brüllte vor Lachen, als er mich dabei beobachtete.
Kopfschüttelnd verschwand er in`s Bad. Wie schnell sich ein so fürchterlicher Morgenmuffel doch wandeln konnte, dachte er wohl und er hatte absolut Recht damit. Ich flitzte ihm aufgeregt nach, begann mit einer schlampigen Katzenwäsche, bei der ich mich nebenher anzog. Die Zahnbürste in der Hand, zog ich ein Shirt über den Kopf, spülte rasch meinen Mund mit Wasser aus, zog mir dabei einen Mini an und rannte die Treppe hinunter. Rosita war gerade dabei, die Frachtpapiere zu quittieren, als ich blitzartig stoppte.
Mooooment !

Wer hatte das eigentlich organisiert ? Keine Ahnung, warum, aber als ich so ruckartig stehen blieb, schaute ich, von fremden Mächten gelenkt, zum Balkon des Schlafzimmers hoch. Dort stand ein über alle vier Backen grinsender Jon und beobachtete mich gespannt. Die diebische Freude, die er hatte, war körperlich zu spüren. Voller Dankbarkeit schickte ich ihm geschätzte tausend Handküsse, von denen er mir lächelnd einen zurück gab. Nun stand ich vor dem Monstrum und machte mich ungeduldig am Schloss zu schaffen, der Fahrer hatte mir eben den Schlüssel in die Hand gedrückt, die Plombe kriegte ich gerade noch so ab, aber für den Riegel brauchte ich schweres Gerät. Warum eigentlich waren alle Schiffscontainer auf diesem Planeten grundsätzlich verrostet ? Schon in der Firma, in der ich vorher gearbeitet hatte, hatte ich mit diesen Dingern zu tun, mehr papiertechnisch natürlich, aber noch nicht ein einziges Mal hatte ich einen neuen, nicht zerdellten gesehen.
Jemand tippte mir leicht auf die Schulter.
Jon stand hinter mir, mit einem Brecheisen und einem Werkzeugkoffer in der Hand.

„Ah, danke Dir !“

Ich wollte nach dem Brecheisen greifen, doch er sah mich leicht vorwurfsvoll an.

„Jon, Du wirst doch nicht….“

„Doch, ich werde. Warum denkt eigentlich alle Welt von mir, ich wäre ein handwerklicher Chaot ?“

„Hmmmm…. vielleicht, weil es so ist….“ sagte ich vorsichtig.

„Komm schon, Du wirst mir doch zutrauen, dass ich diesen Riegel aufbekomme ?“

Mit einigen Zweifeln behaftet, trat ich zur Seite. Er würde dieses Ding ganz bestimmt aufbekommen, er konnte nicht wirklich was kaputt machen, jedenfalls nicht am Container…..
Viel mehr hatte ich Angst, dass er sich verletzten würde.
Und wieder einmal belehrte mich Jon, Mr. Rockgott, eines besseren.
Mit überraschend geübten Griffen zog er das Hängeschloss mit der Zange ab, hebelte den Riegel über den Bügel, stemmte mit dem Brecheisen die Tür auf, die schrecklich quietschend und langsam aufschwang.
Triumphierend drehte er sich zu mir um, beugte sich etwas vor und steckte seinen Arm aus, um mit einer einladenden Bewegung dann einen Schritt zur Seite zu tun. Frech grinsend stand er neben mir, als ich freudig auf die Dinge zuging, die ich vor kurzer Zeit auf einem anderen Kontinent verpackt hatte.

„Lass uns ausladen !“

„Nein mein Schatz ! Das kannst Du so was von vergessen !“

Erstaunt sah ich mich um.

„Warum denn nicht ? Es ist doch nicht viel ?“

Ich verstand ihn nicht, nach meiner Schätzung würden wir nur einen Tag brauchen, um alles ins Haus zu tragen. Wirklich schwere Teile waren nicht dabei, mal von meinen Kommoden abgesehen.

„Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich das Risiko eingehe, dass Du Dir irgend etwas tust !“

Vorwurfsvoll runzelte er die Stirn.

„Außerdem….“ er blickte kurz auf seine Armbanduhr, „wirst Du die zehn Minuten abwarten können.“

„Welche zehn Minuten ?“ fragte ich nun leicht genervt zurück.

„Die zehn Minuten, bis die Möbelpacker eintreffen werden.“

Da war es wieder, dieses triumphierende Grinsen. Diese Überlegenheit, die er an den Tag legte, wenn er etwas ausgeheckt hatte und mich damit überraschen konnte.

„Du hast mal wieder alles perfekt organisiert, was ?“ erwiderte ich lächelnd.

„Jep. Du kannst ja, während die alles reinbringen und aufbauen, aufpassen damit sie nichts falsch machen, in Ordnung ?“

„Hmmm…. Lass mich raten: Während ich auf die Möbelpacker aufpasse, passt Du auf mich auf ?“

„Jep. Richtig geraten, hundert Punkte.“

Ich sah ihn an, wie er zufrieden grinsend am Container lehnte, ein Bein über das andere geschlagen und die Arme verschränkt. Es sah ihm wieder mal ähnlich. Alles geregelt, alles organisiert, Sandy dumm fragen lassen und dann zufrieden zurück lehnen. Jedoch war ich ihm keinesfalls böse, sondern unendlich dankbar. Mir hatte - ehrlich gesagt - schon davor gegraut, selbst beim Zoll anzurufen. Die amerikanischen Behörden begegneten einem allesamt mit einer großen Freundlichkeit und zuvorkommend, doch wirklich schnell und effektiv arbeiteten sie wie auch in meinem Heimatland nicht. Das hatte er mir abgenommen, oder abnehmen lassen, besser gesagt.

Er lehnte immer noch dort, schaute mich abwartend an. Vermutlich las er wieder einmal meine Gedanken. Ziemlich sicher wusste er genau, was ich dachte. Ich ging auf ihn zu, legte meine Arme um seinen Hals und sagte leise:

„Danke. Ich bin sehr glücklich, dass Du das arrangiert hast. Du bist echt ein Schatz !“

Ich küsste ihn, spielte mit seiner Zunge und wir beide versanken augenblicklich in der uns ganz eigenen Welt.

Ein lautes „Guten Morgen !“ ließ uns auseinander fahren und wir öffneten etwas verwirrt unsere Augen.

Jon hatte sich als erster wieder gefangen und ging freundlich lächelnd auf den Mann zu, der da so plötzlich vor uns stand.

„Guten Morgen ! Sandy, das ist Mr. Williamson, er ist der Chef der Möbelpacker.“

„Hi ! begrüßte ich ihn und er schüttelte mir mit festem Händedruck die Hand.

„Miss Reed, gibt es irgend etwas, das wir beachten sollten ?“

„Nein, eigentlich nichts besonderes, außer dass Sie vielleicht ganz besonders auf meine Kommoden und meinen alten Schrank achten. Diese Möbel liegen mir sehr am Herzen, es sind Erbstücke meiner Familie und echte Antiquitäten.“

„Na, wenn sie den Übersee-Transport überstanden haben, werden sie meine Männer auch noch verkraften,“ meinte er lächelnd.

Auf mein Stirnrunzeln hin, dessen ich mich nicht verwehren konnte, erwiderte er jedoch schnell:

„War nur ein kleiner Witz ! Wir haben bereits die Möbel von Mister Bongiovi hier her gebracht und auch aufgebaut. Sie können sicher sein, dass wir die allergrößte Sorgfalt walten lassen. Sie werden es ja gleich sehen.“

Er besah sich den Inhalt des Containers und winkte dann die zwei Mitarbeiter zu sich. Er sprach kurz mit ihnen, um ihnen die ersten Anweisungen zu geben und trat dann wieder zu uns.

„Ich denke, wir schaffen die ersten Teile am Besten zuerst in die Halle, damit wir einen ungefähren Überblick haben. Dann können Sie uns sagen, wo alles hin soll.“

Ich nickte nur. Super, ich hatte mir noch gar keine Gedanken gemacht, an welchen Platz die Möbel sollten. Jon hätte ja mal wenigstens eine Andeutung machen können, dann hätte ich…. Doch der hatte immer noch dieses Grinsen im Gesicht.

„Na komm, Süße, lass uns reingehen und überlegen, wie wir das machen.“

Er zog mich zu sich, legte den Arm auf meine Schulter und zusammen betraten wir die Halle.

„Also, der große, dunkle Schrank würde doch dort gut hinpassen.“

Mit dem Finger zeigte er auf die Wand, von der auf der einen Seite die Tür zur Küche und auf der anderen Seite die Tür zum Wohnzimmer war. Dort stand bis jetzt ein kleines, antikes Tischchen, auf dem wir unsere Schlüssel in eine gläserne Schale legten. Meist lagen auch dort die Handys und die Handtasche, die ich gerade in Gebrauch hatte. Er lag genau richtig, dort würde er am schönsten zur Geltung kommen. Außerdem wäre er ideal als Schrank, in dem wir unsere Jacken unterbringen konnten. Eine Garderobe fand Jon immer spießig, sie hätte auch nicht in diesen schönen Raum gepasst.

„Und links davon,“ ich wies auf die Wand neben der Tür zu seinem Arbeitszimmer, „könnten wir eine der Kommoden hinstellen, vielleicht die mit den Messingbeschlägen ?“

Er nickte zustimmend.

„Aber die mit dem Marmoraufsatz hätte ich gerne im Schlafzimmer.“

„Wie Du willst !“

„Und die andere packen wir in das Gästezimmer direkt daneben, da kann ich dann noch einiges von meinem Krimskrams unterbringen.“

„Okay.“

Doch da wurden wir bereits in unseren Überlegungen gestört, denn die Männer brachten die ersten Kisten herein. Ich zeigte ihnen den Platz, wo sie diese hinstellen konnten. Auch die Kartons mit meinen Kleidungsstücken waren schnell ins Schlafzimmer gebracht. Die Schachteln mit den Fotos, den Collagen und meinen Erinnerungsstücken ließ ich ebenfalls in das Zimmer bringen, in dem ich die erste Nacht verbracht hatte.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

ohhhhhh danke,danke,danke!!! Einfach unglaublich dieser Jon! Man so ein Mann möchte ich auch an meiner Seite haben! Organisierte maql ebenso den Umzug von Sandy! Ist das ein Mann? Oder was! Und dann auch noch dieses freche Grinsen! Mit ihm würde ich den ganze Tag Knutschend in der Hängematte liegen! War ein wirklich schöner Post Missi, aber lass uns bitte nicht mehr so lange warten! Ich leide doch da Entzug!!! glg an all! Yve