Tini kam herein und schnappte sich zwei der Salatschüsseln. Ich folgte ihr mit dem Brotkorb und dem Fleisch.
„Dann lasst uns anstoßen !“ rief Jon.
Die fünf Kelche stießen aneinander und der helle Klang passte so gut zu der heiteren Stimmung, die augenscheinlich herrschte. Anscheinend hatten alle beschlossen, heute Abend ihre Schokoladenseite zu zeigen. Auch Richie.
Seine schlechte Stimmung war wie weggeblasen, er wirkte wie ausgewechselt. Eine schlimme Ahnung überkam mich, wie es dazu gekommen war…. Mir fielen die Blicke auf, die er und Jon immer wieder tauschten....
Beim Essen sprachen wir über die Arbeit, die Tini und Tom die letzte Zeit geleistet hatten, auch Richie zeigte viel Interesse und brachte sich auf den neuesten Stand. So, wie es aussah, hatte auch er nicht sonderlich viel von den Aktivitäten seiner Mitbewohner mitbekommen. Jon bot wie immer die Hilfe seines Teams an, doch Tom lachte nur und meinte:
„Danke Jon, Deine Leute haben uns bereits sehr geholfen, sie sind echt klasse und haben uns viele wertvolle Tipps gegeben. Ich mag mir nicht ausmalen, wo wir wären, wenn sie uns nicht die ganzen Adressen der Firmen vermittelt hätten, die Ihr engagiert. Es ist so verflucht schwierig, ein vernünftiges Transportunternehmen zu finden, das sich bereit erklärt, zu unseren Konditionen zu arbeiten.“
„Das sind echte Profis !“ lobte auch Tini. „Vor allem sind die alle so freundlich und zuvorkommend. Sie haben sich mächtig angestrengt ! Ich musste nie lange auf einen Rückruf warten und oft war sehr viel mehr abgeklärt, als ich dachte.“
Ich sah sie fragend an.
„Ja, oft hatten sie Dinge erledigt, an die ich zum Beispiel noch gar nicht gedacht hatte ! Oder sie wiesen mich bei meiner Anfrage auf eventuelle Schwierigkeiten hin und hatten dann aber bereits die Lösung parat. Also echt unglaublich !“
„Freut mich, dass das alles so wunderbar klappt !“ lächelte Jon mit einem gewissen Stolz in der Stimme.
„Nur über die Modalitäten müssen wir uns halt noch einigen,“ warf Tom ein.
„Welche Modalitäten meinst Du ?“
„Jon, Deine Leute werden von Dir bezahlt, sie arbeiten aber für uns ?“
„Ach, Du meinst, Ihr wollt sie bezahlen ?“
„Genau. Woanders müssten wir das auch, niemand arbeitet heute mehr umsonst.“
„Quatsch, momentan haben sie eh nicht soviel zu tun. Im Gegenteil ! Bonnie meinte heute am Telefon sie sind froh, dass sie endlich wieder eine Tour organisieren können, wenn sie auch nur dabei wären. Den Stillstand, der zwischen den unseren herrscht, mögen sie nicht sonderlich….wobei der ja eigentlich nie lange anhält…. Für die ist das auch immer ganz schön aufregend, das sind echte Adrenalinjunkies !“
Er lachte leise und Richie nickte ihm wissend zu.
„Manchmal habe ich den leisen Verdacht, dass sie uns heimlich, fies und leise manipulieren, damit wir uns endlich wieder auf die Socken machen,“ erwiderte dieser.
„Und wenn die Aufregung und das Chaos in Luft aufgelöst und wir weg sind, sind sie auch wieder froh !“
Jon prostete Richie grinsend zu und lehnte sich entspannt in die Lehne zurück.
„Jetzt ist aber Schluss mit Geschäft und Arbeit, lasst uns ein wenig Musik machen !“
Er klatschte in die Hände und stand gleichzeitig auf.
„Ja, dann hol ich mal unsere Gitarren bei mir drüben !“
Die zwei stimmten einen lustigen Country-Song an, der von einem Cowboy erzählte, der zuerst sein Pferd und dann seine Freundin verlor. Dieser überlegte sich nun, was für ihn schlimmer war, der Verlust des Pferdes oder des Mädchens. Jon sang die Strophen und Richie fiel beim Refrain mit ein. Dabei übertrieb er den Kaugummi-Slang des Mittleren Westens bis zur Schmerzgrenze und schon alleine deswegen fielen wir vor Lachen fast von den Stühlen. Und die Grimassen, die er zog, waren zu göttlich !
Nach diesem Lied folgte von Richie eines, das sehr traurig war und von Liebeskummer und Weltschmerz handelte. Er sang dieses alleine und alle hörten ihm betroffen zu. Das Gefühl, das er hinein legte, war deutlich zu spüren und der eine oder andere überlegte sich ganz sicher, was dieser Song für ihn wohl wirklich bedeuten mochte.
Als er die letzten Akkorde ausklingen ließ, herrschte Schweigen. Nur zögerlich applaudierten wir, sein Gesicht sprach Bände.
Tini war diejenige, die die betretene Stimmung auflöste. Sie bat Tom, auch etwas zum Besten zu geben.
„Nein, nein ! Das könnt Ihr vergessen ! Ich mach mich doch hier nicht zum Affen, wenn zwei so begnadete Künstler vorgelegt haben !“ wand er sich unbehaglich.
„Bitte spiel Dein House of the rising sun !“ bettelte Tini und klatschte dabei in die Hände.
„Ach komm ! Das muss doch nicht sein, Sandy ist doch auch noch da !“ wehrte er ab.
Doch er konnte uns nicht entkommen, Jon reichte ihm mit einem bösen Grinsen seine Gitarre.
Tom konnte nicht schlecht spielen, aber singen, das konnte er wirklich nicht. Sein Gejaule tat in den Ohren weh. Tini grinste sich eins, Richie verbiss sich das Lachen und Jon hatte die Hände vor sein verzogenes Gesicht gelegt. Ich konnte nicht anders, ich setzte mich neben Tom und unterstützte ihn gesanglich, um es nicht ganz schlimm enden zu lassen. Doch er kämpfte sich tapfer Strophe um Strophe durch, und irgendwann konnte ich nicht mehr, ich bog mich ebenfalls vor Lachen. Fast war es, als wäre ein Damm gebrochen, denn die anderen lachten schallend mit.
„Ich hab`s Euch ja gesagt, aber Ihr wolltet ja nicht hören !“
„Tom, es ist wohl besser, Du startest keine Karriere als Sänger !“ frotzelte Jon.
„Schuster, bleib bei Deinen Leisten !“ prustete Richie.
„Danke, Tini, vielen Dank ! Es ist doch schön zu wissen, was ich an Dir habe !“ sagte Tom sarkastisch.
Sie legte ihre Arme auf seine Schultern und küsste ihn.
„Ich fand`s schön !“ wollte sie ihm Glauben machen, konnte sich dabei aber das Lachen immer noch nicht verbeißen.
Ich hatte nicht erwartet, dass dieser Abend trotz allem noch so heiter werden konnte, Jon und ich tauschten dann und wann besorgte Blicke, doch Richie schien wirklich gut drauf zu sein. Er trank fast keinen Alkohol, sein Sektglas hatte er lediglich einmal nachfüllen lassen. Viel mehr griff er zu Cola und Wasser. Vermutlich hatte er bemerkt, dass wir ihn beide nicht aus den Augen ließen. Und doch lag etwas in der Luft, etwas bedrohliches, unerklärliches, etwas, das in naher Zukunft sehr viel verändern könnte und uns mit Sicherheit sehr viel Kraft und Nerven kosten würde. Ich wischte die bösen Gedanken beiseite und beschloss, den Vorahnungen entschlossen entgegen zu treten. Es konnte ja auch sein, dass ihn das Zusammensein mit uns von seinen Problemen etwas ablenkte….
So langsam aber sicher war ich davon überzeugt, dass er von heftigem Liebeskummer geplagt wurde. Alle Anzeichen sprachen dafür. Was jedoch nicht dafür sprach, war, dass ich nicht wusste, um wen es sich handelte. Die Badewannen-Lady war es hundertprozentig nicht und sonst hatte ich von keiner Frau etwas mitgekriegt. War es Heather ? Hatte er die Trennung vielleicht doch nicht verarbeitet ? Oder war es ein Allerweltsherzschmerz ?
Als er ging, klopfte er Jon auf die Schulter. Mich nahm er lange in seine Arme.
„Es war schön bei Euch !“
Er sah mir noch tief in die Augen, bis er mich schließlich losließ und im Dunkel der Nacht entschwand.
3 Kommentare:
Danke Missi! War wieder ein toller Post!!! Ich glaube ich hätte mich weggeschmissen vor lachen! Ich habe mir die Gesichter aller beteiligten vorstellen können, als Tom gesungen hat! Einfach herrlich! Aber die gute Laune von Rich war gut gespielt! Ob Jon ahnt was Richie bedrückt, er ist schließlich sein bester Freund, und kennt ihn in und auswendig! Na da kommt noch eine menge Ärger auf die drei zu! Armer Richie, er tut mir richtig leid, liebe Missi, schreib ihn doch eine Freundin! Vieleicht Sandys Freundin??? Mach weiter so, du bist großartig!
GLG Yve
Was für ein lustiger und gelungen Abend.... ich habe genau wie Yve bei der Vorstellung von Toms Gesang gelacht ...*hihi*. Doch zum Schluß hatte ich wieder Gänsehaut.... Hat Sandy doch tatsächlich eine richtige Vorahnung??? Was erwartet die drei noch..... und wie lang hält Richie das wohl aus..??? Fragen, Fragen, Fragen .....
.... Schnell her mit dem nächsten Post....*fg*
Hallo Missi, also ich bin schon ganz ungedultig, und ich will ja nicht drängeln, aber wann kommt denn der nächste Post? drängel,drängel,drängel! ichganzungedultigseinundmitdemfußaufstapf!
LG Yve
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