Freitag, 30. April 2010

Kapitel 270 - Willkommen

Schlagartig setzte ich mich aufrecht hin.

„Dessous ausprobiert ? Wie kann man Dessous ausprobieren ???? Und wie um Gottes Willen kommst Du jetzt da drauf ????“

Eine leichte Röte überzog sein Antlitz und verlegen machte er sich schnell daran, die Pasta auf unseren Tellern zu verteilen.

„Richie !“ entrüstete ich mich.

Doch er hielt seinen Kopf weiter gesenkt und machte sich mit einer Engelsgeduld daran, auch noch unsere Salatteller zu bestücken.

„Richie ! Rück jetzt sofort raus mit der Sprache, sonst….“

Er wusste genau, dass ich einen Trumpf in der Hinterhand hatte. Schließlich konnte ich immer noch davon erzählen, dass er seinem Betthäschen sein Handy mit all unseren Nummern gegeben hatte. Und wie aus heiterem Himmel klingelte das von Jon. Er nahm ab, fragte verständnislos ein paar Mal nach, wer denn da am anderen Ende war. Er beendete das Gespräch mit einem unwilligen „Sie sind wohl falsch verbunden. Bye.“ Das Handy flog aus seiner Hand und flutschte quer über den Tisch. Als er meinen fragenden Blick bemerkte, murmelte er nur:

„Irgend eine Tussi hat meine Nummer heraus bekommen. Die Tante ruft ständig an, fragt mich dummes Zeug, macht auf voll erotisch. Das nervt gewaltig. Ich sollte wohl mal wieder meine Nummer ändern.“

Richie sah mich erschrocken an, ich ihn vermutlich ebenfalls. Ich zwinkerte ihm beruhigend zu und wandte mich an Jon.

„Aber die Nummer haben doch nur ganz wenige Leute, wie soll das jemand heraus gekriegt haben ?“ fragte ich unschuldig.

„Das würde mich auch interessieren. Jedenfalls werde ich den Schuldigen persönlich steinigen. Aber nun lasst uns essen.“

Im gleichen Atemzug zuckte Richie zusammen. Er versuchte, sein erschrockenes Gesicht hinter der Serviette zu verbergen, doch ich sah es trotzdem. Jon glücklicherweise nicht. Er hatte sich voll und ganz seinem Essen gewidmet. Um die Situation aufzulösen, fragte ich Richie, ob wir am nächsten Morgen endlich wieder zusammen laufen würden. Begeistert stimmte er zu.

„Hast Du eigentlich die neuen Schuhe schon ausprobiert ?“ fragte Jon erwartungsvoll.

„Nein, leider nicht. In Deutschland hatte ich ja nicht wirklich Zeit. Und die Freizeit, die ich hatte, wollte ich dann doch lieber mit Tanja verbringen.“

Richie sah mich fragend an.
Ich erklärte ihm kurz, wer sie war, worum es ging.

„Oh je ! Da kam dann zu dem ganzen Umzugsstress auch noch Liebeskummer hinzu ?“

„Ja, es war nicht ganz einfach für mich. Vor allem, weil ich ständig das Gefühl hab, dass ich sie im Stich ließ. Wenn ich nur daran denke, wie sie da am Flughafen stand….“

Ich brach ab und nahm schnell einen Schluck von meinem Wein.

„Vielleicht hättest Du doch besser noch bleiben sollen,“ warf Jon ein.

„Ja, vielleicht…. Aber ich wollte auch hierher zurück ….“

Er nahm meine Hand und drückte sie leicht.

„Ich weiß, Schatz.“

Sein warmes Lächeln gab mir binnen Sekunden ein besseres Gefühl.

„Außerdem wartet `ne Menge Arbeit auf Dich ! Tom und Tini haben ganz schön geackert die letzten Wochen. Nicht zu vergessen, Euer Song ist auf der Eins !“

Richie hatte den Salatteller hochgenommen und schaufelte gerade eine volle Gabel in seinen Mund. Dabei sah er mich abwartend an.

„Dachte ich mir schon ! Eigentlich wollte ich mit Jon noch ein paar ruhige Tage verbringen….“

„Das werden wir auf jeden Fall. Wir müssen erst wieder zur Ruhe kommen. Wir beide.“

„Was war eigentlich in New York ?“ fragte Richie an Jon gewandt.

Dieser legte das Besteck auf den Teller und tupfte sich den Mund mit der Serviette ab. Dann nahm er bedächtig einen Schluck Wein. Anscheinend sammelte er seine Gedanken, bevor er antwortete. Mit ruhigen, langsamen Sätzen erzählte er davon. Richie saß, entspannt zurück gelehnt in seinem Stuhl, ein Bein über das andere geschlagen, die Hände gefaltet. Er hörte seinem Freund aufmerksam zu und unterbrach ihn nicht, bis er geendet hatte.

„Was hältst Du davon ?“ fragte Jon und sah ihn fragend an.

„Phhhh… keine Ahnung ! Ich kenn Doro nun auch schon eine Weile, aber so, wie Du sie schilderst…. Das macht mir echt Angst ! Hätte ich auch nie von ihr erwartet. Sie war immer eine liebe, freundliche Person…. Gut, wir beide waren nie die besten Freunde, aber dass sie so abgeht ?“

Jon trank seinen Wein aus und erhob sich, um uns allen nachzuschenken. Dann ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und fuhr mit beiden Händen durch die Haare. Diese Geste war mir allzu vertraut. Er benutzte sie, um unangenehmes wegzuwischen. Es half ihm, in schwierigen, komplizierten Situationen nach einer Lösung zu suchen. Doch in dieser Lage half ihm das nicht wirklich.
Alle drei schwiegen wir und starrten gedankenverloren in unsere Gläser. Ich ließ meinen Blick über unsere kleine Runde schweifen.
Richie, selbst aus einem Scheidungsdilemma geschädigt hervorgegangen….
Jon, der das alles noch vor sich hatte….
Und schließlich ich, an meinem ersten Abend hier….

„Wir sind ja ein tolles Willkommens-Komitee ! Wir sitzen hier und haben Dich noch nicht mal richtig willkommen geheißen !“

Jon sprang auf und holte von irgendwoher aus den Büschen einen Sektkühler, in dem eine Flasche, ummantelt mit einer weißen Serviette, stand. In der freien Hand trug er drei Sektkelche. Mit einem lauten Plopp entkorkte er die Flasche und goss die Gläser voll. Nachdem er jedem eines gereicht hatte, erhob er seines und setzte ein feierliches Gesicht auf.

„Ich bin sehr froh, dass Du endlich wieder da bist. Und ich bin sehr dankbar, dass Du Dein Leben mit mir verbringen möchtest. Ich wünsche Dir, dass Du Dich hier für immer wohl fühlst, und ich wünsche mir, dass Du dieses Haus als Dein eigenes betrachtest.“

Er kam um den Tisch herum, stieß mit mir an und zog mich in seine Arme. Nach einem unglaublich langen, intensiven Kuss sah er mich strahlend an.
Auch Richie war aufgestanden und stand neben uns, sein Glas in den Händen.

„Von mir auch ein herzliches Willkommen, Nachbarin !“

Er grinste schelmisch.

„Danke !“

2 Kommentare:

Sam hat gesagt…

Oh Richie.... wenn Jon jemals dahinter kommt, woher die Tussi seine Nummer hat.... Vorbei sind dann die schönen Abende wo du von Nachbars bekocht wurdest....da gibt es dann nur noch Wasser und Brot...*grins*

Wünsche ein schönes WE !!! Bin dann mal weg....

Knuddels Sam

Anonym hat gesagt…

Hallo!
Oh je, in Richies Haut möchte ich nicht stecken!!! Ja, Richie vorbei mit dem leckeren Essen! Hi, Hi, Hi

Wünsche euch allen einen schönen Tanz in den Mai und WE!!!

LG
Waldhexe