Freitag, 16. April 2010

Kapitel 264

Szenenwechsel:

Wie gerädert stieg ich die Gangway hinunter. Der Typ neben mir hatte mir den letzten Nerv geraubt. Seine ständigen Boxereien in meine linke Seite hatten mich immer und immer wieder aufgeweckt. Warum hatte ich mich nicht doch in die First Class gesetzt ? Warum nur hatte ich Trottel nicht einfach bei Jon angerufen und um den Jet gebeten ? Weil ich ja so stolz war, und weil ich ihn überraschen wollte. Überraschen, wie eigentlich ? Richie hatte ganz bestimmt dicht gehalten, wie immer. Also wusste Jon nichts davon, dass ich in LA gelandet war. Er wähnte mich noch immer in Deutschland. Und er war sicherlich noch in New Jersey, sonst hätte ich längst eine Nachricht von ihm bekommen.

So schlurfte ich missmutig den Gang hinunter. Wenigstens musste ich mich nicht am Band anstellen und auf mein Gepäck warten. Einerseits war ich hundemüde und mir tat jeder einzelne Knochen weh, andererseits war da diese wahnsinnige Aufregung in mir. Ich hatte tatsächlich Schmetterlinge in meinem Bauch. Schließlich zieht man nicht jeden Tag in die Staaten. Noch dazu zu seinem absoluten Traummann. Als ich durch den Zoll ging und die Schiebetüren auseinander fuhren, traute ich meinen Augen nicht. Dort stand doch wahrhaftig ein Typ, der ein riesiges Schild in seinen Händen hielt. Mit meinem Namen drauf. „Sandy R.“. Wer zur Hölle war das denn ? Ich hoffte inständig, dass niemand von den Fluggästen das Plakat wirklich las und mit mir in Verbindung brachte. Sein Gesicht war von dem völlig überdimensionierten Plakat verdeckt, ich konnte nur sehen, dass der Mensch ziemlich groß war. Zögernd hielt ich auf ihn zu.

Wenige Meter von ihm entfernt, verlangsamte ich meine Schritte noch weiter. Die Stiefel kamen mir doch irgendwie bekannt vor ? Solch abartige Stiefel trug nur einer. Alle anderen wären sofort und ohne ordentliche Verhandlung für lange Zeit weggesperrt worden. Welcher Mensch kaufte sich schließlich Cowboy-Boots aus lila eingefärbtem Schlangenleder ????
Sein Plakat fiel zu Boden, und er breitete mit einem überbreiten Grinsen seine Arme aus.

„Richie !!!!“ rutschte mir lauter als gewollt heraus, und ich ließ mich gegen seine Brust fallen.

„Hey Sweety ! Mensch, bin ich froh, dass Du wieder da bist ! Es war so dermaßen langweilig und ruhig ohne Dich, ich wär fast an Einsamkeit gestorben !“

„Na, jetzt übertreibst Du aber ! Du tust ja gerade so, als bliebe ohne mich die Welt stehen !“

„Ganz so schlimm war es nicht, die Sonne ging jeden Tag auf und wieder unter, aber noch länger hätte ich das nicht ausgehalten. Wenn ich das vorher geahnt hätte, wär ich gleich mit Dir geflogen.“

„Jon ist noch in New Jersey ?“

Er kratzte sich verlegen am Kopf und sagte bedauernd:
„Ja. Ich weiß auch nicht, wann er wieder kommt.“

Richie sah über meinen Kopf hinweg, so als ob er etwas suchen würde.

„Ist das Dein einziges Gepäck ?“ fragte er und deutete über meinen Rucksack, der wieder einmal auf dem Boden lag.

„Ja. Das wirklich richtige Gepäck kommt erst in einer Woche per Schiffscontainer.“

„Oh mein Gott ! Ist es viel ?“

„Nein,“ beruhigte ich ihn. „Es ist nicht viel.“

Ich hakte mich bei ihm unter und es tat gut, mit ihm zusammen zu sein. Auf der Fahrt erzählte er mir von einem amourösen Abenteuer das er letzte Woche in einer schummrigen Bar erlebt hatte. Die Frau, die er dort kennen gelernt hatte, war seiner Erzählung nach total verrückt nach ihm gewesen und ließ seitdem nicht mehr locker.

„Sie ruft in der Stunde mindestens einmal an und textet mich zu, wie sehr sie in mich verliebt sei. Es ist echt nicht zum Aushalten !“

„Und warum gibst Du einer Frau so ganz einfach Deine Nummer ?“

„Na ja….“

„Los ! Raus mit der Sprache !“ forderte ich grinsend.

„Also…. Ich…. Wir….“

Es war ihm sichtlich unangenehm, darüber zu reden, doch ich ließ nicht locker.

„Richie ! Erzähl schon !“

„Aber Du sagst nichts davon zu Jon !“

„Nein, mach ich nicht !“ versprach ich und musste mir ein Lachen verbeißen.

„Wie gesagt, waren wir in dieser Bar. Und wir hatten ziemlich einen in der Krone. Wir gingen dann zu ihr, und…. Was dann passierte, muss ich Dir ja wohl nicht erzählen, oder ?“

„Doch, eigentlich schon. Schließlich muss ich ja wissen, was genau geschehen ist.“

Langsam aber sicher konnte ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen.

„Hey ! Du bist schon wie er ! Warum habt Ihr zwei auch noch den gleichen Humor ?“

Es war soweit. Ich prustete los, ansonsten wäre ich geplatzt.

„Danke, danke ! Das hat man also davon, wenn man die Freundin seines Freundes frühmorgens vom Flughafen abholt !“

„Richie ! Wenn Du nicht sofort….“

„Schon gut ! Wir waren also bei ihr und sie wollte es unbedingt in der Badewanne tun. Sie ließ das Wasser ein und na ja…. Ich war ziemlich heiß auf sie, weil sie wirklich klasse aussieht, eine super Figur hat und….“ Er holte tief Luft. „Ich konnte es eben nicht mehr erwarten und wollte so schnell wie möglich aus meinen Klamotten. Wir standen im Bad, direkt vor der vollen Wanne und….“

Nochmals war ein tiefer Schnaufer von ihm zu hören.

„Im Eifer des Gefechtes, als ich aus meiner Jeans wollte, stolperte ich oder rutschte aus und ich fiel, einen Fuß in und einen aus der Hose, in die Wanne.“

„Neeeiiiinnn !“ brüllte ich los und schlug mir beide Hände vor das Gesicht.

Er sah mich Augen rollend an. Ich beeilte mich mit der nächsten Frage.

„Und was hat das alles mit Deiner Nummer zu tun ?“

„Mein Handy war in der Hosentasche !“

„Es war kaputt ?“

„Ja, es war natürlich vollkommen hin.“

„Aber wie kommt sie dann an Deine Nummer ?“

So langsam verstand ich gar nichts mehr.

„Es tat ihr leid, sie wollte mir helfen. Und ich Depp schickte sie am nächsten Tag los, um mir ein neues zu besorgen und gab ihr meine Nummer mit, damit ich die mit dem neuen Handy übernehmen kann.“

„Oh je ! Was machst Du, wenn sie die weiter gibt ? Ich meine, so wie Du Dich anhörst, willst Du ja nichts von ihr. Irgendwann wird sie das schnallen und ich denke mal, nicht so begeistert davon sein.“

„Keine Ahnung. Ich hoffe ja nur, dass sie die gespeicherten Nummern nicht auch noch alle hat !“

„Oh Mann Richie ! Da sind unsere auch dabei !“ rief ich entsetzt aus.

„Deswegen sollst Du Jon ja nix von erzählen !“

„Okay, ich bin jetzt müde, heute krieg ich eh nichts mehr auf die Reihe. Lass uns morgen überlegen, wie wir das machen, in Ordnung ?“

„Einverstanden.“

„War`s denn wenigstens schön ?“

„Süße, es war der Hammer !“

„Warum willst Du dann nichts von ihr ?“

„Weil ich nicht nur eine Frau für`s Bett suche, sondern eine Frau, mit der ich auch tagsüber was anfangen kann.“

„Das kannst Du nicht mit ihr ?“

„Ne, ganz sicher nicht ! Sie hat nämlich nicht so arg viel im Oberstübchen.“

„Schade eigentlich ! Ich hätte mich gefreut, wenn Du wieder eine Frau an Deiner Seite hättest.“

„Glaub mir, ich auch !“

2 Kommentare:

Sam hat gesagt…

BRÜLLLLLLLL... Nee, dieser Richie wieder.... kann mir bildlich vorstellen wie er da taumelt und eine Bruchlandung vor der Wanne hinlegt.... *kringelmichvorlachen*

Armer Richie....so hatte er sich das bestimmt nicht vorgestellt.... aber ist auch mal ne ander Art von Vorspiel...*fg*

Wie bin ich gespannt auf die Fortsetzung......

@missi: wirklich ein Klasse Post.... halte mir noch immer den Bauch vor Lachen....

@mabel: Du lebst ja auch noch... *grins*

Knuddels Sam

Mabel hat gesagt…

@missi: ooooooooooooooooch, mööööööööönsch!!! nicht schon wieder an so einer stelle aufhören! ich sitz hier mit der schlimmsten rüsselpest des jahres und brauche trost und ablenkung, also:
***DRÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄNGELLLLLLLLLL***