Im Gehen setzten wir unsere Base-Caps auf und zogen diese tief ins Gesicht. Er hielt mir die Tür auf und wir traten ein.
Auch das Innere war so, wie ich das für diesen Abend wollte. Kleine Tische, klapprige Stühle, eine einfache Ausstattung, ohne Schicki-Micki. Eine rundliche Frau, ganz sicher Italienerin, kam an den Tisch und reichte uns nach einem fröhlichen „Buona sera !“ die Karten.
Sie schaute mich eindringlich an und ich zuckte ein klein wenig zusammen. War mir mein Elend schon binnen Sekunden anzusehen ? Mein Zucken hatte sie wohl ebenfalls gleich bemerkt, denn sie zwinkerte mir fröhlich zu.
„Sie können Ihre Base-Caps ablegen, ich denke nicht, dass heute Abend noch jemand hier auftaucht, die sind alle beim Football.“
Verwundert schauten wir sie an, doch sie lächelte nur viel sagend.
„Seien sie unbesorgt ! Das ganze Nest hockt in unserem kleinen Stadion, die Mannschaft kämpft um den Aufstieg in die nächste Liga.“
„Danke,“ erwiderte Jon und lächelte sie freundlich an.
Sie ließ uns allein, damit wir unser Essen aussuchen konnten.
Jon las die Karte aufmerksam, ich dagegen öffnete sie nicht, sondern zündete mir eine Zigarette an. Nach einer Weile sah er mich fragend an.
„Du hast schon ausgesucht ?“
„Ja, ich nehm das, was ich sonst auch immer nehme. Funghi mit Pepperoni.“
„Sonst nichts ?“
„Nein.“
„Ganz einfach also ? Ohne Schnick Schnack ?“
Dieses „Schnick Schnack“ sagte er auf Deutsch.
Wider Willen musste ich lachen, ob des Unbeholfenen, das in den gebrochen ausgesprochenen Worten lag.
Und da war es wieder ! Dieses sonnige, warme Lächeln, das ich an ihm so sehr liebte. Er machte es mir mit der Versöhnung leicht. Leichter, als mir lieb war….
Wir bestellten unser Essen.
Als sie nach den Getränken fragte, meinte Jon nur:
„Rot oder Weiß ?“
„Rot. Einen Landwein, und etwas Wasser, bitte.“
Er lehnte sich zurück und ließ seinen Blick auf mir ruhen.
„Ich glaube, ich weiß immer noch nicht sehr viel von Dir !“
Seine leise Stimme ließ mich ihn erstaunt ansehen.
„So geht es mir mit Dir auch manchmal.“
Er schwieg.
„Ich dachte nicht, dass Du so reagieren würdest,“ brachte ich schließlich mühsam hervor.
„Auf was ?“
„Auf mein Mitbringsel ?“
„Es war einfach…. ungewöhnlich….seltsam….“
Ich versuchte, in seinem Gesicht zu lesen. Lange Sekunden verstrichen, ohne dass ich darauf antwortete. Doch schließlich nahm ich meinen Mut zusammen.
„Eine Amerikanerin hätte das nicht getan…. Aber, Jon, das bin Ich. Vieles hier kommt mir künstlich vor, vor allem beim Essen. Das meiste habt Ihr hier schon fertig vorbereitet, oft weiß man nicht, was wirklich in der Butter ist, im Brot oder in den Getränken. Zuhause konnte ich auf regionale Produkte zurück greifen, wusste, woher mein Fleisch kommt. Deswegen versuche ich auch, so oft wie möglich selbst zu kochen. Und deswegen möchte ich auch an den Traditionen, die ich gewohnt bin, festhalten.“
Er nickte verständnisvoll und wollte ansetzen, um etwas darauf zu sagen, doch ich bedeutete ihm mit der Hand, dass ich noch nicht fertig war.
„Ich liebe Hefeweizen, genauso wie meine Jungs das tun. Ich wollte ihnen eine Freude machen und mir einen kleinen Vorrat anlegen, weil ich nicht wusste, ob ich das hier bekomme. Und Eures schmeckt nun wirklich nicht, das musst Du doch zugeben. Außerdem weiß ich, dass Ihr das auch sehr gerne trinkt, wenn Ihr bei uns unterwegs seid.“
Er nahm meine Hände, hielt sie sanft fest und als er darauf etwas sagen wollte, spürte ich einen leichten Druck.
„Das stimmt schon…. aber…..“
„Es tut mir leid, wenn Du deswegen um Richie Angst hast, aber Du kannst doch nicht allen Ernstes behaupten, dass ich ihn damit gefährde ?“
„Nein, natürlich nicht. Aber die Ereignisse der letzten Tage… da habe ich mir halt so meine Gedanken gemacht. Ich kann mich nur entschuldigen, für mein Verhalten, dass ich das auf Dich abgewälzt habe, doch ich kam mir so hilflos vor, so ohnmächtig. Richie und ich…. wir sind mehr als nur Freunde… wir sind schon so lange zusammen, haben so viel erlebt…. und es tut mir so weh, wenn ich ihn so sehen muss und nichts dagegen tun kann. Jedes verdammte Mal verspricht er mir, dass er es lässt, dass er es im Griff hat, dass es bei diesem „einen“ Mal bleiben würde und dann passiert es wieder.“
Die Sorge um seinen besten Freund stand ihm ins Gesicht geschrieben. Immer noch hielt er meine Hände in den seinen und sah mit starrem Blick darauf.
„Jon, wir werden uns die nächsten Tage gemeinsam überlegen, wie wir ihm helfen können. Und gemeinsam werden wir ihn davon überzeugen, dass er etwas tun muss. Wir beide werden das schaffen, ich bin mir ganz sicher.“
„Meinst Du ? Hilfst Du mir ?“
Sein hoffendes Gesicht brachte mich zum Lächeln.
„Natürlich ! Ich bin keine von den Frauen, die nur bei schönem Wetter da sind !“
Er lächelte zögerlich, aber er lächelte.
„Das weiß ich.“
Die Wirtin kam mit dem Essen.
„Es tut mir leid, dass es etwas gedauert hat, aber wir machen die Pizzen immer frisch, alles ist hausgemacht und da sie aus dem Holzofen kommen, braucht das halt seine Zeit. Guten Appetit !“
„Danke ! Das macht nichts, dafür sehen sie sehr lecker aus !“ lächelte ich sie an.
Sie verschwand ebenso leise, wie sie gekommen war.
„Künstlich also ?“ fragte Jon und die Ironie war nicht zu überhören.
„Ja, es gibt auch Ausnahmen !“ grinste ich zurück.
Es schmeckte wirklich ausgezeichnet und so langsam spürte ich, wie der ganze Ärger von mir wich. Als wir aufgegessen hatten, war ich um einiges ruhiger, gelassener. Er merkte es, denn er fragte:
„Ist es okay, wenn wir dann wieder nach Hause fahren ?“
„Ja.“
Schweigend fuhren wir durch die Nacht zurück. Als wir in der Halle standen, zog er mich mit sich hinaus auf die Terrasse, nahm eine der Decken, die auf den Liegen lagen. Ich wusste, wohin er wollte. Zu unserem Mäuerchen.
Er setzte sich hinter mich und schlang die Decke um uns, so dass wir es warm hatten. Still und ruhig lag das Tal unter uns. Das Lichtermeer der Siedlungen erlosch langsam und wir konnten sogar das Schimmern des Mondes auf dem Meer sehen. In dieser Nacht war Vollmond. Lange saßen wir dort, aneinander gekuschelt und genossen den Frieden, der sich über uns legte. Keiner von uns beiden würde die Magie des Augenblicks zerstören.
„Wir müssen Richie helfen,“ flüsterte ich.
„Ja, das müssen wir.“
„Aber wie ?“ fragte ich und die Hilflosigkeit in meiner Stimme ließ ihn aufhorchen.
„Du machst dir große Sorgen um ihn, stimmt`s ?“
„Ja, Du etwa nicht ?“
„Doch, Sandy. Aber das geht schon so lange, dass ich einfach keine Chance mehr sehe, etwas zu tun. Ich habe schon so viel probiert, bei allem hat er nur blockiert und es als lächerlich abgetan. Das Schlimme ist, er säuft nur, wenn er zuhause ist. Wenn er auf Tour ist oder seinen anderweitigen Verpflichtungen nachgeht, hat er sich im Griff. Du hast es ja selbst mitbekommen, er trinkt dann nicht mehr, als andere auch. Eben ein, zwei Bier, in geselliger Runde.“
„Warum meinst Du, ist es jetzt passiert ?“
„Ich habe keine Ahnung, was ihn momentan umtreibt. Außer, dass er keine Beziehung hat, dass er deswegen unglücklich ist.“
„Und dann sieht er noch uns beide jeden Tag, direkt nebenan….“
„Hmmm….“
Wieder versanken wir in unsere Gedanken. Er legte seinen Kopf auf meine Schulter, kuschelte sich dicht an mich und hielt meine Hände in den seinen. Dann und wann hauchte er einen Kuss auf meine Haare. Ich lauschte seinem leisen Atem und sog die Stille tief in mich ein.
„Süße ?“ flüsterte er nach einer endlosen Zeit.
„Hmmm….?“
„Sag, ist zwischen uns wieder alles okay ?“
Ich wandte leicht den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können.
„Was meinst denn Du ?“ fragte ich zurück.
Er lächelte unsicher.
„Jetzt sag schon….“
Sein bittender, jungenhafter Blick ließ mich in meinen Grundfesten erbeben. Mit einem leichten Nicken bejahte ich seine Frage. Der Kuss, der folgte, ließ mich alles Geschehene vergessen. Ich spürte seine Lippen sanft auf den meinen, zart und sachte, leicht wie eine Feder. Dann spürte ich seine Zunge, die mit meiner spielte. Warm und weich entführte sie mich in die Welt, in der außer uns beiden niemand Zugang hatte. Er hielt mich fest in seinen Armen und ich meinte, jeden einzelnen Muskel von ihm spüren zu können. Sein klopfendes Herz, sein Atem, der über meine nackte Haut strich….Bestimmt würden wir heute noch dort sitzen, hätte uns nicht eine dunkle Macht einen Strich durch die Rechnung gemacht….
6 Kommentare:
Schön das zwische den beiden jetzt alles wieder okay ist :D
so gefällt mir das
aber was ist jetzt mit Rich? Ich bin ein totaler Richie-Fan und will jetzt wissen wie es mit ihm weitergeht!
Also büüüüüüüüüüüüte Missi...schreib schnell weiter!!
*dräääääääääääääängeeeeeeeeeeeeeeel*
glg
Yasi
Gott sei dank...schreib schnell weiter, Missi....bitte, bitte, bitte....
Ja, ja, ja, es geht weiter!!!!!! Schön!!!!!!!
Toll das die beiden sich wieder vertragen haben!!!
So und nun müsst ihr Richie helfen!!!!
Missi, super das es hier weitergeht!!!!
GLG und viel Knuddels!!!
Waldhexe
Supi,ne Fortsetzung !!!:-)
Und was für ne Gute !!!Prima, dass die zwei sich wieder vertragen !
Aber Richie, was wird mit ihm? Hoffentlich können sie ihm helfen, sonst schick ihn zu mir :-D
Schreib schnell weiter, bitte !!!!
LG
Kati
Du hast es sooo liebevoll beschrieben...hach, Missi...mach schnell weiter...ich mag deine geschichte soo gerne
Melde mich auch wieder zurück.... Wie schön das es hier weitergeht... und wir mußte garnet so sehr dräääääääängeln.....*grins*.... Bei Jon und Sandy scheint ja dann mal alles wieder in Butter.... wie du nur wieder diesen Kuss auf der Mauer beschrieben hast.... wann hat Mann mich zuletzt so geküsst???? *amkopfkratzundangestrengtüberleg*
Auf jeden Fall stimme ich ebenfalls für einen Szenenwechsel zu Richie.... was treibt der arme Kerl wohl gerade????
Auf eine Fortsetztung muß ich hoffentlich nicht ewig warten..... *fg*
Knuddels Sam
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